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Debatte Nationalismus der CDU/CSUDas Phantasma der Leitkultur

Kommentar von Stefan Kühl

Die Debatte um nationale Identität in der Union zeugt von einem simplen Kulturverständnis. Gemeinsame Werte lassen sich nicht von oben diktieren.

Manche in der CSU fordern auch eine Deutsch-Pflicht in Wohnzimmern Foto: dpa

U nter Führungskräften, beispielsweise in der Wirtschaft, ist es angesagt, Organisationsmitgliedern Leitkulturen zu verordnen. Es werden wohlklingende Leitbilder verabschiedet, in der Hoffnung, das Handeln in der Organisation möge sich an ihnen ausrichten. In Workshops werden die Mitarbeiter aufgefordert, über das von der Organisationsspitze verabschiedete Leitbild zu reflektieren und das Handeln darauf einzustellen.

Das neueste Papier der bayerischen CSU und der sächsischen CDU zu einer „Leit- und Rahmenkultur“ zeigt, dass in Teilen der Politik die Hoffnung herrscht, man könne nicht nur Organisationsmitgliedern ein Leitbild auferlegen, sondern auch Bürger in ihren Handlungen über ein solches Leitbild beeinflussen.

Das Papier ist sicherlich vorrangig der Versuch, mit Formeln wie „liebgewonnener Heimat“ oder „gelebtem Patriotismus“, mit der Lobpreisung der „schwarz-rot-goldenen Fahne“ und der „Hymne mit ihrem Aufruf zu Einigkeit und Recht und Freiheit“ Wähler von der AfD zurückzugewinnen.

Es zeugt aber doch von einem allzu simplen Verständnis davon, wie sich Kulturen ausbilden und verändern. Vielleicht hätte es nicht geschadet, wenn die Verantwortlichen von CDU und CSU zuvor einen Seitenblick auf die vielen gescheiterten Leitbildkampagnen und Kulturprogramme in Unternehmen und Verwaltungen geworfen hätten.

Demokratie heißt Multikulti

Das Besondere an Kulturen ist, dass sie nicht durch Verkündigung gebildet werden, sondern wie von selbst entstehen. Wie Mitarbeiter in Organisationen zusammenarbeiten, wie mit Kunden und wie mit Konflikten umgegangen wird, das pendelt sich im alltäglichen Leben in der Organisation aus und nicht dadurch, dass Organisationsspitzen Leitkulturen verkünden. Und genauso bilden sich auch die von den CSU- und CDU-Politikern geforderte Nutzung von „Deutsch als Sprache“, das „abendländische Wertefundament“, die „Kultur und Tradition“, die „vertrauten Umgangsformen“, der „Stolz“ auf die Geschichte im alltäglichen Zusammenleben aus – und eben nicht durch die Verabschiedung von Leitkulturpapieren.

Das Besondere an Kulturen ist, dass sie nicht durch Verkündigung gebildet werden
Stefan Kühl

geboren 1966, ist Professor für Soziologie an der Universität Bielefeld und arbeitet als Organisationsberater für Unternehmen, Ministerien und Verwaltungen.

Forschungen über Organisationskulturen zeigen, dass so etwas wie eine einheitliche Leitkultur als „Kraftquelle“ nur in der Fantasie von Organisationsspitzen existiert. Genauso wie sich in Organisationen sehr unterschiedliche Abteilungs- und Berufsgruppenkulturen ausbilden, gibt es auch in demokratischen Staaten sehr unterschiedliche Kulturen, die häufig nur wenig miteinander zu tun haben. Die Kultur einer katholisch geprägten Kirchengemeinde ist eine andere als die einer autonomen Hausbesetzerszene, die Kultur einer in Deutschland lebenden libanesischen Großfamilie ist eine andere als die Kultur einer rechtsextremen Jugendgang.

Man mag „Multikulti“ gut oder schlecht finden – faktisch kommt es in Demokratien fast zwangsläufig zur Ausbildung sehr unterschiedlicher Kulturen.

Falsche Rezepte

Wenn eine Organisation ihre Leitkultur allzu ernst nimmt und erwartet, dass ihre Mitglieder sich eins zu eins daran halten, tut man gut daran, das Weite zu suchen. Dergleichen findet sich etwa in der Scientology-Kirche, in marxistischen Gruppen oder evangelikalen Gemeinden. In solchen Gruppen ist der wohlformulierte Wertekatolog tatsächlich handlungsleitendes Programm. Die Dianetik von Ron Hubbard, die Marx-Engels-Werke oder die Bibel sind hier nicht grober Orientierungsrahmen, sondern Rezept zur Anleitung einzelner Handlungen, die Tag für Tag genau so durchzuführen sind.

Ob Organisationen oder Staaten sich zu totalitären Systemen entwickeln, hängt weniger von den Inhalten ihrer Leitkulturen ab – ob diese „gut“ (demokratisch, menschlich, tolerant) oder „schlecht“ (undemokratisch, unmenschlich, intolerant) sind –, sondern ob es den Spitzen einer Organisation gelingt, das tägliche Handeln von Menschen einer von ihnen kontrollierten Leitkultur zu unterwerfen.

Aber man braucht sich keine Sorgen zu machen: Das Papier der CDU und CSU wird nicht ansatzweise solche totalitären Effekte haben. In Unternehmen, Verwaltungen und Schulen kann man beobachten, dass die meisten Kulturprogramme weitgehend effektlos verpuffen. Bestenfalls lösen sie in der Phase der Erarbeitung eines Leitkulturpapiers interessante Diskussionen aus, schlimmstenfalls führen sie zu Zynismus bei den Mitarbeitern, die die Diskrepanz zwischen den hübsch klingenden Leitbildern und der von ihnen wahrgenommenen Realität nicht ertragen können.

„Kulturkitt“ aus Leitsätzen

Die Produktion von Leitkulturpapieren ist in vielen Fällen erst einmal ein Hinweis auf grundlegende Probleme derjenigen, die sie verkünden. In Unternehmen kann man beobachten, dass Kulturprogramme immer dann angestoßen werden, wenn die von Beratungsfirmen angestoßenen Strukturreformen zu organisationsinternen Verwerfungen führen.

Die Hoffnung ist dann, die meist ungewollten und nicht antizipierten Nebenfolgen der Reformen durch einen „Kulturkitt“ aus Führungsleitsätzen oder Kooperationsleitlinien abzumildern. Ähnlich ist auch die in CDU und CSU regelmäßig alle zehn Jahre initiierte Diskussion über Leitkultur Ausdruck eines Versagens dabei, Veränderungen in der Gesellschaft durch gut gemachte Gesetze oder kluges Verwaltungshandeln aufzufangen.

Statt Leitkulturen zu verkünden, sollten Organisationsspitzen ihre Energie auf den Bereich dessen verwenden, was sie faktisch beeinflussen können. Unternehmensführungen sollten sich darauf konzentrieren, die formalen Kommunikationswege, Programme und Personaltableaus so auszurichten, dass es nicht zu allzu großen Verwerfungen kommt.

Ebenso wäre viel gewonnen, wenn – Stichwort PKW-Maut – gerade christsoziale Politiker ihre Aufgabe vorrangig darin sehen würden, Gesetze zu verabschieden, die nicht von Verfassungsgerichten wegen handwerklicher Fehler wieder kassiert werden. Wenn ihnen das gelingt, dann können sie sich getrost darauf verlassen, dass Menschen im alltäglichen Zusammenleben und Zusammenarbeiten schon einigermaßen tragfähige Kulturen ausbilden.

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19 Kommentare

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  • Sorry - Brille verlegt.

     

    @""Gemeinsame Werte lassen sich nicht von oben diktieren."

     

    Doch! Nennt sich Grundgesetz!"

     

    Booey! Glatt überlesen. Noch ganz frisch?

    Hörens: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt."

     

    Dieser Meilenstein in der Verfassungsgeschichte der Deutschen. Ja ja & durchaus!

     

    Allein diese Sentenz straft nach Inhalt & Entstehung obigen Schmarrn - derbe Lügen.

     

    Es war die unerschrockene Elisabeth Selbert - die im Parlamentarischen Rat & im crossing over quer durch die darin vertretenen Parteimitgliedern* - &

    In Ansehung von zwei Weltkriegen & mehreren Wirtschaftszusammenbrüchen -

    Diese Ausprägung des Allgemeinen Gleichheitssatzes & von Liberté Fraternité Egalité & mit Art 20 - Demokratisch sozialer Rechtsstaat

    Ins Grundgesetz - einer der progressivsten Verfassungen der Moderne -

    Festzuschreiben verhalf!

