Datensammler Facebook: Klage wird geprüft
Facebook soll laut einer aktuellen Studie aus Belgien mit seinen Datenschutzbestimmungen gegen EU-Recht verstoßen.
BERLIN taz | Facebook verstößt mit seinen neuen Datenschutzbestimmungen gegen europäisches Recht. Das ist ein Ergebnis einer neuen Studie der Freien Universität Brüssel und der Katholischen Uni Löwen im Auftrag der staatlichen Datenschutzkommission Belgiens. Die aktuellen Regeln seien zudem zu vage formuliert, die Verwendung der Daten für Nutzer nicht nachvollziehbar. Datenschützer aus Deutschland und anderen EU-Staaten prüfen juristische Schritte.
Facebooks aktuelle Datenschutzbestimmungen sind Ende Januar in Kraft getreten. Zuvor hatte es wochenlang Debatten über die Änderungen gegeben. Mit der Neuregelung will das Netzwerk unter anderem die Werbung stärker auf einzelne Nutzer zuschneiden. Dafür sollen etwa auch Informationen über besuchte Seiten und genutzte Apps außerhalb Facebooks ausgewertet werden.
Die Studie der belgischen Wissenschaftler belegt jetzt eine Verletzung des europäischen Verbraucherschutzrechts sowie den Verstoß gegen die Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen. In Deutschland ist die Richtlinie mit dem Bundesdatenschutzgesetz umgesetzt.
„Die Ergebnisse der Studie zeigen noch einmal, dass unsere Bedenken an den neuen Bestimmungen berechtigt sind“, sagt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar, der derzeit eine Klage gegen Facebooks neue Regeln prüft.
Er kritisiert vor allem, dass die Nutzer den neuen Bestimmungen mit dem Einloggen in das soziale Netzwerk automatisch zustimmen mussten. Eine Möglichkeit zu widersprechen gab es nicht. „So wird dem Nutzer keine Wahl gelassen“, sagt Caspar. Der Ausstieg aus dem Netzwerk sei in der Praxis aufgrund der Monopolstellung des Netzwerks keine ausreichende Alternative.
Die Studie gibt verschiedenen Datenschutzbehörden Rückenwind, die mögliche Klagegründe gegen das soziale Netzwerk untersuchen: Neben den deutschen und belgischen sind das auch die niederländischen Datenschützer. Sie hatten 2014 um einen Aufschub bei ihrer Einführung gebeten. Facebook setzte die neuen Bestimmungen daraufhin vier Wochen später als ursprünglich geplant in Kraft, ging aber auf keine weiteren Forderungen der Datenschützer ein. Das Online-Netzwerk betonte damals stets, die Regeln entsprächen der europäischen Rechtslage.
Intransparente Datensammelei
Datenschutzbeauftragter Caspar kritisiert das Verhalten der Firma: „Facebook ist ein Unternehmen, das immer größere Datenmassen in immer intransparenterer Weise erfasst und auswertet.“ Der Konzern sammele geräte- und diensteübergreifend Daten.
Die neuen Regelungen legitimierten den Austausch der Nutzerdaten zwischen Drittunternehmen sowie solchen Unternehmen, die Facebook bereits gehören – wie Instagram, Atlas und WhatsApp. „Hier droht eine umfassende Profilbildung des Nutzers, ohne dass dieser selbst noch ansatzweise eine Kontrolle über seine Daten hat“, sagt Caspar.
Auch die aktuelle Studie beanstandet, dass Facebook das Surfverhalten der User außerhalb des Netzes auswerte und Daten verschiedener Dienste zusammenlegen könne. Vor allem bemängeln die Forscher, dass die Verwendung der privaten Daten für die Nutzer zu schwammig und abstrakt erklärt werde. Dem User werde nicht klar, in welchem Umfang Facebook die Daten nutze. Zudem mache das soziale Netzwerk es seinen Nutzern schwer, die entscheidenden Einstellungen online zu finden.
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