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Debatte Regierungsbeteiligung der SPDRemembering Bebel

Ingo Arend
Kommentar von Ingo Arend

Es ist möglich, von jenseits der Regierungsbank Politik zu machen. Gerade die Sozialdemokraten wissen das. Sie könnten jetzt viel erreichen.

Franz Müntefering (re.) bei der August-Bebel-Gedenkfeier im August 2013. Bild: dpa

O pposition ist Mist. Lasst das die anderen machen. Kein Wunder, dass der alte Spruch des gewesenen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering dieser Tage besonders gern zitiert wird.

Das lakonische Bonmot, mit dem er seine Bewerbungsrede für den SPD-Vorsitz 2004 krönte, passt zu dieser denkwürdigen Bundestagswahl wie die Faust auf‘s Auge. Und es verfehlt seine Suggestivwirkung nicht, wie nicht zuletzt das Votum des jüngsten SPD-Konvents gezeigt hat.

Nur: Was ist eigentlich schrecklicher? Dass der Spruch ständig in den Medien geloopt wurde? Oder der Spruch selbst? Im Nachhinein wundert man sich immer noch, dass es jemand mit dieser waghalsigen Formel überhaupt zum Chef der „größten der Parteien“ bringen konnte. Im Politikwissenschafts-Propädeutikum wäre Müntefering mit dieser macchiavellistischen Binse jedenfalls nicht durchgekommen.

Denn als was anderes denn als eine oppositionelle Bewegung hat die Sozialdemokratie einst das Licht der Welt erblickt? Als Ferdinand Lasalle, August Bebel und Wilhelm Liebknecht Ende des 19. Jahrhunderts auf den Plan traten, schielten sie nicht darauf, mit dem Eisernen Kanzler Otto von Bismarck Koalitionsverhandlungen „auf Augenhöhe“ zu führen.

Eine faszinierende Strategie

Die neue soziale Bewegung sollte Merkels Vorgänger durch ihre bloße Existenz von der Bildfläche fegen. Auch ein Blick in die Weltgeschichte hätte Müntefering darüber belehren können, dass Opposition eine ebenso legitime wie faszinierende Strategie ist.

Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Nelson Mandela haben es vorgemacht. Vor der berüchtigten „Außerparlamentarischen Opposition“ der sechziger Jahre gruseln sich noch heute die Restbestände des damaligen bürgerlichen Lagers. Vom Ruhrkampf 1923 bis zur Friedensbewegung der alten Bundesrepublik in den achtziger Jahren hat der Geist der Opposition politische Kurswechsel von historischem Ausmaß durchgesetzt. Im Kaiserreich galt der Generalstreik als Zauberwaffe. Später entdeckte man den „passiven Widerstand“ oder den „zivilen Ungehorsam“.

„Antipolitik“ wird man der parlamentarisch fixierten SPD vielleicht nicht empfehlen wollen. Die „Gegenmacht, die nicht an die Macht kommen kann und das auch nicht will“, weil sie „auch so schon Macht, nämlich aufgrund ihres moralisch-kulturellen Gewichts“ besitzt, wie der ungarische Romancier György Konrad 1984 schrieb, ist passé. Nach der Auflösung der KPdSU sind die Lebenswelten nicht mehr derart von der Politik kolonisiert wie noch zu Zeiten des Kalten Kriegs. Im vormaligen Ostblock waren die Dissidenten mit ihr aber ganz schön weit gekommen.

So beginnt jede Revolution

Normale Opposition geht immer noch gut. Die „Orangene Revolution“ in der Ukraine hat Wiktor Juschtschenko an die Macht gebracht. Die arabische Rebellion hat mit ihrer Opposition erst die tunesische, dann die ägyptische Diktatur gestürzt. Wieviel Kraft strahlte Erdem Gündüz‘ „Standing Man“ auf Istanbuls Taksim aus! Und das soll alles Mist sein? Bei Lichte betrachtet, hat jede Revolution mit einer konsequenten Opposition begonnen. Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen.

