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Debatte Geldschöpfung der EZBDas Geld kommt aus dem Nichts

Kommentar von Dirk Ehnts

Die Folgen sind ungeheuer. Die herrschende Lehre in der Ökonomie ist falsch – sagt die Bundesbank. Das ist eine Revolution.

Geld­schöp­fung, die: Schaffung von Geld beispielsweise durch die Zentralbank Foto: Eléonore Roedel

M oderner Kapitalismus ist ohne Geld nicht denkbar. Wir tauschen nicht Güter gegen Güter, sondern kaufen Waren mit Geld. Die spannende Frage für die Ökonomie lautet also: Woher kommt dieses Geld? Die Bundesbank hat jetzt eine Antwort geliefert, die revolutionär ist: Geld entsteht aus dem Nichts – durch Buchungsvorgänge bei den Banken. Dies mag zunächst abstrakt klingen, aber die Folgen sind ungeheuer. Denn die Bundesbank sagt damit, dass die herrschende Theorie in der Ökonomie falsch ist. Millionen von Studenten lernen an den Universitäten ein Märchen.

Dieses Märchen verbreitet zum Beispiel der Harvard-Professor Gregory Mankiw, dessen Lehrbuch „Makroökonomie“ weltweit millionenfach verkauft wurde und auch an deutschen Universitäten gern genutzt wird. Für Mankiw sind die Banken nur Zwischenhändler, „Intermediäre“ genannt: Von ihren Sparern bekommen sie angeblich das Geld, das sie dann an andere Kunden weiterverleihen.

Diese Idee mag einleuchtend klingen, hat aber mit der Realität absolut nichts zu tun. Die Banken benötigen überhaupt keine Sparer, um Kredite zu vergeben. Sie sind keine „Interme­diäre“, sondern schöpfen das Geld einfach selbst. Dies schreibt die Bundesbank unmissverständlich. Ihre Prosa ist zwar etwas umständlich, trotzdem lohnt es sich, den zentralen Absatz einmal zu lesen: „Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, verbucht sie die damit verbundene Gutschrift für den Kunden als dessen Sichteinlage […] Dies widerlegt einen weit verbreiteten Irrtum, wonach die Bank im Augenblick der Kreditvergabe nur als Intermediär auftritt, also Kredite lediglich mit Mitteln vergeben kann, die sie zuvor als Einlage von anderen Kunden erhalten hat.“ Harvard-Professor Gregory Mankiw mit seiner „Intermediär“-Theorie, so sagt es die Bundesbank ganz deutlich, unterliegt also einem „weit verbreiteten“ Irrtum.

Neues Geld ist in der Welt

Dirk Ehnts

arbeitet am Lehrstuhl für Makro­ökonomie an der TU Chemnitz mit dem Schwerpunkt Internationale Wirtschaftsbeziehungen. Im Metropolis-Verlag erschien 2016 von ihm: „Geld und Kredit: eine €-päische Perspektive“.

Worte wie „Gutschrift“ oder „Sichteinlage“ klingen kompliziert, aber man kann sich die Geldschöpfung einer Bank wie die Spielstandsanzeige in einem Fußballstadion vorstellen: Erst fallen die Tore auf dem Rasen – dann wird die Anzeigetafel entsprechend angepasst.

So ist es bei den Banken auch: Erst sagt die Bank einen Kredit zu – und dann bucht sie dieses Geld einfach auf das Konto ihres Kunden. Das Geld gab es vorher nicht, sondern es entsteht erst durch diese Kreditvergabe.

Nehmen wir an, ein Kunde beantragt ein Darlehen von 1.000 Euro, um ein gebrauchtes Auto zu kaufen. Dann bucht die Bank dieses Geld auf sein Konto. Fertig. Neues Geld ist in der Welt. Wenn der Kunde die geliehenen 1.000 Euro an die Bank zurückzahlt – dann ist dieses Geld wieder verschwunden.

Diese Erkenntnis hat enorme Konsequenzen, denn die Bundesbank sagt: Schulden und Ersparnisse stehen in einem ganz anderen Verhältnis zueinander, als sich dies die berühmte „schwäbische Hausfrau“ vorstellt. Diese Klischeedame denkt bekanntlich, dass Sparen immer gut ist – und Schulden eher zu vermeiden sind. Auch die deutsche Sprache legt nahe, dass Kredite von Übel sind. Denn das Wort „Schulden“ erinnert sofort an die moralische Schuld. Wer Kredite aufnimmt, gilt schnell als anrüchig.

