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Debatte Schavan-RücktrittIn Schweden geht es strikter zu

Kommentar von Malin Zillinger

Die Fälle Schavan und Guttenberg zeigen, was in den deutschen Geisteswissenschaften falsch läuft: Plagiate werden leicht gemacht.

Wie zu erwarten: Schavan wird zum Motiv beim Rosenmontagszug – etwa ausgerechnet in Düsseldorf. Bild: dpa

M it Annette Schavan ist nun das zweite Kabinettsmitglied der Bundesregierung wegen Abschreiben in der eigenen Doktorarbeit zurückgetreten. Offenbar besteht das Problem aus weitaus mehr als individuellem Fehlverhalten: Etwas ist faul im Wissenschaftsstandort Deutschland.

Wie sieht die Situation von Doktoranden an deutschen Universitäten aus? Ihre fachliche Betreuung lässt allzu oft zu wünschen übrig. Viele Doktoranden sprechen mit ihrem Betreuer bis zur Abgabe ihrer Arbeit kaum oder gar nicht. Schlimmer noch: In manchen Fällen würde dies fachlich auch nur wenig bringen. Der Betreuer ist nicht notwendigerweise auch ein Experte des jeweiligen Themas.

Ein gegenseitiges Interesse an dem gewählten Doktorandenthema ist aber für die Qualität einer Dissertation entscheidend. Es liefert die Grundlage für eine kontinuierliche Diskussion, in der die Betreuer den Text ihrer Doktoranden wachsen sehen.

Bild: privat
Malin Zillinger

studierte in Münster Geografie und zog 2002 nach Schweden. 2007 promovierte sie an der Universität in Umeå zu Mobilität im Tourismus. Seit 2010 forscht und lehrt sie an der Universität im südschwedischen Lund.

Und es führt sowohl zu weniger Plagiatsfällen (denn wer konsequent um- und neuschreibt, streicht oder den Blickwinkel ändert, kann nur schwer im großen Stil schummeln) als auch zur Verbesserung der wissenschaftlichen Qualität.

Das Handwerkszeug fehlt

Das Schreiben einer Doktorarbeit setzt viele Fähigkeiten voraus: Neben Neugier und einer großen Portion Motivation und Ausdauer muss der Promovend sowohl thematisch etwas aufweisen können als auch methodisch angelernt sein. Aber selbst bei der Fähigkeit zu wissenschaftlichem Arbeiten sehen die Voraussetzungen äußerst unterschiedlich aus.

Nicht jeder hat sich im Grund- und Hauptstudium das methodische Handwerkzeug aneignen können, das nun vorausgesetzt wird. Nur selten gibt es dazu Seminare. Selbst wenn vorher im Rahmen des Studiums Hausarbeiten und Abschlussarbeiten geschrieben worden sind, ist es nicht sicher, dass jeder Promovend weiß, in welchem Zusammenhang welche Methodik angewendet werden kann. Kenntnisse über Wissenschaftstheorie und -ethik können nicht immer vorausgesetzt werden.

Letztlich fehlt offenbar manchmal auch das Wissen darüber, wie man sich auf frühere Forschungsarbeiten beziehen kann, ohne diese zu plagiieren. Das alles ist aber für das wissenschaftliche Arbeiten von grundlegender Bedeutung.

Promovenden an deutschen Universitäten werden von Doktorvätern (und -müttern) betreut, die nach Abschluss der Arbeit zusammen mit einem Gutachter die Note festsetzen. Warum bleibt eine öffentliche Diskussion über eine mögliche Befangenheit aus?

Der Betreuer benotet ja sozusagen auch seine eigene Arbeit: Nach Jahren der Betreuung wäre das Durchfallen des Doktoranden zugleich ein Misserfolg für den Professor. Wir können die Situation in einem Gedankenspiel auf die demokratische Gewaltenteilung übertragen. Man stelle sich vor, die Exekutive wäre gleichzeitig auch die Judikative, der Polizist gleichzeitig der Richter. Vorstellbar? Kaum. Für Doktoranden aber die Realität.

Kaum Statuspromotionen

Im europäischen Ausland sehen die Bedingungen der Doktoranden anders aus. Hier in Schweden ist die Doktorandenzeit sehr viel strikter aufgezogen. Die Promovenden durchlaufen eine sogenannte Forscherausbildung, die sowohl das Schreiben der eigentlichen Dissertation als auch das Teilnehmen an zahlreichen Doktoranden-Seminaren beinhaltet. Währenddessen sind sie zu 100 Prozent an der Universität angestellt, was auch bedeutet, dass sie sozial abgesichert sind, sollten sie zum Beispiel ernsthaft krank oder auch Eltern werden.

Der Begriff Forscherausbildung deutet auf einen wichtigen Unterschied zu Deutschland hin. Viele Doktoranden gehen nach der Promotion tatsächlich in die Forschung und Lehre; Statuspromotionen sind im eher egalitären Schweden nicht weit verbreitet. Weil deshalb die Zahl der Promotionen geringer ist, erleichtert dies natürlich eine intensive Betreuung.

Natürlich ist auch in Schweden nicht alles Gold. Natürlich gibt es auch hier Doktoranden, die frühzeitig ihr Projekt abbrechen, die unzufrieden und frustriert sind. Aber grundsätzlich arbeiten sie innerhalb einer Universitätsstruktur, die es ihnen erlaubt, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren (und nicht nebenbei, neben der Unterstützung des Professors im Rahmen einer Qualifikationsstelle), das notwendige Handwerkszeug zu erlernen und kontinuierlich betreut zu werden. Nicht umsonst wird die wissenschaftliche Arbeit der angehenden Forscher ernst genommen.

Betrug schwer gemacht

Jeder Doktorand hat zwei bis drei Betreuer, die auf fachlicher Basis ausgewählt werden. Es gibt regelmäßige Diskussionen, die dazu führen, dass die Betreuer nach und nach die Doktorarbeit entstehen sehen. Das erhöht meist nicht nur die Qualität der Arbeit, sondern macht auch eventuelles Schummeln schwerer. Zudem hat jeder Doktorand die Möglichkeit, wenn auch im begrenzten Umfang, seine Ideen und Resultate auf Konferenzen mit anderen Wissenschaftlern auszutauschen – eine wichtige Fähigkeit in Zeiten des globalen Netzwerkens.

Nach Fertigstellen der Arbeit wird das gesamte Projekt in einer öffentlichen Disputation diskutiert. In Deutschland nimmt der Doktorand teilweise an einem Rigorosum teil, in dem der Doktorvater fachliche Fragen stellt. In der schwedischen Version der öffentlichen Diskussion ist der „Prüfer“ ein habilitierter Wissenschaftler, der zu ähnlichen Fragen geforscht hat wie der Doktorand. Die Note wird von einem externen Gremium festgesetzt, das aus drei habilitierten Doktoren besteht. Die Betreuer des Doktoranden haben auf den Ausgang der Promotion keinen Einfluss.

Und in Deutschland? Nach dem Rücktritt zweier Minister und der Aberkennung ihrer Doktortitel stellt sich mir die Frage: Wie viel ist ein Doktortitel in Deutschland noch wert? Hat die Wissenschaft an sich Prestige verloren? Ich hoffe, nicht. Und weil in jeder Krise auch eine Chance steckt, fordere ich die deutschen Universitäten mitsamt dem Hochschulverband und dem Bildungsministerium auf, die Situation der Doktoranden zu diskutieren – und zu verbessern. Für die Doktoranden und für das Ansehen der deutschen Hochschulen.

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17 Kommentare

 / 
  • J
    jóia

    ihr kollege ist glücklicherweise einen schritt weiter:

     

    http://www.taz.de/Schlagloch-Akademischer-Betrieb/!110869/

     

    die diskussion macht keinen sinn.

    die wissenschaft nimmt sich längst genauso überernst wie politik und ökonomie und zuvor die letzten anderthalb jahrtausende die religion.

    ich gönne ihnen ihren idealismus diesbezüglich. sie sind jung.

    aber wir brauchen - wenn überhaupt, nein eigentlich nicht - eine weniger ernste, offenere wissenschaft, sofern wir menschlich bleiben wollen und ihr beitrag verheißt dazu rein gar nichts.

