piwik no script img

Debatte Agenda 2010 und 2020Die Mythen um Hartz IV

Kommentar von Peter Bofinger

Der Erfolg der deutschen Wirtschaft hat mit den Reformen nichts zu tun. Er verdankt sich dem Export deutscher Autos nach China und Indien.

Der deutsche Erfolg hat nichts mit Gerhard Schröder zu tun. Bild: dpa

L iest man die Kommentare zum zehnjährigen Jubiläum der Agenda 2010, könnte man leicht denken, mit Schröders Regierungserklärung vom 14. März 2003 sei die deutsche Wirtschaft neu erfunden worden. Nach Jahren der Stagnation und der Massenarbeitslosigkeit habe sich Deutschland durch die Hartz-IV-Reformen wie Phönix aus der Asche erhoben und sei nun das Vorbild für alle Länder, die unter Problemen der Wettbewerbsfähigkeit leiden.

Unstrittig dürfte sein, dass die Stärke der deutschen Wirtschaft in erster Linie auf seine Industrie und deren hohe Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen ist. Mit seinen Premium-Automobilen und einem technologisch weltweit führenden Maschinenbau war Deutschland optimal positioniert, um der Nachfrage von Ländern wie China oder Indien zu befriedigen.

Aber was haben diese Exporterfolge mit Hartz IV zu tun? Kann man ernsthaft behaupten, BMW sei deshalb so stark auf dem chinesischen Markt, weil der Konzern im Zuge der Arbeitsmarktreformen in größerer Zahl Mitarbeiter eingestellt habe, die vor Hartz IV als Langzeitarbeitslose Arbeitslosengeld II beziehen konnten?

Bild: dpa
PETER BOFINGER

ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Würzburg. Seit 2004 gehört er dem Rat der "fünf Wirtschaftsweisen" an. Er wurde von den Gewerkschaften empfohlen. Zuletzt publizierte er folgende Buchtitel: "Ist der Markt noch zu retten? Warum wir jetzt einen starken Staat brauchen." Econ Verlag, 2009. Und: "Zurück zur D-Mark?" Droemer Knaur, 2012.

Schröder war’s? Nein, China!

Nein, der Erfolg der deutschen Wirtschaft hat nichts mit Gerhard Schröder zu tun, sondern vor allem mit der Tatsache, dass Deutschland mit seinen kleinen und mittelständischen Unternehmen wie auch mit vielen Großunternehmen, die sich im Familien- oder Stiftungsbesitz befinden, über eine von Nachhaltigkeit gekennzeichnete Unternehmenslandschaft verfügt.

Durch ihre weitgehende Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt können es sich viele unserer Unternehmen erlauben, eine langfristig ausgerichtete Unternehmenspolitik zu verfolgen. Dies war und ist ein entscheidender Vorteil gegenüber Unternehmen, die von am kurzfristigen Gewinn interessierten Investoren abhängig sind.

So gesehen waren die düsteren Einschätzungen, die man in den Jahren 2003 und 2004 zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen vernehmen konnte (vor allem Hans-Werner Sinns „Ist Deutschland noch zu retten?“) klare Fehldiagnosen, die ich schon damals in meinem Buch „Wir sind besser, als wir glauben“ (2005) kritisiert habe. Da unsere Wirtschaft schon vor der Agenda nicht fundamental krank gewesen war, gab es auch nichts Fundamentales zu therapieren.

Nun ließe sich argumentieren, man dürfe die Agenda 2010 ja nicht nur im engen Sinne der Arbeitsmarktreformen verstehen. Vielmehr habe sie – nicht zuletzt durch die Liberalisierung der Leiharbeit – zu einer Politik der Lohnzurückhaltung geführt, die wesentlich zu den deutschen Exporterfolgen beigetragen habe. Aber auch dieser Zusammenhang ist alles andere als eindeutig. Bei einem Personalaufwand, der rund 20 Prozent des Gesamtaufwands eines Industrieunternehmens ausmacht, würde ein Luxus-BMW bei um 10 Prozent höheren Löhnen nicht 100.000 Euro, sondern 102.000 Euro kosten. Würde das einen chinesischen Millionär veranlassen, statt des BMW einen Chrysler oder einen Toyota zu kaufen?