Zwei praktische Fragen

Doch wie die Bundesbank zeigt, sind die Kredite die Treiber der Wirtschaft. Ohne sie gäbe es weder Investitionen noch Wachstum. Erst wenn Kredite aufgenommen werden, können auch Ersparnisse entstehen. Die Welt der schwäbischen Hausfrau steht also kopf: Ersparnisse sind nur der Restposten, gesamtwirtschaftlich gesehen.

Um bei dem banalen Beispiel vom Autokauf zu bleiben: Wenn jemand einen Kredit von 1.000 Euro aufnimmt, um eine gebrauchte Karre zu erwerben – dann wird Geld geschöpft, das anschließend zum Verkäufer wandert, der nun eine zusätzliche Ersparnis von 1.000 Euro hat. Diese Ersparnis ist genauso „aus dem Nichts“ entstanden wie der Kredit. Oder auf Ökonomisch ausgedrückt: Die Schulden des einen sind das Finanzvermögen des anderen.

Bleiben zwei praktische Fragen: Wenn Banken gar keine Ersparnisse benötigen, um Kredite zu finanzieren – warum wird dann überhaupt gespart? Und warum wurden, zumindest in der Vergangenheit, zum Teil sehr hohe Zinsen für diese Spareinlagen gezahlt, obwohl sie doch eigentlich überflüssig sind?

Um beim Sparen zu beginnen: Die meisten Bundesbürger wissen in­stink­tiv, warum sie gern Geld zurücklegen würden. Sie wollen für die Zukunft vorsorgen. Sie sparen für ein Haus, fürs Alter oder für die Ausbildung ihrer Kinder. Auch die Unternehmen wollen gern sparen. Denn ein Gewinn fällt nur an, wenn die Einnahmen höher sind als die Ausgaben.

Die Deutschen sparen

Haushalte und Unternehmen sparen also oft auch dann, wenn es kaum oder gar keine Zinsen gibt. Dieses Phänomen ist auch jetzt wieder gut zu beobachten: Obwohl viele Banken sogar Negativzinsen verlangen oder ihre Kontogebühren erhöhen, sparen die Deutschen unverdrossen weiter.

Damit stellt sich aber verschärft die zweite Frage: Warum gibt es überhaupt Zinsen, wenn doch sowieso munter gespart wird – und die Banken diese Ersparnisse eigentlich gar nicht benötigen, um Kredite zu vergeben?

taz.am Wochenende

Ein junger Mann kommt als Flüchtling aus dem Irak nach Sachsen. In einem Supermarkt gibt es Ärger, vier Männer fesseln ihn an einen Baum. Kurz bevor ihnen der Prozess gemacht werden soll, findet man den Flüchtling tot im Wald. Zufall? Das fragt die taz.am wochenende vom 1./2. Juli. Außerdem: Rapper Bushido versucht sich an sein Praktikum im Bundestag zu erinnern. Und: Sechs Seiten zur Entscheidung im Budnestag für die Ehe für alle. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Der Zins ist die Kredit- und Inflationsbremse. Wenn Geld aus dem Nichts entsteht, indem Darlehen vergeben werden – dann könnte theoretisch unendlich viel Geld in die Welt gepumpt werden. Wenn jedoch unbeschränkt investiert und konsumiert wird, dann sind irgendwann sämtliche Fabriken und Arbeitskräfte ausgelastet, und es setzt eine Inflation ein.

Genau in diesem Moment greifen die Notenbanken ein: Sie setzen den Zins hoch, sobald eine Inflation droht. Wenn aber die Zinsen steigen, ist es unattraktiv, noch Kredite aufzunehmen. Die Geldschöpfung endet vorerst.

Was folgt?

Mit ihren Ausführungen zur Geldschöpfung hat die Bundesbank Geschichte geschrieben – in Deutschland. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass andere Notenbanken schneller waren. Die Bank of England hat bereits 2014 auf ihrer Homepage erklärt, wie das Geld aus dem Nichts entsteht.

Aber was folgt daraus politisch? Dazu sagt die Bundesbank nichts. Doch ist offensichtlich, dass Schäubles Politik der „Schwarzen Null“ genauso falsch ist wie der Sparkurs in der Eurozone.

Um noch einmal an die Darstellung der Bundesbank zu erinnern: Ersparnisse können nur entstehen, wenn Kredite aufgenommen werden. Schulden und Vermögen gehören zusammen. Aber genau diese Realität igno­rieren die meisten Deutschen und auch ihr Finanzminister beharrlich. Sie vertrauen lieber ihrem Bauchgefühl: Sie möchten zwar unbedingt sparen – aber gleichzeitig die Staatsschulden abbauen. Das funktioniert nicht. Wenn Schäuble spart und jede Kreditaufnahme vermeidet, dann verhindert er, dass seine Bürger neues Vermögen aufbauen können.

Noch schlimmer ist es in der Eurozone: Die Krisenländer werden gezwungen, ihre Staatsausgaben zusammenzustreichen, und sollen möglichst keine neuen Schulden machen – sondern alte Kredite zurückzahlen. Auch das kann nicht funktionieren.

Schäuble soll Kredite aufnehmen

Denn woher sollen die Einnahmen kommen, um die Schulden abzubauen? Wer Kredite zurückzahlt, spart faktisch. Aber Ersparnisse kann es nur geben, wenn irgendjemand neue Schulden macht.

Mainstreamökonomen mokieren sich über diese Tatsache gern mit der Sentenz, es sei Unsinn, „eine Schuldenkrise mit neuen Schulden zu bekämpfen“. Es mag zwar paradox sein, aber genau so funktioniert die Welt des Geldes, wie die Bundesbanker nun dargelegt haben.

EZB-Chef Mario Draghi hat als langjähriger Notenbanker schon weit früher als die Bundesbank verstanden, dass neue Staatsschulden nötig sind. Keine Rede, in der er nicht dazu aufruft, dass die starken Euroländer, vorneweg Deutschland, „Fiskalpolitik“ betreiben sollen. Damit ist gemeint: Schäuble soll endlich Kredite aufnehmen. Investitionsprojekte gäbe es genug. So sind sich alle einig, dass das Internet die ökonomische Zukunft ist – aber leistungsfähige Internetverbindungen fehlen an vielen Orten Deutschlands.

Außerdem gibt es jetzt noch ein ganz neues Investitionsprojekt, das zwingend ist: Alle Universitätsbibliotheken benötigen neue Lehrbücher über die „Makroökonomie“. Mankiw und alle anderen Mainstreamökonomen haben endgültig ausgedient, seit sich die Bundesbank zu Wort gemeldet hat.

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21 Kommentare

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  • Was soll daran neu sein? Das ist längst akzeptierte akademische Lehrmeinung, nur bei Laien nicht sehr bekannt. Interessanter sind da die Implikationen, z.B. für ein Grundeinkommen. https://le-bohemien.net/2013/08/29/woher-das-geld/

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Natürlich wird, wenn ich einen Kredit für z.B. ein Haus aufnehme, nicht das Sparbuch von Oma Erna geleert. Bei Kreditauszahlung wird zunächst Geld giral "aus dem Nichts" geschöpft. Demgegenüber steht aber sehrwohl eine Sparleistung, quasi posthum, nämlich das Esparen der Tilgungsrate von meinem Arbeitseinkommen der nächsten Jahre. Und hinter diesem Einkommen steht eine sehr reale Arbeitsleistung und nicht das Nichts. Deswegen kann ein Sytem nicht funktionieren, bei dem ich Kredite mit Krediten bezahle, die ich auch wieder nicht tilge kann, weil die Arbeits/Wirtschaftsleistung hierzu fehlt. Der Ruf der taz nach dem Ende der Austeritätspolitik ist also nicht mit den zitierten richtigen Aussagen der Bundesbank zu begründen. Dieser Weg führt in eine gigantische Inflation. Die Entwertung entsteht durch die Gegenwertlosigkeit der "Kredit auf Kredit" Türme.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Die sachliche Darstellung ist gut gelungen, die politischen Schlussfolgerungen nicht. Wenn ein Staat seine Schulden nicht bedienen kann, dann soll er noch mehr machen? Die taz vergisst, dass das System eben nur dann funktioniert, wenn der Schuldner auch tilgen kann. Die Schulden des einen sind das Vermögen des anderen, das stimmt. Wenn man dem Überschuldeten noch mehr Schulden zugesteht, die er auch nicht zurückzahlen kann, dann wird das Vermögen des Gläubigers vernichtet. Ist das der Weg, den die taz befürwortet?

