Dax-30 und die Frauenquote: Das Cockpit ohne Schröder
Die Dax-30-Konzerne stellen ihren jährlichen Bericht zu Frauen in Führungspositionen vor. Dieses Jahr jedoch ganz bewusst ohne Familienministerin Kristina Schröder.
BERLIN afp | Vor dem Hintergrund der politischen Debatte um die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote lehnen es die Dax-30-Konzerne ab, den diesjährigen Statusbericht zu Frauen in Führungspositionen wie üblich mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) öffentlich vorzustellen.
Die Personalvorstandsfrau von Eon, Regine Stachelhaus, sagte der Zeitung Welt am Sonntag, die jährliche Vorlage eines Statusberichts gehe auf die Initiative der Wirtschaft und nicht der Regierung zurück. Dass die führenden Dax-Unternehmen den Bericht dieses Jahr ohne die Ministerin präsentierten, zeige nur, dass dies ihr „eigenes unternehmerisches Thema“ sei. „Wir sitzen im Cockpit und bleiben dort auch,“ ergänzte die Managerin.
Der Statusbericht 2013 zeigt laut der Wochenzeitung, dass in den meisten der 30 größten börsennotierten Unternehmen der Anteil weiblicher Führungskräfte gestiegen sie. Die Mehrheit der Dax-30-Konzerne meldet demnach, dass ihr Frauenanteil an den Führungspositionen seit 2010 zugelegt hat. Den höchsten Anteil weiblicher Führungsposten habe das Chemieunternehmen Henkel, dort sei die Quote zwischen 2010 und 2012 von 28,5 auf 30,4 Prozent gestiegen.
Der Versicherer Allianz steigerte demnach die Quote im gleichen Zeitraum von 24,7 auf 26,7 Prozent. Die Deutsche Telekom, die als erstes Unternehmen schon 2010 freiwillig eine Frauenquote von 30 Prozent einführte, kommt laut dem Blatt auf 14,6 Prozent, 2,1 Prozentpunkte mehr als 2010.
Nur den Aufsichtsrat im Blick
Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth kritisierte, dass die Politik nur die Aufsichtsratsposten im Blick habe. Die Selbstverpflichtung der Dax-30-Unternehmen gehe viel weiter. Man wolle weibliche Führungskräfte auf allen Ebenen des Unternehmens.
„Allein bei Daimler geht es um 700 Frauen, die in den nächsten Jahren in Führungspositionen kommen werden.“ Von der in der Politik erwogenen Quote für Aufsichtsräte würden hingegen nur ein paar wenige Frauen profitieren, sagte der Daimler-Manager.
Nach den Worten von Eon-Managerin Stachelhaus fällt es dem Konzern in Deutschland schwerer als in anderen Ländern, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Dies habe gesamtgesellschaftliche Gründe – von der Kinderbetreuung bis zur Berufswahl der Frauen – „die nicht allein die Unternehmen lösen können.“ Die Dax-30-Unternehmen wehrten sich „gegen politische Nachhilfe durch eine gesetzlich verordnete Quote“, sagte Stachelhaus.
Der Statusbericht „Frauen in Führungspositionen“ geht auf eine Verabredung zurück, die die Personalvorstände der 30 größten Dax-Konzerne im Herbst 2011 mit Familienministerin Schröder getroffen hatten. Im vergangenen Jahr legten die Konzern und die Ministerin den Bericht gemeinsam in Berlin vor.
Der abgelehnte Gesetzentwurf
Am Donnerstag hatte die Koalition im Bundestag einen Gesetzentwurf des Bundesrats abgelehnt, der für Spitzenpositionen in Unternehmen ab 2018 eine Mindestquote von 20 Prozent und ab 2023 von 40 Prozent vorsah. Mehrere weibliche Unionsabgeordnete hatten zuvor in Aussicht gestellt, der von SPD und Grünen initiierten Vorlage zuzustimmen. Um das zu verhindern, vereinbarte die Unionsspitze, die Forderung nach einer festen Frauenquote ins Wahlprogramm der Union aufzunehmen.
Familienministerin Kristina Schröder (CDU) wird einem Zeitungsbericht zufolge unabhängig vom Wahlausgang nicht mehr dem Kabinett der nächsten Bundesregierung angehören. Wie die Bild am Sonntag unter Berufung auf Informationen aus der hessischen CDU-Führung berichtete, wird sich Schröder nach der Wahl verstärkt um ihre Familie kümmern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands