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Debatte ItalienWahre Clowns

Kommentar von Marco D'Eramo

Nun jammern sie wieder, die europäischen Eliten. Dabei haben Grillo und Berlusconi nur bewiesen, dass in der Mitte nichts mehr zu holen ist.

Clowns, wohin man auch schaut. Bild: dpa

I n den Burgen des Mittelalters war es Aufgabe des Hofnarren, den Herrschern unbequeme Wahrheiten zu sagen. Heute sind es die Steinbrück’schen „italienischen Clowns“, die die bitteren Tatsachen in die europäischen Regierungszentralen und Banktürme hineintragen.

Denkt man über die so verständliche wie billige Polemik Steinbrücks hinaus, dann hat das Wahlergebnis von jenseits der Alpen starke, gewiss auch spannungsgeladene Botschaften zu liefern. Zu lernen gibt es jedenfalls einiges.

Die erste Botschaft ist die totale Niederlage, die ein bestimmtes Europa bei den italienischen Wahlen erlitten hat – das der Troika, der Frankfurter Banker und der Kanzlerin Angela Merkel. Es handelt sich nicht einfach um ein persönliches Desaster Mario Montis, also des Professors, den die nun geschlagenen europäischen Eliten wie aus einem Zauberhut hervorholten und den Italienern im November 2011 ohne jede demokratische Legitimierung als Regierungschef vor die Nase setzten.

Marco d’Eramo

geboren 1947, studierte Physik und war Schüler von Pierre Bourdieu. Auf Deutsch liegt von ihm vor: „Das Schwein und der Wolkenkratzer. Chicago: Eine Geschichte unserer Zukunft“.

Apropos: Wenn jetzt immer über die „mangelnde Stabilität“ der neuen politischen Konstellation in Italien geseufzt wird, darf daran erinnert werden, dass Silvio Berlusconi durch einen schlichten Putsch zum Rücktritt gezwungen wurde, obwohl er über die stabilste parlamentarische Mehrheit verfügte, die je ein Regierungschef in der italienischen Republik sein Eigen nennen durfte.

Monti, Freund der Eliten

Mario Monti hatte die Unterstützung des italienischen Establishments (Fiat- Boss Sergio Marchionne, Ferrari-Boss Luca Cordero di Montezemolo und viele andere), des deutschfreundlichen Europas und der internationalen Finanzbranche (Monti arbeitete als Berater bei der größten Privatbank der Welt, Goldman Sachs), ja sogar der Vatikan und die italienische Bischofskonferenz standen ihm zur Seite – eine Verbindung, die man nun endgültig als überschätzt für den Ausgang italienischer Wahlen betrachten darf.

Die Niederlage der Troika, Merkels und des Europas der Banken wird aber noch eklatanter, wenn man das Wahlergebnis mit denen in den anderen europäischen Krisenstaaten vergleicht, den sogenannten Pigs. Die italienischen Wähler haben als Einzige dem Druck aus dem Norden widerstanden und die deutsche Austeritätspolitik rundum abgelehnt.

Im „realen Kapitalismus“, der Europa heute prägt, haben die Italiener als Erste die Banker offen herausgefordert – ein Mut, den weder die Griechen noch die Spanier, noch die Portugiesen hatten, die brav Regierungen nach Wunsch von Frankfurt und Berlin wählten. Sogar das mächtige Frankreich hat mit der Wahl François Hollandes nur leise protestiert.

Antideutsche Botschaft

In Italien haben die Gruppierungen, die gegen den deutschen Sparwahn, gegen Merkel, gegen die Diktatur des Spreads angetreten sind, 57 Prozent der Stimmen für das Abgeordnetenhaus geholt, also eine klare absolute Mehrheit. Die antideutsche Botschaft dieser Wahlen drückte schon ein Plakat des Berlusconi-Bündnisses aus: „Über die italienische Regierung entscheiden die Italiener.“ Darauf war ein Bild von Mario Monti zu sehen, der Merkel innig die Hand drückt.

Die Botschaft also ist klar: Zumindest die Italiener lassen sich nicht dazu bewegen, der eigenen Verelendung ihren demokratische Segen zu erteilen. Und vielleicht werden andere Völker Europas ihnen demnächst folgen.

Aber die italienischen Hofnarren haben noch eine zweite Botschaft im Gepäck – und die betrifft den Populismus. In den letzten Jahren hat nämlich die üble Tendenz Schule gemacht, alles, was die Leute tatsächlich wollen und brauchen, als Populismus zu bezeichnen. Ein bezahlbares und modernes Gesundheitssystem für alle? Du bist aber populistisch (insbesondere in den USA)! Eine Rente, von der man im Alter leben kann? Purer Populismus! Gut ausgestattete Universitäten, die Studierende und Eltern nicht in den Ruin treiben? Ich wusste doch, dass sich in dir ein Populist verbirgt!

