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Debatte US-Vorwahlen und TrumpRitter der Saalschlachten

Kommentar von Anjana Shrivastava

Das Verhältnis zwischen Donald Trump und den Republikanern ist gespalten. Das lässt Erinnerungen an die Weimarer Republik wachwerden.

Nicht gerade um Versöhnung bemüht: Trump bei einer Veranstaltung auf Long Island, New York Foto: dpa

D en Kandidaten Donald Trump umweht stets eine Ahnung von zukünftigen Saalschlachten. Eine erste Saalschlacht im Juli bei der republikanischen Nationalkonferenz ist bereits vorprogrammiert, weil Trumps Nominierung gegen konservativen Widerstand erst erkämpft werden muss. Und für diesen Fall hat Trump das heftige Auflehnen seiner Anhängerschaft schon vor Monaten in Aussicht gestellt: Schließlich muss Amerika „wieder groß werden“, und das verlangt nach konsequenten Maßnahmen.

Andere Konflikte undurchsichtiger Natur werden in einem New Yorker Gerichtssaal bald Thema eines Staatsrichters, weil linke Demonstranten Trumps Sicherheitsschergen wegen grober Gewalt und heimtückischer Verfolgung angeklagt haben; in Wisconsin liegen ähnliche Fälle vor. Drangsalierung wurde einst auch dem Sicherheitspersonal des George W. Bush von Anti-Irakkriegs-Demonstranten vorgeworfen. Aber Bush verfügte damals über die Staatsgewalt, während Trump, der in seinem Leben noch nie ein öffentliches Amt bekleidet hat, lediglich als Privatperson über eine Hilfspolizei verfügt.

Die gelebte Demokratie in Amerika trägt bedenkliche Züge des Straßenkampfs. Diese ungute Atmosphäre wird ein Teil des Vermächtnisses von Donald Trump, egal was aus seiner Kandidatur am Ende wird.

Es ist aber auf jeden Fall wichtig, wie die Republikanische Partei zu diesem und anderen Vermächtnissen von Donald Trump in der Zukunft stehen wird. Und dies hängt gar nicht davon ab, ob Trump Präsident wird. Denn im Gegensatz zur äußeren Anmutung ist das Hauptgeschäft der modernen Republikanischen Partei keineswegs die Wahl des republikanischen Kandidaten ins Weiße Haus. Das Hauptgeschäft, das zuverlässig erfolgreiche Geschäft der modernen Republikaner ist es, gewählte demokratischen Präsidenten mürbe zu machen und in ihrem Tun zu blockieren.

Blockade als Hauptgeschäft

Seit Jahren führt die Republikanische Partei einen Krieg gegen Washington und die immer häufigeren demokratischen Präsidenten dort: Carter, Clinton, Obama. Diese Strategie war lange Jahre sehr erfolgreich; sie hat im Jahr 1994 funktioniert, als Newt Gingrich zu einem neuen konservativen Vertrag mit Amerika aufgerufen hat, und sie hat im Jahr 2010 funktioniert, als die Republikaner zum Krieg gegen Obamacare getrommelt haben. Zu dieser erfolgreichen Blockadestrategie gegen Washington gehört der tölpelhafte Auftritt von Donald Trump allemal, er ist sogar genial.

Verfügt Trump über das notwendige Minimum an Selbstkontrolle, um Präsident zu werden? Das wäre eine Voraussetzung für seine Nominierung. Aber genauso entscheidend ist eine andere Frage: Hat die Republikanische Partei auch ein Minimum an Kontrolle über sich selbst – oder ist sie genauso außer Rand und Band wie ihr umstrittenster Kandidat? Partei und Populist überbieten sich gegenseitig mit Anschuldigungen und versuchen doch gleichzeitig, von einander so heftig wie möglich zu profitieren.

Der Irakkrieg und die Bankenkrise – Trump strickt daraus eine Art Dolchstoßlegende

Ein Hauch von Weimar

Am derzeitigen Zustand der Republikaner lässt sich studieren, wie es aussieht, wenn eine Machtelite sich selbst verleugnet, um weiterhin die Macht zu behalten. Und das sollte uns allen Angst machen, erinnert es, wie die angekündigten Saalschlachten, doch sehr an die labile Weimarer Republik. Diese neue Entwicklung ist nicht nur beängstigend, sie bedeutet auch eine bewusste Abkehr von der Integrationsleistung der Republikaner.