Historisch muss man also ganz schön blind sein, um diese Politikoption derart schmallippig zu den Akten zu legen. Trotzdem ist Münteferings Credo aufschlussreich. Bringt es doch ein Defizit der Sozialdemokratie zum Vorschein: Ihren ewigen etatistischen Kurzschluß. Politik wird nicht gesellschaftlich gedacht, sondern immer nur gouvernemental.

Wenn Peer Steinbrück, Ernst Bloch plündernd, behauptet, „ins Gelingen verliebt“ zu sein, meint er wohl: ins Administrieren. Peter Glotz lachte sich in der Toskana noch die Zivilgesellschaft an, den Kern von Antonio Gramsci‘s Hegemoniekonzept. Pragmatismus pur heißt der abgehungerte Politikbegriff, der die „Programmpartei“ SPD im Würgegriff hält: Machen, „kümmern“, malochen. Aber wofür?

Opposition heißt nicht, sich den süßen Wonnen des Verweigerns hinzugeben. Selbst wenn die SPD heute nicht mehr die Gewissheit des materialistisch unaufhaltsamen Gangs der Geschichte auf ihrer Seite haben kann, die noch Bebels Truppe antrieb. Eine intelligente SPD-Opposition kann jeder Regierung Zugeständnisse abringen und sozialen Fortschritt initiieren.

Mit revolutionärer Hinhaltetaktik würde die SPD bald wieder an der Spitze der Avantgarde marschieren. Unter Intellektuellen hat das Nein-Sagen derzeit ohnehin Konjunktur. Die Antwort auf die Zumutungen allgegenwärtiger Interaktivität, zum Beispiel in Koalitionen, heißt „Interpassivität“. Das Stichwort zur geistigen Situation der Zeit ist der berühmte Satz aus Hermann Melvilles Erzählung Bartleby, der Schreiber: „I prefer not to“. Und für den slowenischen Philosophen Slavoj Zizek hilft gegen die Zumutungen der vollendeten Postdemokratie sowieso nur noch die „passive Revolution“.

Wiedervereint im Verein

Bei der Gelegenheit ließe sich die Sozialdemokratie auch als soziale Bewegung neu erfinden. Nicht umsonst hieß sie zu Beginn „Arbeiterverein“. Und eine Wiedervereinigung ist auch heute noch möglich, durch Initiativen mit den Gewerkschaften, gegen Arbeitslosigkeit, für einen Mindestlohn, und zwar auf „Augenhöhe“ mit den Arbeitern. Dass die SPD derzeit die lebendigere Alternative zum Angie-Fanclub CDU wäre, wird angesichts der tiefschwarz eingefärbten Wahlkreisrepublik jedenfalls niemand behaupten. 20 Jahre Wettbewerb „lebendiger Ortsverein“ haben nichts daran geändert, dass diese revolutionäre Keimzelle heute einem Paradebeispiel des Paradigmas von der „hegemonialen Ohnmacht“ ähnelt.

Zu Zeiten, wo selbst der Pop auf Retromania setzt, lohnt es deshalb daran zu erinnern, dass Bebels Oppositions-Formation erfolgreicher war, als der Verein hasenfüßiger Reformisten, der die emanzipationspolitische gegen die staatspolitische Verantwortung eingetauscht hat. Und zu jedem nationalen Schulterschluss bereit ist, solange nur niemand „vaterlandslose Gesellen“ ruft. Von dem man im Zeitalter von Digitalisierung und Globalisierung aber endlich einmal gewusst hätte, was das denn heute sein könnte: Demokratischer Sozialismus.