Wem das Etikett des Populismus erst mal anklebt, der wird es so leicht nicht mehr los. Und es hilft auch nichts, wenn man darauf besteht, dass man doch nur soziale Grundbedürfnisse einfordert. Nun, am vergangenen Wochenende haben die Italiener mehrheitlich Populisten gewählt, pittoreske gewiss wie Grillo; und sie haben das getan, weil diese ihnen – zu Recht oder zu Unrecht – als die Einzigen erschienen, die die sozialen Rechte der Bevölkerung auf ihrer Agenda hatten.

Das Europa der Arbeitslosen

Nobelpreisträger Paul Krugman hat es so formuliert: „Niemand will die Bunga-Bunga-Politik verteidigen, aber diese einfache Frage muss man doch stellen: ’Was hat die Politik, die mit Monti heute als notwendig verkauft wird, eigentlich Italien Gutes getan oder auch Europa als Ganzes?‘ Monti war doch der von Deutschland eingesetzte Gouverneur, der einer ohnehin schon blutleeren Volkswirtschaft die Austerität als Heilmittel verschrieb; und nur wer diese totale Austerität betreibt, gilt in den herrschenden europäischen Kreisen als respektabel.“

Die italienischen Clowns haben nun ganz Europa gezeigt, dass der, der nicht breit ist, auf populäre Forderungen einzugehen, Populisten ernten wird – eine Erfahrung, die aus einer großen Wirtschaftskrise der Vergangenheit eigentlich noch allen geläufig sein müsste, insbesondere den Deutschen.

Die abschließende Botschaft dieser Wahl ist schließlich, dass das große Rennen Richtung Zentrum seinen Höhepunkt überschritten hat. Die Diktatur der Mitte hat abgedankt, nachdem uns die Politologen aller Länder jahrzehntelang in den Ohren lagen, dass man Wahlen in der Mitte gewinne, dass man gemäßigt sein und die extremen Flügel der Parteien kaltstellen müsse.

Schon George W. Bush hat auf seine Art bewiesen, dass es sich hierbei nur um Gemeinplätze handelte. Von der Mitte aus kann man sich vielleicht an der Regierung halten, aber mit gemäßigten Positionen kann man keine Wahlen mehr gewinnen – jedenfalls nicht bei 36 Prozent erwerbslosen Jugendlichen (Italien) oder bei 50 Prozent (Spanien), bei 60 Prozent (Griechenland) und wahrscheinlich auch nicht in Frankreich bei 20 Prozent. Für diese jungen Menschen gibt es keine „gemäßigten“ Lösungen, denen sie irgendetwas abgewinnen könnten.

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17 Kommentare

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  • R
    redpoz

    Zum Erst, muess ich sagen, dass es keine "Golpe" mit Berlusconi-Monti gab: Berlusconi hatte nicht eine so starke Mehrheit, schon seit sein Freund Fini die Partei gelassen hat.

    Wahrscheinlich, Berlusconi hat sogar Abgeordnete bezahlt, damit sie fuer ihn wahlen...

    Sicherlich, haben die Italiener die "austerity" Politik abgewahlt. Und damit Monti.

     

    Aber ich bin nicht einverstanden, dass die Katholische Kirche keine Einfluss in der Italienische Politik hat. Priester haben noch ein groses Einfluss, insbesondere in kleinen Dorfen.

  • W
    Wüstenratte

    Den italienschen Wahlausgang kann sich MuddiI. in ihrem Poesiealbum verewigen, denn der geht voll auf ihre Kappe. Die hält sich für die "Queen of Europe", ist doch klar das die Völker alles "wählen", bloß nicht Muddi.

  • V
    vic

    Dieser rechte Clown sieht ein bisschen aus wie Merkel. Haha

  • DL
    Daniel L

    Si, certo, Diktatur des Spreads. Böser Markt. Wo kommt denn in Zukunft das Geld her? Von Berlusconi? So wie das Volk im Süden abstimmen kann mit "Nö, wir sparen nicht", kann auch das im Norden abstimmen mit "Nö, wir geben nichts".

  • T
    Thomas

    Darf ich den Autor des Artikels an die folgenden Tatsachen erinnern?

    1) Berlusconi hatte 2011 in der ersten Kammer längst keine "stabile" Mehrheit mehr, sondern nur noch eine hauchdünne. Im Dezember 2010 bestand seine Regierung mit knapper Not und nur durch eine vorbereitende "Einkaufskampagne" unter unentschlossenen Abgeordneten der Opposition die Vertrauensfrage.