Seit Ronald Reagan hat die Partei durchaus widerstrebende Elemente zusammengebracht und politisch versöhnt: die Interessen des Großkapitals mit der Unzufriedenheit des kleinen weißen Mannes. Bis heute behaupten sich die Republikaner im Kongress als Bastion; sie haben eine große Stärke in den bevölkerungsarmen ländlichen Gebieten, während viele demokratische Stimmen in den Großstädten verloren gehen. So wollte es das amerikanische System von Anfang an.

Aber der verlorene Irakkrieg und die Probleme nach der Bankenkrise sind zu groß, als dass das traditionelle republikanische Bauchpinseln der weißen Kleinbürger noch genügen würde. Sich aus dieser Krise zu befreien, verlangt nach kühneren Maßnahmen, als sie ein gescheiterter Kandidat wie Mitt Romney wagte.

Donald Trump aber bemüht sich nicht um neue Wege zur Versöhnung, im Gegenteil: Er spitzt nun alles zu. Zusätzlich zum internen Krieg der Republikaner führt er auch noch einen ideologischen Krieg gegen die ganze Welt, respektive gegen die von Amerika selbst gesteuerte Weltordnung des Freihandels und der Nato. George Bush kämpfte gegen den Terrorismus, der sich gegen die amerikanische Weltordnung richtet. Für Donald Trump aber trägt die ganze Welt, von Deutschland bis Tokio, die hässlichen Züge des Terrorismus.

Bauchpinseln hilft nicht mehr

Indem Donald Trump als erster amerikanischer Politiker überhaupt den Niedergang der amerikanischen Weltmacht und den Niedergang der weißen Arbeiterklasse in Junktim beklagt, hat er nicht nur den strategischen republikanischen Auftrag der Fundamentalopposition erfüllt, sondern auch eine Generalanklage gegen die gesamte amerikanische Machtelite formuliert. Trump gehört zwar selbst zu dieser Elite, aber um sie zu bezwingen, muss er sich natürlich von ihr absetzen.

Wenn der Irakkrieg und die Bankenkrise für das traditionelle amerikanische Herrschaftssystem eine gravierende Wirkung hatten, fast so gravierend wie der Erste Weltkrieg einst für Preußen, dann hat Trump bereits so etwas wie das Äquivalent einer Dolchstoßlegende oder einer Klage gegen den Vertrag von Versailles etabliert. Amerika habe die eigenen Interessen verworfen, sagt Trump den Entrechteten, und die Welt sei gegen den einfachen Amerikaner.

Nun ist die Frage, wer in dieser Erzählung wem nutzt. Nutzen die Republikaner Donald Trump, oder nutzt er mit seiner Legende der Partei, um in den nächsten Jahren unter einem demokratischen Präsidenten umso effektiver Washington und die Weltordnung zu bekämpfen? Wie auch immer: Es wäre besser für ganz Amerika, wenn es bei einer Saalschlacht bliebe.

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1 Kommentar

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  • Viel Lärm um nichts und vor allem sollte man einen wesentlichen Aspekt seines scheinbaren Erfolges nicht übersehen und das ist der Aufstand gegen das Parteiestablishment und die politische Nomenklatur in den USA. Das fing bereits mit der Tea Party Bewegung an und setzt sich nun auf beiden Seiten des politischen Spektrums mit Trump und Sanders fort. Dass Trump wirklich Präsident werden könnte ist wohl ziemlich unwahrscheinlich, würde es es dennoch halte ich die ganze Aufregung für reichlich übertrieben. Er ist ein mehr oder weniger erfolgreicher Businessmann, etwas schrill und exzentrisch um nicht zu sagen egomanisch aber sicher keine grössere Katastrophe als Bush und sei kriminelles Umfeld. Viel interessanter ist doch die Frage woher sei Erfolg kommt und welche Veränderung bei den US-Bürgern sich da im Aufstand gegen das Establishment vollzieht. Das kann populistisch bis reaktionär sein aber eben auch progressiv. Und mein Eindruck ist eher, dass da derzeit wenig unterschieden wird. deshalb scheint dem einen Teil der Wähler ein bekennender Sozialist als gegen das Establishment wählbar und dem anderen Teil ein schriller Alleinunterhalter. Interessant ist, dass es im Falle eines Wahlkampfes zwischen Clinton und Trump eine unliebsame Überraschung gegen könnte, wenn nämlich ein Teil der Sanders-Anhänger lieber Trump wählt als die voll im Establishment verankerte Clinton. Das wird dann auch spannend, wenn die Demokraten ihren Kandidaten nominieren, denn Sanders Chancen gegen Trump zu gewinnen sind wohl allemal grösser als die Clintons.