     

    "Von oben diktiert"??? Wohl nen nassen Hut auf! &

    Wo - bitte - lassen Sie leben?!

     

    kurz - mit diesem dämlichen Possenspiel

    Phantasma Leitkultur hat das Vorstehende

    Grad keinen müden Farthing zu tun.

    EndeGelände. Punkt.

     

    (ps * & wider solcher Herrrenreiter wie

    Derer v.Mangoldt & Bedenkenträgerintellektueller

    Wie Carlo Schmidt ".. die Zeit ist noch nicht reif..!)

    Damit konnte das dabei ebenfalls geschaffene BVerfassungsgericht Karlsruhe in mehreren

    Anläufen den Gesetzgeber verdonnern -

    Das bestehende Familienrecht entsprechend

    Zu ändern.

    Fand ich solchem Hohn sprechend noch im Nachlaß meines Vaters*04 die - verbindliche - Anzeige eines Herrn Zinnenburg post WK II -

    " Für die Schulden meiner Frau Gräfin v. ....

    komme ich nicht mehr auf....."

    Noch Fragen?)

    Oktroá? - mach Witze!

    • @Lowandorder:

      ps & Ja wie? - "kühl" nicht im findex -

       

      Ja - Wie peinlich!;)(

  • Fitte Kappe - &

     

    Bei - https://de.m.wikipedia.org/wiki/Stefan_K%C3%BChl

    Einfach mal reinlesen.

     

    Erfreulich - wenn einer wie er - diesen ganzen Blähern&Windmachern -

    Den Proppen aus …zieht & die Luft abläßt.

    (Höflich macht er dazu unauffällig das Fenster auf!;)

     

    Ergänzt man seine - hier -

    der Mann ist Soziologe - aufgeblätterte

    Orgs/Wirtschaft/Demokratie-Systemsicht um die Rahmengebung

    Verfassung/Grundgesetz & - heute -

    EU-Regelwerk - so ist frauman Gerade nicht bei diesen Hirnschwammerln - diesem Mumpitz Leitkultur/Wertekanon … etc.

    Sondern - sein zutreffender Ansatz - Gewinnt flexible Handlungsrahmen - In mit & durch die sich Kulturen in einer flexiblen Gesellschaft entwickeln&verändern können.

     

    Das ist eben etwas anderes - wie ja auch an&ausgeführt - als Zwangsjackendenken in abgeschotteten Ansammlungen mittels "Heiliger Bücher" - mögen die auch schwarz rot oder sonstwie eingefärbt sein.

     

    Auch das Grundgesetz - ein luzides Regelwerk - ist mitnichten "Leitkultur"

    Sondern Handlungsrahmen.

    Mit dem allerdings - es gab mal völlig zu recht die Formel vom "nichterfüllten Grundgesetz" - spätestens seit postWende -

    Mittels NeoLiberalHyp - & Markt-Wahn - Brutalst Fußball gespielt wird.

     

    Man höre doch nur mal unserem derzeitigen - ja Verfassungsminister -

    IM FrozenThomas & seinem alter ego

    GröFiMaz Wolfgang Schäuble zu -

    (So frauman es noch ertragen kann!) &

    La Tuffa v.d.Lie-ing ergänzt's zum -

    Trio infernal asozial du 'schland!

     

    Rollbacks ala Börsencrashs - Hartz IV - Grexit - Brexit - Populismus & tiefbrauner 'schlandHyp et al.

    Sind dafür einige der unübersehbaren

    Menetekel.

    • @Lowandorder:

      auch klar -

       

      Leader of the Pack -

      FDJ-Winkelement&Pastorendochter -

      Angela dat Merkel!

  • Leitkultur ist doch kein Begriff den man nur Positiv oder Negativ bewerten kann.

    Eine Leitkultur ist es doch auch schon, wenn man für sich selbst, für die Kinder und den Menschen mit denen man täglich zutun hat, Respekt, Höflichkeit und eine angemessene Empathie aufbringt. Leitkultur kann bedeuten, dass man Menschen anderer Herkunft gegenüber freundlich und Hilfsbereit auftritt.