    2) Berlusconi wurde von niemandem zum Rücktritt gezwungen. Er trat zurück, weil seine Unternehmerseele im November 2011 ganz offen die Oberhand über den Politiker gewonnen hatte: Er fürchtete, dass bei einem Zinssatz für Staatsanleihen von über 7%, Tendenz steigend, und einem seit Wochen anhaltenden Absturz der Mailänder Börse sein Unternehmen Mediaset ernsthaft Schaden nehmen würde.

    3) Monti wurde von einer regulären Parlamentsmehrheit gewählt und etwa ein Jahr lang auch gestützt. Von "Putsch" kann überhaupt keine Rede sein. Oder war auch die Wahl Kohls durch den Bundestag 1982 ein Putsch?

    4) Berlusconi hat 2011 die Mehrheit eines Parlaments voller (angeblich) erwachsener Menschen dazu gezwungen, eine offensichtliche Lüge abzusegnen: Und zwar die, dass er, als er im Mai 2010 nachts bei der Mailänder Polizei anrief, um seine minderjährige Gespielin "Ruby" dort freizupressen, ernsthaft geglaubt habe, es handle sich um die "Enkelin von Mubarak" (damals noch im Amt). Ein Ministerpräsident, der so etwas macht, ist - ganz abgesehen von allem anderen, was man ihm vorwerfen kann - schlicht und einfach indiskutabel.

    5) Kurz: Der Autor verzerrt in seinem Beitrag völlig die Realität. Er verharmlost die vernichtende Wirkung, die die jahrelange Herrschaft Berlusconis auf die politische Kultur in Italien ausgeübt hat. Man kann diesen Narren (nicht: Clown) nicht einfach ungestraft wieder wählen.

    6) Was den anderen Clown, Grillo, betrifft, muss man sehen. Sein autoritäres Guru-Verhalten gegenüber dem aus seiner eigenen "Bewegung" 2012 gewählten Bürgermeister von Parma lässt nichts Gutes hoffen.

  • RV
    Rainer Veganer

    An diesem Beitrag ist viel Wahres dran. Nur frage ich mich, worum die Italiener nicht mehrheitlich die demokratische Linke als Alternative zu Monti und Berlusconi gewählt haben.

     

    Dass Berlusconi ein Clown ist, hat er hinreichend bewiesen. Wenn er berechtigte Kritik am Merkel-Kurs ausspricht, dann gewinnt er dadurch doch selbst nicht an Glaubwürdigkeit zurück. Er ist eben wirklich ein Populist, der sein Fähnchen in den Wind hängt.

     

    Über Grillo weiß ich weniger. Nur hatte ich den Eindruck, dass seine Bewegung den Wahlkampf als Clownerie inszeniert hat.

     

    Soll er bzw. seine FreundInnen im Parlament doch zeigen, dass sie etwas am System verändern wollen. Meines Erachtens ist dies eine echte Chance zur Veränderung, nachdem Bersani einer großen Koalition der etablierten Parteien eine Absage erteilt hat.

     

    Nur: It takes two to tango :D

  • B1
    Bürger 1972

    Die Italiener, Spanier, Griechen, Franzosen etc. können wir mir aus machen und wählen, was und wen sie wollen. Ich verstehe schon auch den Frust, wenn man Gefühl hat, dass einem eine Wahl indirekt "vorgegeben" wird. Auch ok.

     

    Aber noch mal: die grundsätzlichen Fehltentwicklungen wie Steuerhinterziehung, Rentenbezug, auch wenn den Berechtigte nicht mehr lebt, haben nicht wir in Deutschland zu verantworten. Und ich bin nicht bereit mein Geld dort zi versenken, wenn diese Missstände nicht beseitigt werden. Dann lieber kein Europa! Jedenfalls solange nicht, bis wir uns auf gemeinsame Standards verständigt haben ich empfehle eine aktuelle Bertelsmann-Studie zu 8 EU-Staaten zu diesem Fall. Die Missstände sind leider - liebe Austeritätsgegner - zumeist in den Strukturen der betroffenen Länder verhaftet.

     

    Übrigens ist nach Bertelsmann auch nicht Deutschland das Maß aller Dinge, sondern Schweden, nicht eben ein sehr kapitalistisches Land!

     

    Und diejenigen, die versuchen, die Deutschland die Situation für ein kommunistisches, anarchische und sozialistische Revolution zu "missbrauchen": längst enttarnt!

  • TL
    Tim Leuther

    Immer dieses lächerliche Relativieren.

     

    "Zwei Clowns haben in Italien gewonnen" - Aber Merkel ist auch irgendwie Clown

     

    "In Griechenland muss man einen Umschlag beim Arzt abgeben um behandelt zu werden" - Aber im Deutschen Gesundgeitssystem gibt es auch Korruption

     

    "In Afrika müssen viele Homosexuelle um Ihr Leben fürchten" - Aber hier gibt es doch auch Homophobie

  • UZ
    und zu

    Also das mit der Mitte lässt sich so nicht verallgemeinern - aber auf eine andere Weise:

     

    In einem funktionalen System, insbesondere einer als funktional wahrgenommenen Demokratie, strömen alle in die Mitte, sowohl Parteien als auch Bürger, weil sie wollen, dass der Status Quo gehalten wird.

     

    In einem dysfunktionalen System dessen sich die Bürger langsam bewusst werden, suchen sie nach neuen Antworten und einem neuen Status Quo, und der liegt eben immer rechts und links der Mitte.

    Darum deutet das Ergebnis in Italen (ebenso wie das in Griechenland mit Syriza auf der einen und den Faschisten auf der anderen, die gewonnen haben) darauf hin, dass Merkels Austeritätspolitik am Ende ist und die Gesellschaften gewissermaßen langsam auseinander brechen.

     

    Es bedeutet aber eben nicht, dass die Mitte nicht mehr attraktiv ist (nur, dass es sie es im Moment nicht ist), die Mitte verschiebt sich lediglich und gerade wird noch ausgefochten, wo diese Mitte in Zukunft sein wird.

  • M
    Mittisch

    Sehr guter Artikel.

     

    Es gibt in D keine einzige Partei, die sich glaubhaft und nachhaltig für die Benachteiligten einsetzt.

     

    Es wird "mittisch" ein bißchen rumgedockert. Aus der Opposition heraus Forderungen gestellt, die als Regierung niemals umgesetzt würden. Gilt für sämtliche unserer Parteien.

     

    Populismus, Wutbürger, Wörter des Jahres. Es wird herabgewürdigt und herabgewürdigt.

     

    Stell dir vor, es sind Bundestagswahlen und keiner geht hin.

     

    Da die Einsicht und Verantwortung der Mächtigen fehlt, dass unser Gesellschaftssystem sich weltweit komplett umstrukturieren muß, läuft es auf einen großen Machtkampf hinaus, den die jetzt Mächtigen nicht gewinnen werden.

     

    Verändern tun nur die, die sich nicht länger, auf welche Weise auch immer, verarschen lassen.

     

    Herr, wirf Hirn und Herz auf die Erde, danke.

  • HH
    Hans Haug

    Zu dem Artikel:

    Berlusconi wurde nicht weggeputscht, sondern Monti wurde vom Parlament gewählt, und er musste zurücktreten, als er keine Mehrheit mehr hatte: soviel zum verwendeten Begriff Putsch.

  • V
    Vorschlag

    Wenn Europa bzw. die EU und die bösen Deutschen, die ja anscheinend in der Vergangenheit die Italienische Regierung mit Waffengewalt gezwungen haben Schulden zu machen, so böse, böse und demokratiefeindlich sind, dann sollte Italien schleunigst aus der EU austreten. Denke niemand würde dies ernsthaft verhindern wollen. Wären sicher einem Menge EU-Politiker froh wenn sie diesen Berlus"culo" nicht mehr sehen müssen oder gar dessen amüsante Witzchen ertragen. P.S. was die Clowns betrifft, so muß sich Steinbrück in der tat entschuldigen; für jeden aufrechten, ehrlichen Clown ist es eine unsägliche Beleidigung mit jemandem wie Berlusculo verglichen zu werden.

  • EC
    echter Clown

    Im Namen meiner Kollegen verwahre ich mich,wie schon Bernhard Paul von Roncalli,dagegen das Berlusconie(Mafioso)und Beppe Grillo(Polpulist) als Clowns bezeichnet werden.Clowns wissen das es Zeit braucht um Erfolge zu erzielen.Mario Monti aber gab man nur Zeit von November 2011 bis 21. Dezember 2012 den Augiaststall Italien auszumisten.Das war wie der Versuch eine Infektion mit MRSA mit Aspirin innerhalb von 1 Woche heilen zu wollen.

  • M
    Mikki

    Das demokratisch organisierte Volk - auch das italienische Volk - bekommt und hat die politische Führung, die es sich gewählt hat.