Und was die Anhänger der Agenda 2010 völlig übersehen, ist die Tatsache, dass die sich Phase der Lohnzurückhaltung bereits im Jahr 2000 eingesetzt hatte, also lange vor der Umsetzung von Hartz IV im Jahr 2005. Und nur zwei Jahre später kam die Trendwende in der Lohnpolitik, die seither einen größeren Teil der zuvor entstandenen Einbußen der Arbeitnehmer kompensiert hat, ohne dass sich das nachteilig auf die Arbeitsmarktentwicklung oder die Exportfähigkeit unserer Unternehmen ausgewirkt hätte.

Beschäftigung? Nur im Osten

Auch die Arbeitsmarkterfolge von Hartz IV sind alles andere als eindeutig. Bei einer oberflächlichen Betrachtung könnte man argumentieren, dass es dadurch zu einem Rückgang der Arbeitslosenzahl von über 5 Millionen Anfang 2005 auf zuletzt nur noch 2,9 Millionen gekommen sei. Dabei muss man jedoch bedenken, dass die Einführung von Hartz IV die Arbeitslosigkeit statistisch massiv noch oben gedrückt hat und dass sich die deutsche Wirtschaft im Frühjahr 2005 in einem absoluten Konjunkturtief befand.

Vergleicht man die heutige Arbeitsmarktsituation mit einem Zeitpunkt in der Vergangenheit, der ebenfalls durch eine gute gesamtwirtschaftliche Auslastung gekennzeichnet war, sieht das Bild schon ganz anders aus. So waren 2012 nur 877.000 weniger Menschen ohne Arbeit als im Januar 2001, wovon der größte Teil auf Ostdeutschland entfällt (638.000).

In Westdeutschland gibt es heute nur 230.000 weniger Erwerbslose als im Januar 2001. Hier hat sich im vergangenen Jahrzehnt also gar nicht so viel Fundamentales geändert. Demgegenüber kam es in Ostdeutschland einfach mit der Zeit zum Abbau der durch Vereinigung erzeugten Massenarbeitslosigkeit.

Vorbild für Europa? Nein!

Aber selbst wenn man sich der These anschließen würde, dass die Agenda 2010 zur Lohnzurückhaltung geführt habe und dass dies entscheidend für die Erfolge der deutschen Wirtschaft gewesen sei, sollte man sehr vorsichtig sein, dieses Rezept international zur Nachahmung zu empfehlen. Lohnzurückhaltung bedeutet, dass die Reallöhne weniger stark steigen als die Produktivität. Und man setzt darauf, dass der dadurch für die inländische Nachfrage entstehende Kaufkraftverlust durch die stärkere Exportnachfrage mehr als kompensiert wird.

In der Tat ist die Inlandsnachfrage in Deutschland von 2000 bis 2007, das heißt in der Phase der Lohnzurückhaltung, kaum noch gestiegen. Die deutsche Lohnzurückhaltung funktionierte damals also nur, weil sich andere Länder großzügige Tariferhöhungen genehmigten, so dass auf diese Weise unsere Exporte deutlich zulegen konnten. Aber wenn alle Länder auf die Idee kommen, über Lohnsenkung wettbewerbsfähiger zu werden, kann das Ganze nicht mehr aufgehen. Man schrumpft sich dann gemeinsam in die Deflation. Genau das droht jetzt dem Euroraum, wenn immer mehr Länder den Versuch unternehmen, durch Lohnunterbietung wettbewerbsfähiger zu werden.