     

    Die nachfolgenden Geschlechter,

    die dem Studium der Wissenschaft

    nicht mehr so ergeben waren,

    waren der Ansicht,

    dass diese überflüssig sei,

    und überließen sie,

    nicht ohne Verstoß gegen die Pietät,

    den Unbilden der Sonne und der Winter.

    In den Wüsten des Westens haben sich

    bis heute zerstückelte Ruinen des Wissens erhalten,

    von Tieren behaust und von Bettlern;

    im ganzen Land gibt es sonst keinen

    Überrest der Lehrwissenschaften.

     

    vorsicht! plagiat!

     

    ;-)

  • H
    Hanseat

    @Schroedingers

    97 Seiten Betrug und Klauen fremden Eigentums verdient natürlich unsere Solidarität? Mag sein, dass Schavan zu den intelligenten Dieben fremden geistigen Eigentums gezählt werden könnte, aber besser ist sie dadurch m.M. nicht.

     

    ->Betrug ist Betrug. Bei der CDU immerhin reicht es, um aussichtsreich für den Bundestag zu kandidieren.

  • S
    Schroedingers

    Anscheinend wird aber auch in Schweden nicht gelernt, wie man korrekt berichtet.

     

    Die Faelle Guttenberg und Schavan in einen Topf zu werfen ist wie der altbekannte Vergleich zwischen Aepfeln und Birnen: Guttenberg hat mutwillig betrogen, Schavan hat einige laecherliche Zitierfehler gemacht. Ich frage mich manchmal, ob Journalisten, die darueber schreiben, ueberhaupt einmal besagte Fehler mit eigenen Augen gesehen haben.

     

    Nein, ich bin kein Fan von der Politik von Schavan: der akademische Mittelstand blutet weiter aus und nach 12 Jahren Uni-Karriere hat man ohne unbesfristete Stelle gleichsam Berufsverbot in Deutschland und darf ins Ausland fluechten. Das ist unsagbar daemlich fuer den Wissenschaftsstandort D.

    DAS sind Themen, ueber die mal in aller Ausfuehrlichkeit berichtet werden sollte, weil absolut kein Schwein ausserhalb des Wissenschaftsbetriebes davon weiss!

     

     

    Dennoch wehre ich mich gegen eine solche, bar aller Fakten gefuehrter Hexenjagd.

  • A
    alduan

    Mich überzeugt Malin Zillinger nicht!

    Denn nicht alle Leute promovieren, um

    lediglich einen Titel vorweisen zu können,

    ein höheres Sozialprestige und ein

    höheres Einkommen einfordern zu können.

     

    Viele promovieren, um endlich einmal im Leben

    selbstständig sich an selbst ausgesuchten

    Themen verwirklichen zu können und genießen

    es nicht am Gängelband anderer Leute

    dranzuhängen.

    Leider muss man erst promovieren, um wirklich

    vorausgesetzt die Forschungsmittel werden bereitgestellt, sich mit seinen Ideen entfalten

    zu können.

    Der innovative Forschungsprozess wird durch

    ein vorzeitiges Teilen mit anderen Wirtschaftskonkurrenten als "Doktorväter und -mütter"

    bezeichnet verunmöglicht!

    Die Möglichkeit eigene erfolgreiche Spin-offs

    zu gründen durch Ideenraub dramatisch erschwert!

    Woanders bekommt man leider aber auch nicht

    die materiellen Finanz-und Produktionsvoraussetzungen.

    Mehr Freiheit bedeutet auch mehr Chance zum

    Machtmißbrauch! Aber auch mehr Gelegenheit

    zur Enttarnung der unredlichen Leute!

    Aber die Freiheit ziehe ich trotz allem vor.

  • D
    Dhimitry

    Einige Anmerkungen zum Text:

     

    1. Der Text enthält einen logischen Fehler. Es wird behauptet, Professoren würden zu wenig betreuen, hinterher aber ihre eigene Arbeit bewerten. Entweder ist das eine richtig, oder das andere. Das Problem ist wohl die Tendenz zur verfälschenden Pauschalisierung in diesem Text.