    Dass die Italiener Berlusconi so viele Stimmen gegeben haben, ist allein ihr Problem. Das hat vielleicht auch, aber eben nicht ausschließlich mit Europa zu tun. Da gilt nichts anderes wie für die Tatsache, dass Monti so wenig Stimmen bekommen hat.

    So, wie Steinbrück sich mit seiner Äußerung ins Abseits manövriert hat, manövriert sich aber auch das italienische Volk mit seinem Bekenntnis zu Berlusconi ins Abseits. Und dafür sollten bitteschön weder die Troika, noch die Banken, noch Deutschland verantwortlich gemacht werden.

    Vielleicht sollte man sich in Italien mal grundsätzlich Gedanken darüber machen, ob das System so richtig (und auch europakonform) sein kann, in dem ein Ministerpräsident Gesetze schaffen kann, die ihn selbst der Strafverfolgung entziehen. Das wäre schon mal ein guter Anfang in Richtung europäischer Integration und allemal besser als die schon begonnene schrittweise Isolation.

    Natürlich haben die Banken Dreck am Stecken, und natürlich verfolgt auch Deutschland mit seiner Europapolitik nationale Interessen. Das macht die anderen Länder wie Italien aber nicht automatisch zum "Opfer", das quasi gezwungen ist, extrem und exotisch statt mittig zu wählen. Vielleicht liegt das Erfolgsrezept, wenn es das denn gibt, gerade darin, mittig zu wählen. Dann wird es Zeit, dass die italienischen Wähler ganz schnell umdenken, um wieder für u.a. eine effektive Vertretung italienischer Interessen in Europa zu sorgen.

  • F
    Fred

    Wenn Europa gerettet wird, dann vom Süden. Dort kann man noch links. Dort gilt Solidarität nicht als Schimpfwort. Die Robotniks und Technokraten um Merkel bekommen endlich den Gegenwind, den unser Europa zum Überleben braucht.

  • V
    vic

    Bravo.

    Merkel, die Regentin von Europa- das glaubt die wirklich.

    Da wählen die ItaienerInnen wen sie wollen- unfassbar.

  • PM
    Peter Meisel

    Wo ist das Problem? Seit der spätrömischen Dekadenz (der echten) gab es amtlich die Saturnalien, die gefeiert wurden mit der Umkehrung der Verhältnisse: die Herren,im Haus, die Regierenden mussten die Sklaven bedienen und sich deren freie Meinungsäusserungen gefallen lassen. Zu der Zeit hatte Mann noch Hetären für die Lust, Konkubinen (im Haus) für die Bequemlichkeit und die Ehefrauen (weggesperrt) für die legitimen Nachkommen (seit Perikles 451 v. Chr.)

    Die Fürsten und Monarchen im Mittelalter hielten sich profi Clowns am Hofe, die ihnen die öffentliche Meinung laufend berichteten (Eulenspiegel).

    In unserer neorömischen Dekadenz pflegen wir diese Saturnalien zu Fasching, Karneval etc und stürmen am schmutzigen Donnerstag die Rathäuser um symobolisch die Machtverhältnisse umzukehren. Das ist alles leider nur kurz befristet!

    Jetzt wird der Spass aber ernst? Die Regierenden sind dermassen autistisch geworden, dass mit Brot & Spielen dem Volk die Sklavenarbeit erträglich gemacht werden muss. Die Ernährung wird dabei einer Nahrungsmittelindustrie delegiert, die wiederum den Preisdruck an die Futtermittelindustrie weiterreicht.

    - dies wird sich bei einer "Freihandelszone mit den USA zusätzlich auf genmanipulierte Nahrungsmittel erweitern.

    - der Prozess funktioniert auch in der Politik unserer Lobbykratie. Die Industrie schreibt die Gesetzesvorlagen selbst, die Politiker, oft mit promoviertem Kompetenzversprechen, nicken diese Vorlagen ab und Industrie abhängige Medien verkaufen die Politiker mit ihren Un-Taten als das Gute, dem Volk. Z.B. Die Ehe für Schwule und Lesben, die gar keine Nachkommen zeugen wollen und können. Auch dort geht es um Geld und die Sippenhaftung durch das Familienbuch, eine Entlastung für den Staat.

    Diese sytemimmanente Umkehrung der Macht ist strukturell derart festgeschrieben, dass es jetzt wieder Clows, Harlekine bedarf um diese Strukturen entweder als Machtmonopol zu beherrschen (Berlusconi) oder aufzubrechen (Beppe Grillo).

    Den echten Komiker Grillo würde ich für Deutschland empfehlen. Die Piraten, die der Name schon sagt, haben es versucht! Ich wünsche mir etwas Neues, Kreatives!