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De Maizière zu BootsflüchtlingenMinister will Gerettete zurückschicken

Ihren Asylantrag sollen Bootsflüchtlinge künftig von Nordafrika aus stellen – zumindest, wenn es nach Innenminister Thomas de Maizière geht.

Immer mehr Menschen ertrinken bei der Flucht übers Mittelmeer Foto: dpa

Berlin epd | Das Bundesinnenministerium will im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge offenbar direkt nach Afrika zurückschicken. Wie die Welt am Sonntag unter Berufung auf das Ministerium von Thomas de Maizière (CDU) berichtete, sollen Menschen so von der lebensgefährlichen Überfahrt abgehalten werden. „Die fehlende Aussicht auf das Erreichen der europäischen Küste könnte ein Grund sein, warum die Migranten davon absehen, unter Einsatz ihres Lebens und hoher eigener finanzieller Mittel, die gefährliche Reise anzutreten“, zitierte die Zeitung eine Sprecherin.

Flüchtlinge, die von Libyen in See stechen, sollten dem Vorschlag zufolge nicht nach Libyen, sondern in ein anderes nordafrikanisches Land gebracht werden. Dort könnten sie ihren Asylantrag für Europa stellen. Sei dieser erfolgreich, würden sie sicher übers Meer gebracht.

Aus der Opposition kam scharfe Kritik. „Das Innenministerium behandelt Geflüchtete wie eine ansteckende Krankheit, die man sich vom Hals halten will“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Zeitung. „Wer Menschen auf der Flucht schon das Recht auf ein faires Verfahren verwehrt, handelt sowohl flüchtlingspolitisch als auch rechtlich mehr als fragwürdig.“

Der Vorsitzender der Linkspartei, Bernd Riexinger, erklärte: „Das wäre ein humanitärer Skandal und ein weiterer Schritt zur Abschaffung des Asylrechts.“ Er sprach sich für legale Fluchtwege in die EU aus. „Die Asylprüfung muss in Deutschland erfolgen, denn das Recht auf Asyl bedeutet auch, den Zugang zu rechtsstaatlichen Mitteln, das heißt zu Anwälten, Beratungsstellen und so weiter zu haben.“ Nach Angaben des Bundesinnenministeriums gibt es dem Zeitungsbericht zufolge noch keine konkreten Pläne oder Gespräche auf EU-Ebene.

Die Asylprüfung muss in Deutschland erfolgen, denn das Recht auf Asyl bedeutet auch, den Zugang zu rechtsstaatlichen Mitteln, das heißt zu Anwälten, Beratungsstellen und so weiter zu haben.

In der Debatte über eine Obergrenze für Flüchtlinge hat unterdessen der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, keine rechtlichen Bedenken. Eine Limitierung der Flüchtlingszahlen durch eine Obergrenze oder Kontingente sei rechtlich möglich, sagte Papier der Welt am Sonntag. Zugleich sei sie politisch notwendig, erklärte er.

„Die Handhabung des Asylrechts muss sich strikt auf das konzentrieren, was es leisten kann: nämlich aktuell politisch Verfolgten Schutz zu gewähren, also in der Regel durch ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht“, sagte Papier der Zeitung. Darüber hinaus habe jeder Staat die Möglichkeit, weitere Menschen aus humanitären Gründen aufzunehmen. Deren Zahl könne mit Kontingenten oder Obergrenzen beschränkt werden.

Papier, selbst CSU-Mitglied, stellt sich damit hinter eine Forderung des neuen CSU-Grundsatzprogramms, in dem eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen gefordert wird. Er gehe davon aus, dass der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer wisse, „dass das Asylrecht im eigentlichen Sinne keine Obergrenzen kennt“, erklärte der Verfassungsrechtler. Aber er erkenne offenbar richtig, dass es vielfach gar nicht um dieses Recht gehe und dass die darüber hinaus gehende Aufnahme durchaus begrenzbar sei.

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18 Kommentare

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  • Diese unmenschlichen Ziele verfolgt das Bundesinnenministerium schon sehr lange.

    Es kommt auf die Gegenmacht der Gesellschaft an, die die Menschenrechte durchsetzt.

  • Schon spannend, während in Schäubles Ministerium darüber diskutiert wird, die griechischen Inseln vor der Türkei zu Lagern für Flüchtlinge umzufunktionieren, möchte sie Innenminister de Misäre gleich nach Ägypten oder Tunesien schicken. Putzige Idee. Ägypten ist eine Militärdiktatur in der es brodelt und Tunesien wird auch nicht mit seinen Problemen fertig und destabilisiert sich. So viel Schmiergeld können Deutschland und die EU gar nicht zahlen, als dass die desolaten Regierungen dort auf den Deal eingehen. In Wirklichkeit geht es dem Herrn Misäre um den unionsinternen Kampf, wer nach der Bundeswahl Innenminister wird. Schon wird ja gemunkelt, das Mutti der CSU den Posten überlassen wird. Da sorgt sich de Misäre um seine Karriere, weder als Verteidigungsminister noch als Innenminister hatte er Fortune. Also hilft nur noch, den Medien Schlagzeilen zu liefern. Mit der Flüchtlingsfrage hat das alles nix zu tun.

  • Na denne´.. Mal angenommen, Herr de Maizeré kommt durch mit seiner Idee.. in der BRD, in der EU.. dann hat er grosse Symphatien einiger andrer EU Nationen..

    ..das wäre eine Aufwertung von FRONTEX.. und es `kann´ bedeuten, das bisherige private Hilfsorganisationen die im Mittelmeer Menschenleben retten illegalisiert/ krimialisiert werden..