Aber die Agenda hat nicht nur wenig genutzt, sie hat auch erheblichen Schaden angerichtet. Der mit den Arbeitsmarktreformen ausgelöste Druck auf Arbeitslose hat dazu geführt, dass der Mindestlohnsektor vor allem in Westdeutschland deutlich gewachsen ist. Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich ist von 18,5 Prozent im Jahr 2004 auf 20,8 Prozent im Jahr 2010 gestiegen. Die Ungleichheit hat in Deutschland stärker zugenommen als in den meisten anderen hochentwickelten Ländern.

Was weder Deutschland noch Europa jetzt brauchen, sind weitere „Reformen“, die die Rechte der Arbeitnehmer weiter schwächen. Vielmehr müssen die politischen Weichen so gestellt werden, dass der Wohlstand wieder in stärkerem Maße bei den Arbeitnehmern ankommt. Nur so ist erneut ein Wachstum möglich, das ohne private und staatliche Verschuldungsexzesse auskommt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • SS
    Saral Sarkar

    Bofinger schreibt: "Da unsere Wirtschaft schon vor der Agenda nicht fundamental krank gewesen war, gab es auch nichts Fundamentales zu therapieren." Er bescheinigt der deutschen Unternehmenslandschaft, dass sie "von Nachhaltigkeit gekennzeichnet" sei, und er schreibt von einer "langfristig ausgerichteten Unternehmenspolitik" in Deutschland. [Er meint dabei gar nicht langfristige ökologische Nachhaltigkeit!] Er widerspricht dem Jubelchor der Freunde der Agenda 2010, die meinen, Deutschland sollte jetzt das Vorbild für alle europäischen Länder sein, die "unter Problemen der Wettbewerbsfähigkeit leiden". Er empfiehlt der Politik: "Vielmehr müssen die politischen Weichen so gestellt werden, dass der Wohlstand wieder in stärkerem Maße bei den Arbeitnehmern ankommt. Nur so ist erneut ein Wachstum möglich, das ohne private und staatliche Verschuldungsexzesse auskommt."

     

    Im Postwachstumsdiskurs herrscht ein ganz anderer Ton. Nehmen wir als Beispiel Prof. Nico Paech, ebenfalls Wirtschaftswissenschaftler. In einem Gespräch mit dem Oldenburger Lokalteil (www.oldenburgerlokalteil.de/2013/03/12/l) weist er darauf hin, "dass das Zwei-Grad-Klimaschutzziel in Verbindung mit globaler Gerechtigkeit nun mal bedeutet, dass jeder Mensch auf diesem Planeten pro Jahr nur noch 2,7 Tonnen CO2 verursachen darf. Da ist eine jährliche Flugreise nach New York nicht drin." Man müsse sich entscheiden: "Will man Klimaschutz oder will man ihn nicht?" Er sagt, das euro-amerikanische Wohlstandsmodell "in den Untergang führt". Er sieht voraus, dass "dieses Kartenhaus, das wir 'Wohlstand' nennen, zusammenbricht". Die Energiewende in Deutschland hält er für "eine der größten ökologischen Katastrophen". "Wir sind", sagt Paech, "an allen Ausfahrten in Richtung Nachhaltigkeit mit Hochgeschwindigkeit vorbeigerast." Er plädiert für eine schrumpfende Ökonomie, für ein Boden- und Landschaftsmoratorium, es dürfe überhaupt keine Anlage mehr - egal ob Wind, Biogas oder Photovoltaik - gebaut werden. Er plädiert für die Stilllegung von 50 Prozent aller deutschen Autobahnen und 75 Prozent aller Flughäfen. Er betrachtet die gegenwärtige Weltlage als "die letzten Zuckungen eines Körpers, der nicht sterben will".

     

    Wir müssen uns daran erinnern, das Bofinger der Mann der Gewerkschaften im Rat der fünf Wirtschaftsweisen ist. Und Paech wurde von den Medien beschimpft - als "der größte Miesepeter der Nation", als "eine echte Rampensau". Eine Zeitung fragte: "Spinnt der?" Ich habe bisher nicht gehört, dass Bofinger und Paech zu einem Streitgespräch eingeladen wurden.