  • Ergänzung:

    das Gezeter um die "Revolution" ist weit überzogen, zumal a l l e Handelsschüler des 2. Jahrganges dies wissen, wenn sie verstanden haben, wie man

    1.) einen Kredit

    2.) dessen Tilgung

    3.) den Zinserlös vonseiten einer Bank v e r b u c h t!

    Dass Volkwirte dies immer negierten - lösst tief blicken aber bestätigt die allseits bekannte Annahme, dass die Ökonomen das Geld pser se - besser gesagt: DAS GELD AUS DEM NICHTS! - nicht verstanden haben ... ;)

  • Im Prinzip so weit - so gut: was leider nicht erwähnt wird, ist

    - dass das Buchgeld, also DAS GELD AUS DEM NICHTS, das die Banken bei Kreditvergabe frei erfinden ..., k e i n e gesetzliche Basis hat,

    - und dass mit dieser "Erkenntnis" die fundamentale Gleichung der Volkswirtschaftslehre: Sparen = Investieren ... total ausgehebelt wird, weil eben niemand sparen muss, damit das Geld für die Finanzierung der Investitionen zustande kommt !

    _ _ _

    Letzteres traut sich kein Volkswirt laut sagen ... denn damit sind nicht nur alle Lehrbücher "for the fish" - sondern alle Univ.Profs. müssten zugeben, nicht mal das Geld - die GELDERZEUGUNG - und die daraus abzuleitenden Zusammenmhänge mit der REALEN WELT DA DRAUSSEN - der Realökonomie - verstanden zu haben...

  • Das ist so nicht ganz richtig. Die Bundesbank war hier Vorreiter und hatte schon im Jahre 2008 ihre falsche Darstellung der Geldschöpfung korrigiert, dies aber nicht an die große Glocke gehängt. 2014 hatte dann die BoE nachgelegt und 2016 dann auch endlich die SNB.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte achten Sie auf unsere Netiquette.

    Die Moderation

  • Ich finde es sehr wichtig, dass dieses Thema noch viel breiter in den Fokus rückt. Es gibt schon seit Jahren Tagungen und Überlegungen mit Politikern, doch es passiert nichts. Das Schuldgeldsystem kann auf Dauer nicht funktionieren.

    • @Sylvana Lippert:

      Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette.

      Die Moderation

  • Der Autor des Textes hat das ganze System der Kreditvergabe nicht verstanden.

    In erster Linie geht es darum, daß dem Geld auch ein entsprechender Warenbestand gegenübersteht. Und wenn eine Bank mit einer Kreditvergabe "Geld schöpft" hat das immer zur Folge, daß der Warenbestand der Volkswirtschaft vergrößert wird.

    Wenn der Kreditnehmer den Kredit nicht bedienen kann (keinen Gewinn mit den Produktionsmitteln macht oder über seine Verhältnisse lebt) wird der vergrößerte Warenbestand wieder eingezogen. Gleichzeitig muß die Bank den Kredit ausbuchen (= Geld verschwindet wieder). Die Bank hat in dem Fall auch einen Verlust.

    Kann der Kredit allerdings bedient werden, steht der ausgeweiteten Geldmenge auch ein größerer Warenbestand gegenüber.

    Welche Rolle die Banken dabei spielen ist volkswirtschaftlich betrachtet völlig irrelevant. In der Praxis sind die Banken "nur" dafür da zu entscheiden ob die Kreditvergabe sinnvoll und die Kreditbedienung erwartbar ist.

    Das die Banken an dieser Stelle und bei der Beratung zur Ersparnisverwendung gelegentlich versagen (US-Hypothekenkredite!) hat mit der Systematik wiederum überhaupt nichts zu tun. Wünschenswert wäre natürlich das diejenigen Banken bzw. Kreditvergabesystem die umfänglich und systematisch scheitern aus dem Markt entfernt werden können. Das ist schwierig ("too big to fail" und so) aber auch das ist kein grundsätzliches Problem. Es ist einfach nur so, daß die Last der Ausbuchungen(s.o. Geld verschwindet wieder) vom Steuerzahler getragen wird, wenn die Verluste der Banken vom Staat übernommen werden. Irgendeiner leidet halt immer wenn es weniger Geld (und damit weniger Waren) gibt.

    Allerdings beobachten wir seit ca. 200 Jahren eine ziemlich stetige Ausweitung des Geld- und Warenbestandes (=mehr Wohlstand für alle).

    Das System funktioniert also grundsätzlich. Das da wo Menschen Entscheidungen zu treffen haben auch mal Fehlentscheidungen getroffen werden ist nun wirklich trivial und kein Grundsatzproblem.