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Ingo Arend
Autor und Kritiker
Ingo Arend, Politologe und Historiker, Autor, Kritiker und Juror für Bildende Kunst, Literatur und Politisches Feuilleton. Lange Kulturredakteur des "der freitag", 2007 bis 2009 sein Redaktionsleiter. Redakteursstationen bei taz und Deutschlandfunk Kultur. 2015-2023 Mitglied des Präsidiums der neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (nGbK). Spezialgebiet: Global Art, Kunst und Politik, Kunst und Geschichte, Kunst und Kultur der Türkei. Weblog: Ästhetik und Demokratie.
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32 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Linke ist der Teufel! Die Menschen in Deutschland wurden seit den 30er-Jahren des letzten Jahrhundert so konditioniert. Noch heute weiche die Menschen zurück, wenn man sich als Linker zu erkennen gibt. Wir leben im Jahre 2013 und der deutsche Bürger liebt seine CDU und die Bayern ihre CSU, dazwischen gibt es nur die flauschifluschi SPD, bzw. die schlaffördenden Grünen...

  • D
    derSchreiber

    @vic

    Rot-Rot-Grün wäre aber Wortbruch weil die SPD ja hoch und heilig versprochen hat niemals nie nicht mit den Linken zu regieren. KPD und SPD haben anno 33 auch nicht ihre Mehrheit gegen Hitler genutzt. Wenn die unvereinigten Linken den schon nicht verhindert haben, dann verhindern sie Mutti erst recht nicht…

  • L
    lowandorder

    En passant

     

    So ist der Sebastian Haffner lange nicht mehr in Stellung gebracht woden;

    vic - gibt dem knochentrockenen sidekick;

    chapeau;

     

    und Hans - darf auch nicht fehlen:

    gibt den ahnungslosen Dampfplauderer.

     

    Aber. War schon Münte nicht zu helfen;

    wer - bitte - glaubt denn auch nur einen Wimpernschlag lang an die Lernfähigkeit des derzeitigen Hühnerhaufens?

    Eben.

     

    Ganz banal - denen gehen die Hartz-IV-Verbrechen, Rentenklau et al. ebenso am Arsch vorbei wie den Schwatten und den Grünen;

    dabei sind die Gelben draußen; eine Mehrheit jenseits Schwarz möglich und - wenn das nicht:

    die Mehrheit im Bundesrat ist sicher.

  • T
    totenruhe

    Das hat Bebel nicht verdient.

    Wirklich nicht.

  • K
    Klartext

    ... bürgerliche Parteien, Regierung und Parlament sind eine 'Zuhaltervereinigung' der Kapital- und Profitinteressen der deutschen Bourgeoisie und Aktionäre, Spekulanten und Vorstände ...

  • BG
    Billy Grant

    Das Problem ist, dass die SPD sowohl verlernt hat wie man regiert (in der letzten großen Koalition), als auch wie man Opposition macht. Man kann ja kaum glauben, dass sie die letzten vier Jahre in der Opposition war und zumindest in den letzten Jahren die Blockademehrheit im Bundesrat hatte. Dennoch hat sie alle Merkelschen Entscheidungen mitgetragen, denn Forderungen wie Mindestlohn, Vermögenssteuer und Erhöhung des Spitzensteuersatzes sind nur ewige Wahlkampfschlager, die die SPD immer fristgerecht zu Koalitionsverhandlungen vergisst. Das spart Geld und unnötiges Nachdenken, Wahlplakate und Parolen können die nächsten 100 Jahre wiederverwendet werden. Da ist es doch völlig egal, ob politisches Nichstun in der Koalition oder Opposition stattfindet.

  • B
    B.Ebel

    Müntefering, Fleisch gewordenes Elend der Sozialdemokratie,hat Bebel nie gelesen, zumindest nie verstanden, sonst hätte er niemals die Harz 4 Gesetze mit dem Satz verteidigt:

     

    "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen."

     

    Bebel schrieb:

     

    "Indem alle verpflichtet sind zu arbeiten, haben alle das gleiche Interesse, drei Bedingungen bei der Arbeit erfüllt zu sehen. Erstens, daß die Arbeit im Zeitmaß mäßig sei und keinen überanstrengt; zweitens, daß sie möglichst angenehm ist und Abwechslung bietet; drittens, daß sie möglichst ergiebig ist, weil davon das Maß der Arbeitszeit und das Maß der Genüsse abhängt."

  • F
    Freddy

    "Im Nachhinein wundert man sich immer noch, dass es jemand mit dieser waghalsigen Formel überhaupt zum Chef der „größten der Parteien“ bringen konnte."

    ich finde es sehr lieb, wenn Ingo Arend sich so viel Mühe macht, um mit den Lesern darüber ins Grübeln zu kommen, ob es die SPD nicht besser wissen könnte (oder sollte?).

     

    Die Antwort liegt einfach irgendwo in den leeren Champagner-Flaschen, den Brioni-Anzügen und einer gewissen Verkommenheit, die sich hinter solche edlen Namen wie August Bebel geschlichen hat. Nicht, dass die alte Sozialdemokratie nicht auch ihre Problematiken gehabt hätte, aber die SPD 2013 ist einfach eine tragisch-komische lächerliche Gruppe, die sich an Merkel nach abreiben wird.

    Und da sage ich nur Remember-Jürgen-Möllemann: Das Projekt 18 Prozent steht bei der SPD jetzt an. Und füge hinzu: Sie wollen das so. Bebel mag in Frieden ruhen, seine 'Erben' haben es nicht verstanden.

  • ...ich würde sagen, wir leben in einer parlamentarischen Diktatur.

  • BE
    B. Ebel

    @ Hans Dampf

     

    "Sozialist sein, heißt keineswegs bloß den Triumph einer bestimmten Partei vorbereiten, einen bestimmten Teil des Volkes einfach zur Macht zu bringen. Nein, es heißt arbeiten für eine Gesellschaftsordnung, in der alle aktiven Kräfte harmonisch verbunden werden und zu aller Nutzen zusammenwirken sollen."

     

    August Bebel

     

     

    "... anderes gesellschaftliches System" !?

     

    Leben wir heute im Sozialismus?

     

    Ist Bebel heute überholt!?

     

    ( Schätze, Sie sind Politiker, Redenschreiber, Journalist oder Lehrer, habe ich recht!? ;-) )

  • T
    tzapatu

    Die SPD hat durch den Arbeiterverräter Schröder ihren linken Flügel verloren, der ist zu den Linken gewechselt. Dementsprechen wäre Bebel heutzutage kein SPD Mitglied, traurig aber wahr.

  • S
    Schramm

    Zu: @ "HANS DAMPF" = "parlamentarische Demokratie" "verdienst" der SPD ...

     

    Das 1925 verabschiedete Heidelberger Programm der SPD hatte einen kleinbürgerlich-reformistischen Charakter. Auf seiner Grundlage entwickelte die SPD die Theorie vom "organisierten Kapitalismus". Damit betrieb die SPD-Führung die Tolerierungspolitik gegenüber der deutschen Monopolbourgeoisie.

     

    Da die Führung der SPD am Ende der Weimarer Republik alle Angebote der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) zur Herstellung der Aktionseinheit ablehnte, konnten die räuberischsten imperialistischen (Wirtschafts-)Kreise der deutschen Monopolbourgeoisie, unter Führung der NSDAP und unter aktiver Beteiligung des Staatsapparates (Beamtenschaft), ihre offene staatsterroristische Diktatur, - mit Unterstützung der Mehrzahl der deutschen Werktätigen und (akkademischen) Kleinbürger -, in Deutschland und Europa errichten.

     

    In der Zeit des Faschismus zerfiel die SPD in einzelne Gruppen. Der SPD-Parteivorstand löste sich 1940 in Lissabon auf, während sozialdemokratische Arbeiter und Funktionäre am antifaschistischen Widerstand teinahmen.

     

    Durch den SPD-Zentralausschuss wurde im Mai 1945 damit begonnen, die Partei wieder aufzubauen. Die rechten Kräfte führten nach der Zerschlagung des Kapital-Faschismus die Tolerierungspolitik gegenüber der Monopolbourgeoisie fort und gründeten 1946 in hannover für die westlichen Besatzungsgebiete eine eigene Partei, - die heutige SPD...