    .. des weiteren würde (m.E.), der allgemeine (U.N.O.) Menschenrechtscharakter des GG (und sonstiger humaner EU Gesetzgebung) , relativiert- oder eben "europäisiert"... wodurch die Ganze Idee der EU , als humanistischer Friedensverbund- flöten geht...

  • Es gibt weltweit ja relativ viele Flüchtlinge die nach d wollen. Ein Bleiberecht für alle wird nur von einer sehr kleinen Minderheit in d gefordert und ist vermutlich in der Bevölkerung nicht durchsetzbar.

     

    Ein Teil der Flüchtlinge, die nach d wollen, muss dann wohl abgewiesen werden. Das ist - auch heute schon - inhuman und rassistisch, weil nach Volkszugehörigkeiten selektiert wird.

     

    Warum dürfen Syrer bleiben, Pakistani und Afghanen nicht?

     

    De Maizière's Vorschlag wird als menschenveachtend dargestellt. Einen glaubwürdigen Ansatz zum "humanen" Umgang mit dem Teil der Flüchtlinge, die nicht nach d kommen sollen, finde ich aber - mit Ausnahme der Befürworter unbegrenzten Zuzugs - nirgends.

     

    besonders human ist der derzeitige Umgang mit ungewollten Flüchtlingen schon heute nicht: https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5351202&s=hungerstreik/

     

    De Maizière's Vorschlag würde zumindest die Anzahl der inhumanen Abschiebungen verringern.

  • Däh - die brutal-asoziale nächste Windung der FrozenThomaSSchen

    Schraube de inhuman & ein exVerfassungsrichterPräsi wird ohne

    Senatseinbindung zur losgerissenen

    Kanone auf dem desaströsen

    EU-Geleitzug mit cordon sanitäre

    via Frontex / Nato-SSDraht & Kriegschiffeinsatz!

     

    kurz - Kinderleichen an den Stränden

    Werden weiter billigend in Kauf genommen!

    Stehen an der Rampe - 2.0 - 4.0

    Der EU-AuSSenGrenzen!

     

    (ps & ja - Wir können nicht alle

    Karl-Heinz heißen!)

  • Dazu wird es nicht kommen! Die SPD wird das verhindern.

     

    Das ist nur billigiger Wahlkampf. Wenn De Maiziere das wirklich wollte, dann müsste er sich schon für eine Koalition mit der AfD stark machen.

  • Das nenn' ich mal saubere und wirkungsvolle Realpolitik,

    Bravo, Herr De Maizière!

  • Ich schätze nur innerhalb von Deutschland wäre das zu verhindern.

     

    Die EU macht bestimmt mit (also die EU Länder, nicht Brüssel)

  • Es wäre langsam Zeit nachzudenken warum wir ein Asylrecht haben.

    Man stelle sich mal vor, 1936 stellt ein Jude in einem Land einen Asylantrag. Dieses Land sagt, „schön wir Prüfen das ob die Nazis dich verfolgen – aber dazu musst du in Deutschland bleiben. Keine Sorge – wir haben mit Hitler ein sicheres Aufnahmelager für dich eingerichtet, in dem du bleiben kannst bis der Antrag geprüft ist. Aber deine Chancen sind nicht sehr groß. Eine Verfolgung ist aus unserer Sicht nicht erkennbar, eigentlich willst du nur aus wirtschaftlichen Gründen kommen. Du bist also ein Wirtschaftsflüchtling“.

    Sicher es gibt noch viele Gründe für ein Asylrecht, z.B. als Lehre aus der 1848/49 Revolution.

    Nein Herr Minister, so geht das nicht! Ihre Politik ist Menschenverachtend und sollte schnellstens gestoppt werden!

    • @Norbert Masson:

      Das Nazi-Beispiel ist hier mehr als unangebracht.

      • 1G
        1714 (Profil gelöscht)
        @Karl Heinz:

        Nein, es ist völlig korrekt und richtig so. Wieso sollte es unangebracht sein?

        • @1714 (Profil gelöscht):

          Informieren Sie sich einmal über die Judenverfolgung. Dort wurden Menschen weit über ihre eigenen Landesgrenzen verfolgt. In dem jetzigen Fall wird niemand verfolgt. Diese Menschen fliehen vor Krieg und Armut

          • 1G
            1714 (Profil gelöscht)
            @Karl Heinz:

            Mich braucht niemand (!) über Judenverfolgung zu belehren. Und niemand wird verfolgt? Auch keine Andersdenkenden, Schwule, Journalisten?

            • @1714 (Profil gelöscht):

              Wie groß ist der Anteil von Schwulen, Journalisten und Andersdenkenden unter den Bootsflüchtlingen? Ein Promille?

              • 1G
                1714 (Profil gelöscht)
                @Karl Heinz:

                Ach ja, und das wissen Sie so genau? Na dann sollen die anderen doch versaufen oder irgendwo bleiben, wo der Pfeffer wächst; ist das so richtig verstanden?

                • @1714 (Profil gelöscht):

                  Davon habe ich nichts geschrieben. Mich stören nur diese lächerlichen Nazivergleichen.

      • @Karl Heinz:

        Überhaupt nicht, mein lieber Karl Heinz! Der völlig indiskutable Minister ist bereits voll auf Afd/NPD Linie.

    • @Norbert Masson:

      Ich halte es für gewagt, die Situation von Menschen, welche, bevor sie von Afrikas Küsten ablegen, bereits mehrere Länder durchquert haben, mit derjenigen der Juden im dritten Reich zu vergleichen. Zumal Ihr Ansatz, zunächst einmal jeden aufzunehmen, das Problem, nicht-asylberechtigte Personen wieder abzuschieben, nicht löst.

      Meine persönliche Meinung ist, will man das Asylrecht auch in Zukunft erhalten, müsste man es auf den Personenkreis beschränken, für den es ursprünglich mal gedacht war, nämlich für individuell Verfolgte