    • @Werner W.:

      Ich sehe nicht, wo ihre Ausführungen dem Artikel widersprechen, und kann daher nicht verstehen, wieso Sie behaupten, der "Autor des Textes habe das ganze System der Kreditvergabe nicht verstanden."

      • @dandelion:

        Im Text wird dargelegt, daß schlicht "neues Geld" geschöpft wird ohne das es dazu eine Verbindung zum Warenbestand der Volkswirtschaft gibt. Dies ist ein wesentlicher Punkt und genau diesen Punkt bestreite ich.

    • @Werner W.:

      > Allerdings beobachten wir seit ca. 200 Jahren eine ziemlich stetige Ausweitung des Geld- und Warenbestandes (=mehr Wohlstand für alle).

       

      Hahaha! Dann müsste es der gesamten Welt ja ziemlich gut gehen, nicht? Geld ist das vorherrschende Instrument zur Ungleich-Verteilung, und wo Leute mehr haben, haben Andere weniger. Wir relativ reichen Europäer können uns natürlich der Illusion hingeben, es ginge allen besser.

    • @Werner W.:

      Nicht so voreilig, lieber Werner W. Was Sie hier schreiben ist alles korrekt, steht aber nicht im Widerspruch zu Herrn Ehnts. In einem Beitrag können nicht alle Facetten der Geldschöpfung erläutert werden. Die Grenzen der Geldschöpfung/Kreditexpansion liegen letztlich in der Höhe der gewünschten Inflationsrate. Und die Inflationsrate wird insbesondere durch die Staatsverschuldung determiniert. Staatsschulden werden typischerweise nicht zurückgezahlt, sondern revolviert und sind letztlich nichts anderes als vergangenes Nichts. Dieses vergangene Nichts determiniert in seiner Höhe die Inflationsrate.



      LG Michael Stöcker

       

      Kommentar gekürzt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette.

      Die Moderation

      • @Michael Stöcker:

        Inflation/Deflation sind doch nur Indikatoren für ein auseinanderklaffen des Geld-und Warenbestandes. Man kann sich immer eine Inflationsrate wünschen wie man sich eine besonders tolle Frau wünschen kann. Einen direkten Einfluß haben weder der Staat noch die anderen Wirtschaftssubjekte.

        Ihre Ausführungen haben mit dem Thema gleich gar nichts zu tun. Und das generell "die Inflationsrate ... durch die Staatsverschuldung determiniert" ist sicher nicht allgemeingültig und möglicherweise auch falsch.

  • das hört sich ja super easy an…

     

    nur, während der 1000€ Kredit für das Auto noch eine materielle Grundlage besaß, und in einer befristeten Zeit zurückgezahlt wurde,

    spendiert sich die EZB ihre Kredite selbst - Fälligkeit… irgendwann mal.

     

    Mit diesen neuen Krediten wird überhaupt nichts geschaffen, sondern die Verschuldung nur weiter in die Zukunft verschoben,

    und zwar in die Ewigkeit - der einzige Ort, an dem auch grenzenloses Wachstums möglich ist.

     

    In der Zwischenzeit werden durch die Geldverdünnung Ersparnisse entwertet, die einst eine reale materiellen Entsprechung besassen, also hart erarbeitet wurden.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Neu ist diese Erkenntnis auch nicht, neu ist nur, das die Notenbanken das offen zugeben.

    Was mich am Text erschrickt, ist das dieser Zustand behandelt wird wie ein Naturgesetz. Banken können nicht einfach Euros "erfinden", wenn der Gesetzgeber und das Finanzsystem ihnen das nicht explizit ermöglichen.

    Jede Bank kann natürlich eine eigene Währung herausbringen, wie es in den USA auch vor der Gründung der Fesderal Reserve war. Aber hier geht es um Euros und nicht um irgendweine Privatwährung. Diese Euros werden von der Europäischen Zentralbank in automatischen Kreditvergabesystemen an die Banken ausgegeben, wobei ein Vielfaches des Wertes der eingebrachten "Sicherheiten" erzeugt werden kann.

     

    Wenn die Banken Geld verleihen, das sie gar nicht haben, worin besteht dann ihr gesellschaftlicher Zweck? Welche Art von Verantwortung können die Banken denn dann übernehmen, wenn es nicht ihr eigenes Geld ist? Die ganze kapitallistische Theorie beruht auf der Idee, das Eigentum Verantwortlichkeit mit sich bringt, als "gesundes" oder "wohl verstandenes" Eigeninteresse.