  • HD
    Hans Dampf

    Es ist sehr ärgerlich, wenn die sozialdemokratischen Altvorderen zitiert und deren Thesen eins zu eins auf die heutige SPD und die heutige politische Landschaft angewendet werden, denn das passt so nicht zusammen. Es wird dabei eben negiert, dass wir ein anderes politisches System haben als es zu Bebels Zeiten bestand. Dass wir in einer parlamentarischen Demokratie leben können, ist auch ein Verdienst der Sozialdemokraten, die im Kaiserreich und im Dritten Reich verfolgt wurden. Warum sollte die SPD nicht den Anspruch haben, in Regierungsverantwortung zu gestalten? In der Regierung kann man, wenn es sich nicht um eine Minderheitsregierung handelt, mehr erreichen als in der Opposition. Keine Partei tritt bei Lichte betrachtet zu Wahlen an, um danach unbedingt in der Opposition zu verharren. Aber: Opposition ist wichtig demokratischen Kräftespiel.

    Allerdings haben wir in Deutschland Bundesländer in denen die Opposition seit Jahrzehnten marginalisiert ist, weil dort die Union fest im Sattel sitzt. Die Beispiele sind Bayern und Sachsen. Dort ist Opposition wirklich richtig Mist!

  • Franz Müntefering ist nichts als ein völlig hemmungsloser Machtmensch.

    Dass er nach Hitler noch Sprüche wie "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen." klopft (und das als Arbeitminister), sagt eigentlich schon alles: http://www.zeit.de/online/2006/20/Schreiner

    August Bebel hin oder her.

    • @Eric Manneschmidt:

      Die SPD baut in den letzten 10 Jahren extrem auf die Vergesslichkeit der Deutschen.

      Es ist an der Zeit, dass sich SPD-ler von Äußerungen, wie von Ihnen genannt, oder Irrtümern wie H4 distanzieren, um Vorbildern wie Bebel wieder gerecht zu werden. Ansonsten wird die Talfahrt der SPD ungebremst sein, denn zwei neoliberale Parteien im BT sind mehr als "genug".

      • F
        Fritz
        @lions:

        Die SPD kann das gar nicht mehr. Man sollte sich mal anhören, wie deren Politiker reden halten, was für eine Kultur sie pflegen.

  • B
    Blechstein

    Müntefering, war das nicht der Typ, der den Wählern vorhielt, es wäre unfair, die SPD an ihren gebrochenen Wahlversprechen zu messen? Dass er vor dem Bild von Bebel posiert, halte ich für eine Unverfrorenheit. Mit Bebel hat Müntefering soviel gemein

    wie Gadafi mit Ghandi.

  • Tatsache ist:

    Die Opposition- so es eine gäbe- hätte die Mehrheit der Wahlstimmen.

    Der oft zitierte Wählerwille interessiert nicht, wenn es um Ministerposten geht. Schade.

    • @vic:

      Wie - die Linke hätte die Mehrheit der Wählerstimmen? kann ich kaum glauben :-)

      • @Nin-Chen:

        Grüne, SPD und Linke zusammen.

        So war das Wahlergebnis.

        • @vic:

          Ja - theoretisch. Aber wenn ich die Linke wähle(n würde) - dann nicht wirklich solche Grünen und solche SPD'ler mit.

          • @Nin-Chen:

            Ich habe die Linke gewählt. Und ich hätte eine Regierung der drei Parteien einer- wie auch immer- Merkelgeführten klar vorgezogen.

            • @vic:

              Den Wunsch verstehe ich.

              Trotzdem kann ich mir keine neoliberale grün-konservative Regierung mit Beteiligung der Linke vorstellen.