     

    Bofinger denkt und operiert systemimmanent. Den Kapitalismus stellt er gar nicht in Frage. Aber auch von Paech (und den meisten seinesgleichen) habe ich nicht gehört, in welchem politischen und polit-ökonomischen Rahmen seine Vorstellungen einer nachhaltigen Ökonomie eine Chance hätten, akzeptiert zu werden. Warum diese Weigerung weiterzudenken? Ich meine, das ist nur in einem Ökosozialismus möglich.

  • JK
    Juergen K.

    Von 2 500 Mrd Bruttoinlandsprodukt werden

    1 400 MRD Löhne und Gehälter gegeben.

     

    Von den 1 100 MRD Gewinn geben die "Gewinner"

     

    Trinkgeld beim Friseur.

     

    Wer kein "Trinkgeld" gibt

    -also 99 Prozent der Bevölkerung-

    zahlt

     

    Strassen, Schulen, Kitas und Uni-Gebühren, Beamte und Politiker - Diäten.

  • M
    Märchenstunde

    Wer und was ist "Deutschland"? Die Bank und Beamte?

    Verständlich das ein leistungsloser Professor so argumentiert. Geschichtlich waren Beamte immer opportun.

    Dabei wurde Hr. Blüm mehrfach von Kohl als einer der besten Bundesarbeitsminister den Deutschland je hatte, hoch gelobt. Hr. Bofinger, nun doch Massenarbeitslosigkeit, Blüm und die CSU CDU unfähig?

    Fast alle Angestellten die an einer Betriebsrentenkasse partizipieren, wurden entlassen. EU Faustformel pro Kopf 1Mio. an der Börse gutschreiben.

    Wenn eine Firma in Deutschland 1000 Panzer verkauft, geht es allen gut? Was für eine Logik. Mit der gleichen Logik wurde der Armuts- Reichtumsbericht angefertigt.

    Über 50% aller DAX geführten Unternehmen haben Hauptaktionäre die ausserhalb Europas sind. Die Gewinnerzielung ebenso. Fast alle Bereiche, spez. F&E outgesourct. Der deutsche Maschinenbau meldet keine Patente mehr an. Kaum angemeldet kommt die Kopie aus China etc.pp

    Rechnen bis es passt, wie Beamte und ihre Mathematiker manipulieren

    http://www.zeit.de/2007/01/Rechnen_bis_es_passt/komplettansicht

     

    Ach was solls, ich drucke den Artikel aus und werde dieses Märchen aus der Würzburger Doktorfabrik mit Amigo und Weikersheim Anbindung vorlesen. Lachen ist gesund.

  • LC
    Lara Croft

    "Die Agenda 2010 – Begründung und Legitimationsbasis für eine unsoziale Politik"

     

    Von Christoph Butterwegge

     

    Nachdenkseiten, 13.03.13

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=16494

  • H
    Horst

    Typisch linke Gedankenwelt.

    Das deutsche Auto wird schon jemand kaufen, egal was es kostet.

    Wozu auch Geld verdienen? Wir drucken es einfach.

    Genau deswegen ist ja auch die Ostzone kollabiert.

     

    Bei den Grünen nicht anders.

    Ich brauch kein AKW, mein Strom kommt doch aus der Steckdose.

  • JP
    Joachim Petrick

    So sehr ich auch Peter Bofingers kritisches Resümee zur Agenda210/Hartz IV in den Kernaussagenbegrüße, so bin ich doch fassungslos, dass P.B. kein Wort darüber verliert, wie verheerend die Agenda2010/Hartz IV Gesetze auf Formen der betrieblichen Mitbestimmung, Demokratisierungsbestrebungen der Wirtschaft insgesamt gewirkt haben und weiter durch Zwei- , Drei-. Klassengesellschaftsbildungen im Personalbestand wirken.