    Nach einem Umzug lernte ich eine Schule kennen, die etwa 60% Migranten unterrichtet. An dieser Schule wird auf Höflichkeit und respektablen Umgang miteinander besonders großer Wert gelegt, so dass ich bereits nach kurzer Zeit eine positive Veränderung meines Kindes feststellen konnte. An der Gesamtschule wo es vorher war wurde weder auf Umgang noch auf die Sprache der Kinder untereinander geachtet. Dort gab es wüste Beschimpfungen zwischen Deutschen und Migrantenkindern!

    Die Schulleitung bekam dieses Problem durch sehr viele Aktivitäten, die gemeinsam mit den Schülern, der Eltern und des Lehrkörpers gestaltet wurden und auch einer rigorosen Bestrafung bei zu Wiederhandlung in den Griff. Natürlich half es auch, dass Schüler mit besonderen Leistungen durch Anerkennung aller gelobt wurden.

    Man kann also mit ein bisschen Respekt und Anerkennung viel erreichen.

    Dies sollte doch für Erwachsene, Gebildete, Vernunftbegabte Menschen auch im täglichen Umgang miteinander möglich sein. Durch Gesetze wird dieser Umgang doch bereits seit Eh und Je geregelt, "Beleidigung, Stinkefinger, Nachrede usw."

    Leute wir müssen nur einen Weltoffenen gesitteten Umgang miteinander Pflegen, auf Kulturelle Unterschiede eingehen und so mit Anderen umgehen, wie wir wollen. dass man mit uns umgeht!

  • Dieses ständige Durchgekaue von Leitkultur oder nationaler Identität als angeblich unerlässliche Voraussetzungen eines funktionierenden Zusammenlebens kann ich einfach nicht mehr hören:

    profil- und ratlose Politiker auf Stimmenfang bei desinteressierten Nichtwählern und beschränkten Angstbürgern.

    Besonders letzteren dient dieser ganze national-identitäre Unfug ohnehin nur als Mittel der Abgrenzung nach außen zum Zweck der Selbstbevorteilung: Menschen werden vom Deutsch-, Westlich-, Christlich-, oder sogar vom Natürlich-Sein ausgeschlossen aus Angst sich mit ihnen messen zu müssen.

     

    Daher werden in solchen Debatten fremden Menschen nicht etwa Türen geöffnet oder Angebote zur Integration gemacht, sondern es geht nur darum (möglichst vielen) Menschen klarzumachen: Du gehörst hier nicht her.

  • "Gemeinsame Werte lassen sich nicht von oben diktieren."

     

    Doch! Nennt sich Grundgesetz!

    • @Jens Frisch:

      Die "gemeinsamen Werte" sind nur die ersten paar Abschnitte vom GG, und gerade da ist es eigentlich ein Armutszeugnis, daß sie aufgeschrieben werden müssen, und ein Glück, daß sie dadurch manchmal sogar einklagbar werden.

       

      Der ganze Rest danach ist eher die Verwaltungsanweisung, wie die BRD oder meinetwegen nach der Wiedervereinigung mit oder Annexion der DDR eben Deutschland organisatorisch und zuständigkeitsmäßig grundsätzlich gestrickt sind.

  • Was ich unter Leitkultur verstehe , findet sich beeindruckend klar in den ersten Artikeln des Grundgesetzes wider.

    Das lässt Spielraum für individuelle oder regionale Unterschiede , gibt aber die Richtung vor .

    Natürlich steckt der Teufel im Detail,

    oder in der täglichen Praxis , die Grenzen sind aber gut erkennbar.

  • Natürlich kann man eine Leitkultur von oben herab einführen. Man muss es nur wollen. Im real existierenden Sozialismus hat es auch funktioniert.

     

    Kinder lernen in staatlichen Schulen ein ganzes Weltbild nach dem sie sich zu orientieren haben. Das ist nun wirklich kein Geheimnis.

  • was ist deutsche Leitkultur ?

    ist es der bierkrugstemmende jodelnde Lederhosenheini oder

    der Düsseldorfer Vernisagegänger, der alles. was er nicht versteht für Kunst hält oder

    der wortkarge ostfriesische Fischkopf, der seinen Kluntjetee schlürft oder

    der schwäbische Lellepeppele, der in seiner Gartenzwergidylle nicht über den Tellerrand hinausschaut oder

    die säsische Bambelmuse, die Angst vor jedem Fremden hat oder

    was sonst noch

    • @Michael Kroker:

      Dann lesen Sie doch das Papier und Ihre Fragen sind beantwortet.