  • R
    reblek

    "Opposition ist Mist. ... Das lakonische Bonmot..." - Ein "Bonmot" ist laut Wikipedia ein "gutes Wort", ein witziger Einfall, ein geistreiches Witzwort, eine treffende Bemerkung." Was davon trifft auf Münteferings Satz zu? Der ist einfach nur töricht und beweist lediglich den unsäglichen Drang auf die Fleischtöpfe auf den Regierungsbänken.

    "... dass Opposition eine ebenso legitime wie faszinierende Strategie ist." - Nicht nur das, Opposition ist das Ferment der Demokratie. Regieren kann jeder Depp, wie wir in der Weltgeschichte sehen können. Aber eine wirkungsvolle Opposition ist äußerst selten.

    "Bei Lichte betrachtet, hat jede Revolution mit einer konsequenten Opposition begonnen." - Und was soll dieser Satz in einem Artikel über die SPD uns sagen?

    "Eine intelligente SPD-Opposition kann jeder Regierung Zugeständnisse abringen und sozialen Fortschritt initiieren." - "Könnte", oder? Aber wann war die SPD-Politik zuletzt "intelligent"?

    "Mit revolutionärer Hinhaltetaktik würde die SPD bald wieder an der Spitze der Avantgarde marschieren." - Und schon wieder "revolutionär" im Zusammenhang mit der SPD, die kaum noch reformerisch genannt werden kann.

    Und so ganz am Rande: Die Avantgarde ist, soweit ich weiß, die "Spitze". Die SPD also als Spitze der Spitze? Das wird in diesem Leben dieser Partei nichts mehr.

  • UF
    Ulrich Frank

    Die SPD war schon immer zweideutig - Staat/status quo kommt vor Engagement und Veränderung - und ist mit den Bossgenossen vollends zu einer Apparatchik- und Karrierepartei verkommen. Daß diese Partei jetzt nicht wieder einiges über Bord wirft um an die Specktöpfe zu kommen ist unwahrscheinlich, außer sie wird durch die Basis bei diesem Unterfangen gestoppt - wenn die dann tatsächlich befragt wird.

  • Sehr geehrter Herr Arend,

    das ist ein ganz ausgezeichneter Kommentar, den sich die ganze SPD-Spitze mal dauerhaft über´s Bett hängen sollte. Im entscheidenden Moment das eigene Programm zu verraten im Namen falsch verstandener “Staatsräson”, das ist die Erbsünde der SPD spätestens seit 1918. Und wenn Sigmar Gabriel sagt, er sei “stolz auf die Tradition der SPD” ist das ungefähr so absurd, wie wenn ein Deutscher unqualifiziert sagen würde, er sei stolz auf die deutsche Geschichte. (Und an der Stelle hätte ich zu gerne einen “Augenroll”-Icon.) Wenn man denn die Geschichte kennt (was an sich löblich ist), dann sollte man bestrebt sein, aus den Fehlern, die gemacht wurden zu lernen, statt so zu tun, als sei alles immer bloß toll gewesen. Wenn ein Geschichtsstudium einen dazu führt, dann war die Zeit schlimmer als verschwendet.

  • RS
    Reinhold Schramm

    August Bebel vs. SPD-Führung heute!

     

    Es gibt keine sozialpolitische und gesellschaftspolitische Gemeinsamkeit zwischen August Bebel und der heutigen SPD-Führung! Im Klartext zur historischen Wahrheit und zur heutigen SPD-Führung - der deutschen Finanz- und Monopolbourgeoisie.

     

    August Bebel schreibt über die "Umgestaltung der Gesellschaft":

     

    "Alle gesellschaftlichen Übel haben ohne Ausnahme ihre Quelle in der sozialen Ordnung der Dinge, die gegenwärtig, wie gezeigt, auf dem Kapitalismus, auf der kapitalistischen Produktionsweise beruht, kraft deren die Kapitalistenklasse die Eigentümerin aller Arbeitsmittel - Grund und Boden, Gruben und Bergwerke, Rohstoffe, Werkzeuge, Maschinen, Verkehrsmittel - ist und dadurch die Ausbeutung und Unterdrückung der großen Volksmehrheit betreibt, was wachsende Unsicherheit der Existenz, des Druckes und der Erniedrigung der ausgebeuteten Klassen im Gefolge hat. Demgemäss wäre also der kürzeste und rascheste Schritt, durch eine allgemeine Expropriation dieses kapitalistische Eigentum in gesellschaftliches Eigentum (Gemeineigentum) zu verwandeln." (Vgl. August Bebel: Die Frau und der Sozialismus. Hier: Die soziale Revolution. 1. Die Umgestaltung der Gesellschaft.)