    Wenn Banken aber nicht einmal pleite gehen können, da ihre Schulden (Fehlinvestitionen) sozialisiert werden (im "Rettungschirm"), dann gibt es überhaupt keine Grundlage für verantwortliches wirtschaftliches Handeln bei den Banken / Bankiers.

  • Zitat aus dem Artikel: "Ersparnisse können nur entstehen, wenn Kredite aufgenommen werden". Das halte ich für einen Irrtum. Selbstverständlich können Ersparnisse ohne Kredite entstehen, zum Beispiel wenn etwas Neues ohne Kredite erarbeitet wurde.

     

    Zu dem Artikel kann ich nur Goethes Faust zitieren: "Sucht nur, die Leute zu verwirren, sie zu befriedigen ist schwer".

  • "Das ist eine Revolution."

     

    Echt jetzt? Und wie hat die BuBa bisher die Geldmengenerweiterungen erklärt? Und zwar über den BIP-Wachstum hinaus?

  • Der Nobelpreisträger für Chemie Fredrick Soddy (Pionier der ökologischen Ökonomie) hatte schon in den '20-'30 Jahren die private Geldschöpfung gut beschrien und angeprangert - und Reformvorschläge formuliert. https://de.wikipedia.org/wiki/Frederick_Soddy http://www.nytimes.com/2009/04/12/opinion/12zencey.html

    Mr. Soddy’s (1877-1956) Ecological Economy

    "Soddy’s fifth proposal (1926), the only one that remains outside the bounds of conventional wisdom, was to stop banks from creating money (and debt) out of nothing. Banks do this by lending out most of their depositors’ money at interest — making loans that the borrower soon puts in a demand deposit (checking) account, where it will soon be lent out again to create more debt and demand deposits, and so on, almost ad infinitum.

     

    One way to stop this cycle, suggests Herman Daly, an ecological economist, would be to gradually institute a 100-percent reserve requirement on demand deposits. This would begin to shrink what Professor Daly calls “the enormous pyramid of debt that is precariously balanced atop the real economy, threatening to crash.”

  • Es mutet seltsam an, dass diese sogenannten Finanzkritikern schon lange bekannten Tatsachen nun erst offiziell bekanntgegeben werden.

     

    Trotz alldem geht der Artikel m.E. nicht genügend in die Tiefe, denn er verschweigt die Wirkung des Kreditzinses. Wer ein Auto kauft, zahlt in der Regel anderthalb, und beim Hauskauf werden auch gerne zwei Wohnstätten abgezahlt. Dies ist jedoch real erwirtschaftetes Geld, kein aus der Luft geschaffenes Buchgeld, und es erscheint fraglich, ob die Überschüsse des Kreditgeschäfts einfach so ausgebucht werden.

    (Auch ob Kredit-Buchgeld wieder völlig aus der Welt geschaffen wird, sollte besser einer Buchprüfung anvertraut werden, wenn solche Falschaussagen wie die zitierte von Herrn Mankiw zum Lehrgebäude gehören. Es sei nicht vergessen, dass der Bank beim Kreditausfall gerne ein Gegenwert übertragen wird, wie etwa das nicht ganz abgezahlte Haus mit Grundstück; der Kreditnehmer aber meist noch verschuldet bleibt.)

     

    Mithin ist es nicht die Inflation, die die Zentralbanken fürchten, sondern die Deflation. Die Inflation ist notwendiger Teil des Kreditspiels. Nur wenn das Geld an Wert verliert, damit theoretisch eine Lohn- und Einkommenserhöhung zum Ausgleich einhergeht, kann der Kreditnehmer sein Einkommen so erhöhen, dass er den Kredit mit Zinsen zurückzahlen kann – zumindest auf eine große Menge von Kreditnehmern hin betrachtet. Das "Stabilitätsziel" der EZB definiert sich dann auch als 2%ige jährliche Inflation, entsprechend einer Halbierung der Kaufkraft in 25 Jahren.

     

    Gewinnt das Geld durch Deflation an Kaufkraft, gibt es keine Erhöhung des nominalen Einkommens – man bekommt ja eh schon mehr für sein Geld. Dann fällt es Kreditnehmern zunehmend schwer, die Raten + Tilgung abzudecken, und das System bricht in sich zusammen.