     

    2. Es gibt etwas ähnliches wie das schwedische Model auch in Deutschland. An Graduiertenschulen müssen die Doktoranden Kurse besuchen und beziehen ein Einkommen. Die Frage ist, wollen wir nun auch noch alle Doktoranden und Doktorandinnen in ein schulähnliches Kurssystem zwingen?

     

    3. Es gibt in Deutschland also ein Nebeneinander verschiedener Promotionsmodelle. Die Individualpromotion bietet viel Freiheit, aber wenig Sicherheit. Die Graduiertenschulen funktionieren eher umgekehrt. Es liegt daher ein gewisses Maß an Eigenverantwortung darin, das richtige Modell für die eigene Promotion zu finden.

     

    4. Studierende suchen sich in der Regel die Professorin oder den Professor aus, bei der oder dem sie promovieren wollen. Es sollte sich daher vorher darüber informiert werden, welche Qualität die Betreuung hat. Es gibt darüber hinaus immer die Möglichkeit die offiziellen Sprechstunden zu besuchen. Jede/r HochschullehrerIn ist verpflichtet solche anzubieten.

  • I
    interessant

    Interessanter Artikel, der schön die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem schwedischen System aufzeigt. Da ich selber Teile meiner Promotionszeit an deutschen und an schwedischen Instituten absolviere, kann ich einige Passagen sehr gut nachvollziehen. 50%-Verträge die hier als gut (Geisteswissenschaften) oder normal (Naturwissenschaften) bezahlt gelten, werden in Schweden als "bad contract" angesehen. Besonders gut am schwedischen System fand ich auch, die Möglichkeit nach zwei Jahren aus der " Forscherausbildung" mit Abschluss ("licentiate") auszusteigen, wenn man merkt, dass die Forschung doch nichts für einen ist. Daduch wird, anders als in Deutschland auch vermieden, dass am Ende der Promotion jede noch so schlechte Doktorarbeit, wie im Artikel schon angedeutet, durchgewunken wird.

     

    Das Bild, welches im Artikel vom deutschen Doktorandensystem bezüglich der Betreuung gezeichnet wird, erscheint mir allerdings etwas zu einseitig, möglicherweise geisteswissenschaftlich geprägt zu sein. In meinem Umfeld ist es jedenfalls eher so, dass mindestens einmal in der Woche mit dem Betreuer diskutiert werden kann/muss. In vielen Arbeitsgruppen ist das wöchentliche Meeting obligatorisch und in den Graduiertenkollegs z.T. auch zwanghaft verschult. Man kann auch in diesem System vernünftige Vorrausetzungen für Doktorarbeiten in schaffen. Dazu muss der Betreuer-/in allerdings realitisch einschätzen können, wieviele zeitliche Kapazitäten er/sie für Doktoranden übrig hat. Und da hapert es meiner Meinung nach eher, wenn ich Profs sehe, die meinen sie könnten 10 Doktoranden gleichzeitig betreuen.

  • C
    Cometh

    Guter Artikel. Man sieht: Man kann fast immer vom Ausland lernen.

     

    Bei uns läuft mehreres schief, wobei auch die Betreuung nicht Betrügerreien sicherstellt. Guttenberg wurde z. B. von Häberle betreut und präsentierte sich in den Seminaren / Vorträgen zur Vorbereitung überzeugend.

     

    Das Problem ist eher, dass die Plagiate beim Lesen nicht sofort entdeckt werden, weil die Professoren zwar gerne die Betreuungsleistung angeben, aber noch lieber Tennis spielen. Das kriegen wir nur bei einem Mehraugenprinzip in den Griff, z. B. indem alle Dissertationen von einem Zweierkolleg betreut werden müssen, die idealerweise aus unterschiedlichen Unis kommen.

     

    Dann noch die Bewertung durch ein unabhängiges Gremium der Uni, Doktorandenseminare und das Problem ist weitgehend gelöst. Man sollte auch bestimmen, dass der Titel erst 1 Jahr nach Veröffentlichung geführt werden darf, wenn eine Plagiatsprüfung durchgeführt wurde und niemand aus der Fachwelt protestiert hat.