     

    Heute, wie auch schon 1914 (Zustimmung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten und mit der Politik des Burgfriedens zwischen Kapital und Arbeit) ist die SPD-Führung, u. a. mit AGENDA 2010 und dem Hartz-IV-Strafvollzug für Erwerbslose, eine modifizierte sozialdarwinistische Partei - in der imperialistischen Reichtumsgesellschaft - im Wirtschafts- und Kapitalinteresse der BDA-BDI-Monopolbourgeoisie und Quandtschen Multimillionäre und Erbschafts-Milliardäre.

     

    Gegen den revolutionären Sozialdemokraten August Bebel hätte die heutige Politik der SPD-Führung zu einer gewaltsamen sozialen Revolution in Deutschland und Europa geführt!

  • G
    G.Ehtsnoch

    Müntefering redete wirklich bei der August-Bebel-Gedenkfeier!?

    Ich dachte, das Foto sei eine Montage.

    Demnächst hält wohl Fischer die Rede zur Petra-Kelly-Gedenkfeier.

  • V
    V.Erraten

    Nach einer Reihe von Jahren läßt einen das Gedächtnis im Stich, selbst Vorgänge, die sich einem tief einprägten, erlangen im Laufe der Jahre unter allerlei Suggestionen eine ganz andere Gestalt.

     

    August Bebel

  • DS
    Demokratie statt Parteienproporz

    75% der Deutschen gaben der CDU die Erststimme. Das deutsche Wahlsystem sollte ursprünglich eine Mischung aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht sein. Es funktioniert nicht mehr, seit dem Urteil des BGH zu Überhangsmandaten noch mehr als vorher. Es stärkt zwar den Machtapparat der Parteien indem es sichere Plätze ermöglicht aber es schadet der Demokratie. Ein Mehrheitswahlrecht nach britischem Vorbild, bei dem die relative Mehrheit im Wahlkreis genügt, oder nach französischem, das die absolute Mehrheit und gegebenenfalls eine Stichwahl verlangt, die Mehrheitsverhältnisse wären klar. Dann müsste man liefern. Abwahl mit breitem Postenverlust als Gefahr eingeschlossen. Das wäre demokratischer und besser. Dazu braucht man keine Theorien und keine Rundreise in der Geschichte. Es wird nicht kommen, da die Selbstversorgung der Parteien, und zwar aller Parteien, weit über dem Willen zur demokratischen Organisation der Gesellschaft steht. Gerade die kleinen Parteien wie die Grünen würden dazu auch noch viel Macht verlieren. Ein weiterer Grund warum deren mediale Mehrheit zum Thema nicht viel sagt sondern wie hier lieber über Mahatma Gandhi über die APO bis Bismarck theoretisiert.

  • SG
    Sebastian Geschonke

    Schön Artikel, vlt. etwas polemisch. Was ich aber noch viel unverständlicher finde, weil ich es nicht finden kann, ist der Bezug zur aktuellen Situation der Regierungsbildung. So eine historische Draufsicht ist ganz nett, aber abstrakte allgemeine Handlungsempfehlungen fernab von konkreten Situation lassen sich immer bequem aufstellen.

  • C
    Camargue

    Sorry, aber so sehr ich Merkel verabscheue, so wenig passt der Vergleich zu Bismarck oder anderen Autokraten. Wer den Unterschied nicht sieht, würde tatsächlich nicht durch das "Politikwissenschafts-Propädeutikum durch kommen"