    Ganz abgesehen von der Tatsache, die in P.B.s Kommentar unerwähnt bleibt, dass, dank der Agenda2010/Hartz IV, Betrieben, Unternehmen, privaten und staatlichen Einrichtungen, u. a. in Schulen, Gesundheits- , Alten-, Jugendhilfebereich, Krankenhäusern, Pflegeheimen, UNIs, Forschung, Wissenschaft, mehr und mehr jeder Sinn für die Sicherung unternehmerischer Kompetenz in eigener Sache, Verantwortung im Krisenfall, geschwächt, wenn nicht gar genommen wird, weil ja jederzeit, in gefühlten und wirklichen Krisen, Personal über das Drehtür Karussell Leiharbeit, Niedriglohnbereich, ohne Lohnuntergrenze, zu Änderungskündigungen gedrängt werden können.

    P.B. verliert kein Wort darüber in seinem Resümee, dass die Agenda2010/Hartz IV Gesetze in der Arbeitnehmerschaft eine Verarmungsspirale in Gang gesetzt haben, indem diese vor Antrag auf Leistungen aus den Hartz IV Gesetzen bei Arbeitsaufnahme, weil der Lohn nicht einmal das Niveau der Grundsicherung erreicht, ihr Restvermögen vor dem Schonvermögen für die Altersvorsorge einsetzen müssen, das heißt Geld mit zur Arbeit nehmen, um dieses ihrem Arbeitgeber in Form von Lohnsubvention zu überlassen.

     

    Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.

    Sind denn unsere Politiker/innen durch alle parlamentarischen Banken in Bund und Ländern des Wahnsinns fette Beute?

    Vor den Hartz IV Gesetzen gab es auch Subventionierungen von sozialen u. a. Arbeitsplätzen. Deren Anspruch mussten aber Unternehmen, staatliche und private Einrichtungen durch eine Art Businessplan begründen.

    Nun. nach Einführung der Agenda2010/Hartz IV brauchen Betriebe, Einrichtungen grundsätzlich gar nichts mehr zu begründen, nicht einmal die Niedriglohnhöhen, auch wenn die gegen O.50 €/Stunde gehen, denn „Alles was Arbeit schafft, ist angeblich sozial“.

    Was dabei an strukturellen, fachlich personellen Kompetenzen in den Betrieben, staatlichen, privaten Einrichtungen im Fall von wirklich notwendigem Krisenmanagement vor Ort verloren geht, scheint niemand, selbst nicht einmal gewerkschaftliche Experten, wie Peter Bofinger auf dem Bildschirm zu haben

    Von der Tatsache abgesehen, dass sich die Einführung der Agenda2010/Hartz IV, ausgerechnet in jenen heillosen Tagen des Beginns des Irakkrieges im März 2003 in einem eilig heilig sakral aufgeblasen zelebrierten Akt im Berliner Dom, präsentiert von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem, später in anderer Angelegenheit mit einer Bewährungsstrafe belegt, „bestechend“ blendend aufgelegten VW- Personalentwickler Peter Hartz vollzog, ist der gleichzeitige Schlag gegen die monetären Grundfesten des gerade eingeführten Euro durch provozierende Missachtung, Bruch der Maastricht Stabilitäts- Kriterien durch die rotgrüne Bundesregierung Schröder/Steinmeier/Fischer/Trittin an Dreistigkeit und Missachtung politischer Verantwortung für Vertrauen in Regierungshandeln nicht zu überbieten

  • PU
    Peter Urban

    Den Regelsatz von Hartz IV kann man theoretisch auf 2.000,- Euro schrauben:) Liegt es dann an Hartz IV oder am Regelsatz? Selbst bei den besch... Regelsätzen von heute wäre die alte Arbeitslosenhilfe erst bei einem vorherigen Netto von ca. 1.600,- mehr gewesen. Zur Erhöhung von auch Hartz IV brauchen wir schnellstens einen effektiven Mindestlohn für alle (Lohnabstandsgebot). Die SPD will auch die Begrenzung des Schonvermögens aufheben.