     

    Leider will das von den Professoren allenfalls eine kleine Minderheit, denn die leben gut mit dem jetzigen System ....

  • IN
    Ihr Na

    ich promoviere selbst gerade in Kanada, und das dortige system is ähnlich dem schwedischen. Allerdings würde ich sagen, dass plagiatsstellen wie bei Schavan (ich denke, man sollte deren Fehler deutlich anders bewerten als die von Gutenberg!) auch dort vorkommen, denn niemand hat die zeit, 200+ zitate zu überprüfen. vielmehr geht es darum, zu überprüfen ob wiss. methode und argument stimmig und koherent sind, - und vor allem, ein eigenes argument zu entwickeln. das fehlt mir in der aktuellen "debatte", die ja mehr ein draufhauen ist, als analyse dessen, was wissenschaft will od. soll. denn darum sollte es meines erachtens gehen. im falle von schavan habe ich mir einige stellen bei schavanplag angesehen, und diese waren nicht skandalös, und bei der begründung warum das ein plagiat sei, fand ich handelte es sich meist um naseweise erklärungen, die auch anders lauten könnten. ich habe mir allerdings nur 5 stellen von den 86 angesehen. nach dem standard möchte ich aber sagen, wäre philisophiegeschichte nicht möglich gewesen, - und sind die meisten mir bekannten werke von namhaften autoren plagiate....

  • A
    Arne

    Danke!

    Nach vielem Blabla endlich mal ein fachlicher Artikel zu dem Thema, aus dem auch deutlich wird, dass sich Schavan in ihrer Amtszeit nicht um die Dinge gekümmert hat, die wirklich wichtig wären, um deutsche Universitäten an den Standard von Universitäten anderer, wissenschaftlich besser aufgestellten Staaten heranzuführen.

  • H
    Humanitas

    Im Idealfall war und ist das auch so in D. Aber die Vermassung der Universitäten ohne entsprechend den Personalbestand zu erhöhen, fördert dann eben auch das, was m.E. völlig zu Recht angeprangert wird.

  • G
    großmeister_b

    Das es in Deutschland Probleme bei der Handhabung/Betreuung von Doktorarbeiten gibt, ist sicherlich richtig.

    Dass es Länder gibt, bei denen das strenger gehandhabt wird, glaube ich gerne. Aber in allen? Eher nicht.

     

    Allerdings ist speziell in Deutschland das Hauptproblem mit den Doktortiteln, dass es auf Antrag Namensbestandteil werden kann, ein Umstand, den ich aus keinem anderen Land kenne.

    Das führt dazu, dass eine Doktortitel aus völlig falschen Motiven angestrebt wird. Prestige statt Forscherdrang.

     

    Diese Wurzel des Übels muss eliminiert werden.

    Eine Änderung wäre eigentlich auf politischer Ebene problemlos zu verabschieden.

    Aber wahrscheinlich müssen noch mehr Politikern der Doktortitel aberkannt werden, bis man es in dieser Etage kapiert.

  • J
    jöran

    Guter Beitrag, der deutlich macht, wo qualitative Unterschiede in den Strukturen der Bildungssysteme angelegt sind.

     

    Auf dieser Basis kann man anfangen, Veränderungsziele zu diskutieren.

  • W
    Waage

    Ich denke ebenfalls, wie die Autorin und @Mike, dass der Wurm hauptsächlich in der Betreuung steckt.

     

    Wenn der Doktorvater es nicht schafft den Doktorranten ein motivierendes Feedback auf die eigene Schreibe incl. korrekten und belegtem Diskurs innerhalb der Arbeit zu geben muss er damit rechnen, dass er mit großen Textbausteinen verarscht wird. Spricht sich ja auch schnell rum wer genauer hinsieht und wer nicht

     

    Allerdings, wenn man für sein Thema "brennt" gibt man so einen Scheiß trotzdem nicht ab.

    Man ist dann ja gerade besonders stolz wenn man zu dem eigenen Senf auch noch Belege findet und die geschickt und flüssig einbauen kann: jeh mehr je besser!

     

    Dann fängt Schreiben an Spaß zu machen, dann pfeift man allein schon aus Eitelkeit auf alles was vorformuliert ist, außerhalb der Zitate versteht sich.

     

    Auch denke ich wie Frau Zillinger, wenn eine Arbeit im Diskurs und gegenseitigem Interesse "wächst" und das Thema bzw. die Fragestellung passt und gut besprochen/nachjustiert wurde kann fast gar nichts mehr schiefgehen!

     

    So war es früher wenigstens beim Magister/Staatsexamen - warum sollte das bei der Promotion anders sein?

  • R
    reorient

    "Man stelle sich vor, die Exekutive wäre gleichzeitig auch die Judikative, der Polizist gleichzeitig der Richter. Vorstellbar?" Leider fuer einen Grossteil der Oeffentlichkeit wohl nicht, dabei aber bittere Realitaet. In diesen Problembereich gehoert auch das nahezu voellig fehlende Bewusstsein dafuer, dass auch Doktoranden, insofern sie ja per definitionem eine selbstaendige wissenschaftliche Arbeit liefern sollen, unumschraenkte Forschungsfreiheit zusteht. Wo das notwendige (oeffentliche) Bewusstsein und entprechende Strukturen gegen Machtmissbrauch fehlen, koennen letztendlich der jeweilige akademische Vorgesetzte und mit ihm diverse Interessenverbaende bestimmmen was als wissenschaftliche Wahrheit zu gelten hat, und was als missliebige Forschungsmeinung unterdrueckt wird.Unliebsame Themenbereiche koennen so bequem als no-go-areas markiert,akademische "Streuner", die dieses Gebiet dennoch betreten, sozial gebrandmarkt werden. Auch das ist in anderen Laendern besser geregelt,so gibt es etwa unabhaengige Organisationen, die sich um das Thema Wissenschaftsfreiheit bemuehen, kritische Faelle aufdecken und individuelle Unterstuetzung bieten. In Deutschland haben dagegen nach wie vor Feudalherren mit Doktorhueten und Professorentiteln das sagen und das Be- und Verschweigen der Verlierer dieses Systems ist nahezu perfekt. Ich wuensche mir eine Datenbank der verhinderten Projekte!

  • S
    simona

    Ein unglaublich wichtiger Artikel, der das ganze hiesige Promotionssystem in Frage stellt. Hoffentlich lesen ihn die richtigen Leute und nehmen die Anregungen auf.

  • F
    friedrich

    Oh Mann, haben wir keine Nobelpreisträger? Mößbauer, Wittig usw.usw.

     

    Meine Betreuung ging sogar von München nach Heidelberg. Jeden Samstag 1h vor der Sportschau Diskussion, was in der Woche war und was in der nächsten Woche passieren sollte - und das 4 Jahre!!

     

    Was will man mehr??

     

    http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/520541/Dissertation-Wasserstoffimplantation-in-Eisen-die-Fotoserie

  • M
    Mike

    Malin Zillinger hat recht, in Deutschland wird häufig gar nicht betreut und vielen Professoren ist die Doktorarbeit ihrer 'Schützling' vollständig egal.

    Viele Leute schreiben eine Dissertation für die Mülltonne, weil sie sich selber einfach schlecht einschätzen können und kaum Feed-back oder Unterstützung haben. In manchem Sinne ist das wohl auch gewünscht, denn viele Leute scheitern, ohne das es wirklich notwendig wäre.

     

    Wer hingegen nur einen Titel haben will, der hat es in so einem System ziemlich einfach. Gerade solche Promoventen passen viel besser, als Studtenten, die ehrlicherweise viele Fragen und manchmal auch Zweifel haben.

    Das ist wohl auch ein Teil des Erfolgsgeheimnisses von solchen Menschen wie Annette Schavan oder Theodor zu Guttenberg, die einfach über all die Schwierigkeiten und Probleme hinwegsehen und ein klares Karriereziel vor Augen haben. Annette Schavan hat selbst nach dem sie vollständig als intelligente Trickersin aufgeflogen ist, noch massive Sympathie und absurderweise sogar Solidarität erfahren.

     

    Und von wem?

     

    Von gestandenen Wissenschaftlern, Wissenschaftsfunktionären - das zeigt doch, wie es hier häufig tatsächlich zugeht.