      Ihre Art des Populismus gehört bestimmt nicht zu einer Leitkultur.

  • 7G
    78110 (Profil gelöscht)

    Netter Artikel. Aber an dieser Stelle:

    "Wenn eine Organisation ihre Leitkultur allzu ernst nimmt und erwartet, dass ihre Mitglieder sich eins zu eins daran halten, tut man gut daran, das Weite zu suchen. Dergleichen findet sich etwa in der Scientology-Kirche, in marxistischen Gruppen oder evangelikalen Gemeinden. In solchen Gruppen ist der wohlformulierte Wertekatolog tatsächlich handlungsleitendes Programm."

    würde ich Herrn Kühl doch bitten, die unterschiedlichsten Gruppen, die sich das Label "marxistisch" teilen nicht mit Scientology gleichzusetzen (ja, wohlberücksichtigend, dass auch Scientology-Gruppen untereinander nicht homogen sind, vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Scientology#Splinter_groups:_Independent_Scientology.2C_Freezone.2C_and_Miscavige.27s_RTC).

    • @78110 (Profil gelöscht):

      Sicherlich gibt es in den drei genannten Gruppen auch Unterschiede. Aber was damit gemeint war erschließt sich aus dem aus dem Satz davor: "Wenn eine Organisation ihre Leitkultur allzu ernst nimmt und erwartet, dass ihre Mitglieder sich eins zu eins daran halten, tut man gut daran, das Weite zu suchen." Es gibt diverse Gruppen, die ihren Striemel verbissen hinterherlaufen.

      • 7G
        78110 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Damit haben Sie recht, ein kleiner Einschub wie "einigen" o. Ä. hätte allerdings einen weniger kollektiveren Bezug hergestellt und den Eindruck erweckt, der Autor könne zwischen "marxistischen" Gruppen differenzieren und auch an solche denken, die im angesprochenen Bezug anders als Scientology-Gemeinschaften gestrickt sind. So wirkt die Aneinanderreihung ein wenig plattitüdenhaft.

  • Von oben diktierte Leitkultur. Das hat doch sowas von Führungskultur, der Weg zu Führerkult ist dann nicht mehr weit. Ich bekomme Angst und bin gleichzeitig froh mir nie Gedanken über eine wie auch immer geartete Leitkultur der deutschen Rasse Gedanken gemacht zu haben. Für mich gehört Fahnenschwenken und Weihnachten in die Kirche rennen nicht zur Leitkultur. Eine homogene Kulturlandschaft in Deutschland, na Prost Mahlzeit. Eine Partei, die seit Jahrzehnten ein Land regiert, in dem das alljährliche zweiwöchige Komasaufen in der Landeshauptstadt als Hochkultur gilt, sollte bei dem Thema Leitkultur ruhig sein.

    • @arribert:

      Ihr Satz "Für mich gehört Fahnenschwenken und Weihnachten in die Kirche rennen nicht zur Leitkultur. " legt nahe, dass Sie eine Leitkultur haben.

  • Wo hat Prof. Kühl denn in den Werken von Marx und Engels eine "Anleitung einzelner Handlungen, die Tag für Tag genau so durchzuführen sind" gefunden? Mein Eindruck ist, dass er die nur vom Hörensagen kennt und eigentlich auch gar nicht weiß worum es darin geht oder was ansatzweise überhaupt marxistisch orientierte Kritik ist.

    • @Hannes Wolkenhauer:

      nur in alle Kürze: Das Argument im Artikel geht wie folgt:

      In der Bibel, der Dianetik und den MEW finden sich keine (!) Anleitungen für einzelne Handlungen.

       

      Aber es gibt jeweils Gruppen, die so tun als wenn sich daraus konkrete Handlungen ableiten lassen (Richtungen innerhalb der evangelikalischen Bewegung, Scientology Church, bestimmte K-Gruppen).

       

      Also zur Beruhigung: An dieser Stelle keine Kritik an den Urtexten, sondern nur an der Auslegung durch einzelne Richtungen innerhalb der Bewegungen.

       

      Zu Möglichkeiten und Grenzen marxistischer Kritik siehe ausführlich das letzte Kapitel in Stefan Kühl (2004): Arbeits- und Industriesoziologie (transcript).