    Ich kenne schon zwei Altfälle von Managern, die sich 10 Jahre auf ner alten Alohilfe von z.B. 3.000,- in die Sonne gelegt haben. Die wurden zu gar nichts aufgefordert. Das konnte der härteste und Arbeiterkanzler (angeblich Managerkumpel) wohl gar nicht leiden ...

     

    Mit solidarischen Grüßen

     

    Peter Urban

  • C
    Cometh

    @Schweinepriester: Das ist ein Missverständnis. P.B. ist bei den Guten, die gegen die Hartz IV-Reformen sind. Denn eigentlich ist es einfach: Man muss Ihnen mehr Geld geben/lassen, dann geben Sie nämlich mehr aus und steigern die Binnennachfrage. Davon können wieder andere leben und nachhaltige Produkte entwickeln und Arbeitsplätze auch für Leute über 55 schaffen. So einfach ist Wirtschaft!

     

    Dass so einfache Zusammenhänge nicht verstanden werden, ist wirklich tragisch.

     

    Griechenland, z. B. könnte einfach gerettet werden, wenn man jedem Hartz IV - Empfänger einen 6 wöchtigen Griechenlandurlaub auf Staatskosten finanzieren würde, der dort hinfährt, Postkarten kauft, Dienstleistungen annimmt, in Restaurants isst usw. Das wäre Stärkung der Binnennachfrage und würde die Wirtschaft ankurbeln und ist jedenfalls gerechter als die dauernde Bankenrettung und der Exportimperialismus.

  • H
    Hafize

    Danke, PETER BOFINGER, ich kann diesen Agenda-Müll nicht mehr aushalten. Hier steht's mal schwarz-auf-weiß: Das waren zum größten Teil Lügen und das war eine gezielte Vearmungsstrategie, die sich sogar auf Arbeitnehmer ausweitete.

     

    Heute sind dank der Agenda nicht nur Geringqualifizierte oder Langzeitarbeitsloe armutgefährdet, sondern ganz normale Arbeitnehmer, weil die Arbeitsintensität so drastisch zunimmt, dass kaum jemand bis 65, 67 oder gar 70 Jahre in seinem Job bleiben kann. Am Ende müssen wir dann auf Krücken Zeitungen austragen oder morgens in Restaurantküchen Gemüse schnippeln, um nicht vollständig zu verarmen. Den Leuten, die uns diesen Mist aufgeschwätzt haben, wünsche ich ... (denkt Euch euren Teil)

  • F
    förster

    "Deutschland mit seinen kleinen und mittelständischen Unternehmen wie auch mit vielen Großunternehmen, die sich im Familien- oder Stiftungsbesitz befinden, über eine von Nachhaltigkeit gekennzeichnete Unternehmenslandschaft verfügt."

     

    da wir nun 300jahre nachhaltige forstwirtschaft in deutschland haben, hier die kleinbürgerliche definition:

    -man fälle erst einen baum, wenn man einen oder besser zwei zuvor gepflanzt hat.-

    (damit umgeht man die menschliche neigung alles auf morgen zu verschieben und unterbindet raubbau an der natur)

    der begriff nachhaltigkeit wird jedoch inflationär benutzt und ist auf gewisse wirtschaftszweige nicht übertragbar. auch im bildungs und rentensektor sollte man ihn vermeiden. in zeiten der abwarackprämie, könnte er jedoch salonfähig werden, man vernichte zwei autos, bevor man ein neues baut, oder man zeuge zwei kinder, bis man einen rentner die rente überweist usw.

    für unsere exportwirtschaft, welche auf endliche ressourcen baut, finde ich nachhaltigkeit unangebracht und ein witschaftsweiser sollte das wissen. in unserer postdemokratischen gesellschaft würde ich gern wissen, wer ihm diese worte in den mund gelegt hat, mir ist unverständlich wie ein solch gebildeter mensch solche unlogische propaganda von sich geben kann.

