Datenanalyse in Deutschland: Welche Daten den BND interessieren
In den USA verschafft sich der NSA aus zahlreichen Quellen Daten von seinen Bürgern. Auch deutsche Geheimdienste haben Zugang zu privaten Nachrichten.
BERLIN dpa | Auch der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) durchkämmt massenhaft E-Mail-Nachrichten. Das bestätigte die Bundesregierung im Mai 2012 in einer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Der BND durchforste elektronische Nachrichten nach tausenden Suchbegriffen, heißt es darin. Im Jahr 2010 wurden damit 37 Millionen Nachrichten herausgefiltert, bei den E-Mails stellten sich jedoch 90 Prozent als Spam heraus. Auch verschlüsselte Kommunikationen könnten deutsche Geheimdienste teilweise entschlüsseln.
Das Abhörprogramm der US-Geheimdienste geht Medienberichten zufolge deutlich weiter. Ob Gesetze der USA den US-Behörden Zugriff auf die Daten europäischer Nutzer erlauben, wollte die Linke in einer weiteren Anfrage wissen. Dazu „liegen der Bundesregierung nur Hinweise aus öffentlich zugänglichen Quellen vor“, hieß es im März knapp im Antwortschreiben der Regierung.
Der Wirbel über die Auswertung Verbindungsdaten des Telefonanbieters Verizon durch den US-Dienst NSA erinnert an die deutsche Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung. In beiden Fällen geht es um die Verbindungsdaten - also wer wann mit wem wie lange und von wo aus telefoniert hat oder wer wann online war. Durch eine EU-Richtlinie sollen Telekomanbieter verpflichtet werden, für die Strafverfolgung eben solche Daten ihrer Kunden zu speichern. Die Richtlinie aus dem Jahr 2006 hat Deutschland nicht umgesetzt, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung sich nicht auf ein Gesetz einigen konnte.
Die Grünen sehen sich durch die Enthüllungen in ihrer Skepsis gegenüber der Vorratsdatenspeicherung bestärkt. „Man kann anhand dieser Verkehrsdaten sehr gut aufzeigen, wie soziale Verhältnisse von Menschen zueinander sind“, sagte Vorstandsmitglied Malte Spitz am Freitag der dpa. Spitz veröffentlichte seine Verbindungsdaten Anfang 2011. „Ich hatte ja nur den Datensatz von mir selber“, sagte er. „Wenn man den Datensatz von zig Millionen Menschen hat, dann kann man wirklich ableiten: Wie stehen Leute zueinander in Verbindung, wer ist in bestimmten Gruppen die zentrale Person?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt