Neue Regeln für Doktorarbeit: Gleiche Standards für alle
Bundesbildungsministerin Wanka will die Promotionsverfahren reformieren. Auch die Standards für die Überprüfung sollen vereinheitlicht werden.
BERLIN dpa | Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) will die Prüfverfahren bei Promotionen vereinheitlichen und damit Konsequenzen aus den Plagiatsaffären prominenter Politiker ziehen. „Ich werde im Wissenschaftsrat vorschlagen, dass dort Standards für die Überprüfung von Doktorarbeiten entwickelt werden“, sagte Wanka der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post.
Dabei lägen Themen wie Gutachter, Dauer der Verfahren oder Verjährung auf dem Tisch, betonte Wanka. Diese Themen sollten „von der Wissenschaft angepackt werden“.
Die Frage nach den Standards hatte im Fall von Wankas Vorgängerin Annette Schavan (CDU) eine Rolle gespielt. Schavan war im Februar als Bundesbildungsministerin zurückgetreten, nachdem ihr die Universität Düsseldorf wegen „vorsätzlicher Täuschung“ den Doktortitel entzogen hatte. Sie will dagegen klagen.
Der Uni wurde damals unter anderem vorgehalten, dass sie keinen Gutachter von außen geholt und eine 30 Jahre alte Doktorarbeit nach heutigen Standards beurteilt habe.
Der SPD-Bildungsexperte Ernst Dieter Rossmann begrüßte Wankas Vorstoß. Handlungsbedarf bestehe schon lange, sagte der bildungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Berliner Zeitung. Dabei sei die Frage der Verjährung sicher die schwierigste – „weil es ja nicht um eine Straftat geht, sondern darum, ob einer einen Titel führen kann, obwohl alle Welt weiß, dass dieser Titel keine Berechtigung hat“.
Es sei aber nicht Sache der Politik, sondern der Wissenschaft, solche Maßstäbe zu entwickeln.
Leser*innenkommentare
friedbert
Gast
Die Standards vor 30 Jahren waren formal
identisch mit den heutigen.
Es ist gut, wenn BetrügerInnen immer mit Enttarnung
rechnen müssen und auch Seilschaften und
gewiefteste Tricks jeglicher Coleur nicht
ewig schützen können.
Frau Prof. Wanka sollte die Grundlagen
in die Integrität der Wissenschaft nicht
mit politischen Mitteln zu sabbotieren suchen.
Sie schadet damit dem Gerechtigkeitsempfinden
der Mehrheit und unterhöhlt die Säulen
wahrheitsorientierten Wissenschaft und
einer leistungsorientierten Wettbewerbskultur.
linda
Gast
Verjährung für erschlichene Doktortitel,
das riecht doch wieder stark nach
Rechtsbeugung des Gesetzgebers für die eigenen
schwarzen Schafe.
Gerade die konsequent aufgedeckten Promotionsbetrügereien zeigen, dass
die Unis eben nicht nach Parteibuch
Scharlatanerie abstrafen.
Nicht die Richter über die akademische
Integrität, in juristischer Person der Unis
und Verwaltungsgerichte, sind das Problem,
sondern die, welche die Plagiate anfertigen
oder in Auftrag geben.
Das System darf nicht geändert werden, weil
es irgendwelchen Eliten nicht passt ihre Verfehlungen
vorgehalten zu bekommen und dafür die Konsequenzen
zu tragen.
Wanka liebt wohl die Herangehensweise
des Herrn Berlusconi und trachtet sie im
Bildungswesen zu übernehmen. Das spricht
nicht für Seriösität!
Sebastian H.
Gast
Bitte nicht vergessen, gleiche Standards über Fachgrenzen hinaus zu etablieren. Und damit die Zahl der jährlichen Dr. meds um 9/10 zu reduzieren. Wenn es irgendwo systematisch Titel gibt, die in der Mehrheit nicht dazu gemacht wurden, akademisch zu arbeiten, sondern um sich einen Titel vor den Namen zu hängen, dann dort.
Ulli Müller
Gast
Ich denke, es wird darauf hinaus laufen, dass ein großer Umschlag, in dem vioel Geld passt, mit der Aufschrift "Dorktorarbeit" reichen wird!
Dann entfällt für manchen Parteifreund das Anstellen eines Ghostwriters oder lästiges Abschreiben.
Ernst Lehmann
Gast
"Es sei aber nicht Sache der Politik, sondern der Wissenschaft, solche Maßstäbe zu entwickeln."
Natürlich ist es Aufgabe der Politik als Gesetzgeber, einheitliche Masstäbe in Form von Gesetzen zu entwickeln.
Ano Nym
Gast
Die Überschrift suggeriert, es gebe eine Art ungerechtfertigter Ungleichbehandlung gleicher Promotionen. Tatsächlich aber ist es aber doch so, dass eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung von ungleichen Promotionen, nämlich selbstgeschriebenen auf der einen und plagiierten auf der anderen Seite, gibt. In der Wissenschaft drückt kein Schuh.
Worum es tatsächlich geht ist die Beseitigung der Gefahr der Entpromovierung und Entamtung für das zumeist im zitierwissenschaftlichen Bereich promovierte Regierungspersonal, was man bereits aus dem Ansinnen ableiten kann, nach dem Verstreichen einer "Verjährungsfrist" die Verleihung des Doktorgrades unanfechtbar machen zu wollen.