     

    des weiteren empöre ich mich über die augenwischerei im artikel selbst. wir leben in einer globalisierten welt und familien bzw. stiftungsbesitz hat mit börsennotierten unternehmen wenig zu tun. mag im grundbuch so stehen, in der echten welt sieht es anders aus.

     

    grüße aus der provinz

  • I
    ironimus

    Peng ! Da bisse platt , wah ! Hab' ich doch immer gesacht : Rot-Grün hätt nur die Arbeit für Schwarz-Gelb gemaat ! Und die hann sich noch net emol bedank .

     

    Iss aber eh egal : Watt mutt , dat mutt , sacht der Hamburjer .

    Jetzt können die Sozen ja mit ihrem Jerechtigkeitsding wieder watt juutmachen , nä .

    ... wenn die Schwatten nisch so teuflisch juut wären mit dem Plaajieren !

  • S
    Schweinepriester

    "... dass es dadurch zu einem Rückgang der Arbeitslosenzahl von über 5 Millionen Anfang 2005 auf zuletzt nur noch 2,9 Millionen gekommen sei."

     

    Was für Lügnern ihr hier eine Plattform geboten wird ist unglaublich. Langsam wird es immer deutlicher wie verlogen ihr seid.

     

    Mir hat Hartz4 und das Jobcenter alles genommen, mein Besitztum musste ich verkaufen, denn Arbeitsplätze für die Älteren gibt es schon mal gar nicht.

     

    Ich hoffe ich bekomme so einen Drecksredakteur mal in die Finger.

     

    Entschuldigt meine Wut, aber ich habe nur noch 7€ bis Monatsende, die Stromnachzahlung hat mir diesen Monat das Essen gekostet und ich habe furchtbaren Hunger...

  • HB
    Heinz Boxan

    Herr Bofinger tut gut daran einigen Parteiblinden die Dioptrie zu verbessern und gleichwohl den Wählern eine Sehhilfe zu bieten, damit sie bei der Wahl nicht kurzsichtig daneben kreuzen.

    Betrachtet man eine scheinbare Erfolgsquote ein wenig länger, so fällt mach euphorisch aufgesteckter Lorbeer wieder ab.

    inribonax

  • PH
    petra hartz

    z.K.

     

    http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/eine-jobcenter-mitarbeiterin-kaempft-gegen-hartz-iv-9001333.php

     

    "Hartz IV Interview mit Inge Hannemann

     

    Friedlich und konstruktiv gegen diese gewollte Abhängigkeit im System von Hartz IV und deren Umsetzung"

     

    Offenbar sehr zum Missfallen ihres Arbeitgebers engagiert sich Frau Inge Hannemann, Jobcenter-Mitarbeiterin aus Hamburg, mit ihrem Blog gegen Sanktionen und Ungerechtigkeiten im Hartz IV-System. Sie tritt öffentlich bei Veranstaltungen auf, weigert sich Strafen gegen ihre „Kunden“ auszusprechen und solidarisiert sich aktiv mit Betroffenen. Am Freitag sollte eine Anhörung seitens des Arbeitgebers stattfinden. Dazu hatte die Behörde kurzfristig eingeladen und dann überraschenderweise ebenso wieder schnell ausgeladen. Was ist passiert? Wir haben bei Frau Hannemann direkt nachgefragt:"

     

    Hartz-IV-kritischer Blog von Frau Hennemann:

    https://altonabloggt.wordpress.com/

    https://altonabloggt.wordpress.com/2013/02/19/und-die-bundesagentur-fur-arbeit-schaut-zu/

  • C
    Celsus

    Da bin cih doch angetan von den Äußerungen dieses Mannes. All zu oft liest mensch ja sogenannte Expertenäußerungen, bei dnen sich jemand zuvor meistbietend an Insititutionen wie die INSM samt dem eigenen Gewissen verkauft hat und dann eben eine nicht nachvollziehbare Begründung mit zweifelhaftesten Argumenten abliefert.

     

    Hier aber kann cih sagen: Hut ab, vor einer gut nachvollziehbaren BEgründung.

  • H
    habnix

    Eine zutreffende Analyse von Herrn Bofinger. Leider ist die Liste von kritischen Ökonomen nicht so groß wie nötig. Die Mainstream-Wissenschaftler haben es da einfacher, denn für ein gutes Salär bringen sie jedes noch so unsinnige Gutachten unter die Leute und genießen fast immer Medienerwähnung. Die ehemaligen und aktuellen SPD-( und Grüne)Akteure sonnen sich jetzt auch noch mit geschlossenen Augen im Schein einer neoliberalen Taschenlampe, eingeschaltet und gehalten von Lobbyisten. Sonnenlicht würde das Hirn und den Körper erwärmen und Menschennähe spüren lassen. Menschlichkeit ist zurzeit jedoch nicht gefragt, sie dient nur im Wahlkampf als Köder und danach geht es mit höherem Tempo in die alte Richtung.

  • T
    tommy

    Interessanter Artikel, danke.

  • EL
    Ernst Lehmann

    Einen nicht unerheblichen Anteil am Aufschwung Deutschlands hatte die Unternehmenssteuerreform, die ohne grosse medienbeachtung in den Zeiten der schwarz-roten Koalition umgesetzt worden war.

    Herr Bofinger macht in seiner Analyse den Fehler, Arbeitnehmerrechte zu pauschalisieren, als ginge es nur darum, sie auszubauen oder einzuschränken.

    Es gibt Exzesse in beide Richtungen: Quasi unkündbare bestbezahlte Faulpelze bzw unfähige Mitarbeiter auf der einen Seite, für die jedes Verständnis fehlt, warum sie nicht entlassen werden können. Auf der anderen Seite, Menschen, die in Ausbeuterjobs schuften und dabei noch schreckliche Arbeitsbedingungen hinnehmen müssen. Wahre Politik ist nicht ideologisch, sondern versucht zu optimieren, wo nötig. Dasselbe lässt sich auf den Bezug von Hartz-IV übertragen.

  • H
    Harro

    „… die düsteren Einschätzungen, die man in den Jahren 2003 und 2004 zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen vernehmen konnte (vor allem Hans-Werner Sinns „Ist Deutschland noch zu retten?“) klare Fehldiagnosen … Da unsere Wirtschaft schon vor der Agenda nicht fundamental krank gewesen war, gab es auch nichts Fundamentales zu therapieren.“

     

    Bravo, Peter Bofinger, wer hätte das besser formulieren können! Aber wie leben 2013 und hier hat jeder eine Chance, der idiotische Zusammenhänge nur oft genug herunterleiert. Mir ist es absolut schleierhaft, warum Peter Bofinger in der Elite geradezu alleine darin ist, herauszustellen, wie wenig plausibel der Jubel auf die Agenda 2010 überhaupt ist.

     

    Wenn in einem guten Betrieb plötzlich die Wachleute, die Küchenhilfe und ein paar Leute im Garten nicht mehr bei der Firma, sondern bei einer Auslagerung arbeiten und Einbussen von 20 pder 40 Prozent bei ihrem Bruttogehalt haben, ändert es gar nichts an der Entwicklung von Produkten, dem Vertrieb oder der Umsetzung in der Produktion. Hier würden solche Lohnkürzungen nur eines bewirken: Die guten Fachkräfte wären allesamt weg und würden nie wieder kommen. Der Vorteil der anderen, für die Produktentwicklung unwesentlichen Arbeitskräfte nun niedrigeren Eingruppierung hätte auf die Zukunft des Unternehmens gar keinen Einfluss.

     

    Zum Glück haben die Unternehmer die Mär der Agenda 2010 in ihren Betrieben nie eins zu eins geglaubt und umgesetzt, ihnen war es wohl recht, dass die Gewerkschaften geschwächt werden konnten, aber in den meisten exportstarken Branchen entspricht es nicht mal den Tatsachen.