Das war die Woche in Berlin II: Nix mehr mit Flachbildschirm
Die AfD ist keineswegs die Partei der kleinen Leute, wie sie immer suggeriert: Berlins Landeschefin Storch will Sozialleistungen kürzen.
Quält man sich ein wenig durch das, was die AfD am Sonntag bei ihrem Parteitag beschlossen hat, ist schnell klar: Thilo Sarrazin wäre bei den Rechtspopulisten gut aufgehoben. Und zwar nicht nur wegen seiner notorischen Abneigung gegenüber „Kopftuchmädchen“. Berlins Rechtsaußen-Sozi passte auch gut zur AfD, weil er partout diese Typen „in Jogginghosen“ nicht leiden kann, die ihre Stütze sofort zum nächsten Mediamarkt tragen.
Ist die Berliner AfD die „Partei der kleinen Leute“, wie sie dem Brandenburger Landeschef Alexander Gauland vorschwebt? Die Partei der Abgehängten, der Modernisierungsverlierer und Kampfhundbesitzer, deren größte intellektuelle Leistung es ist, herausgefunden zu haben, dass Wladimir Putin Eier hat und Angela Merkel nicht?
Eher nicht. Anstatt die „kleinen Leute“ wie Sigmar Gabriel mit „Sozialpaketen“ nur für Deutsche zu beglücken, will Berlins AfD-Chefin Beatrix von Storch lieber Sozialleistungen kürzen. Da bleibt der Typ mit dem Kampfhund doch lieber bei der Linkspartei. Muss ja auch kein schlechter Kerl sein.
Es lohnt sich also, sich mit der Programmatik der AfD auseinanderzusetzen. Und auch über den Tellerrand zu schauen. In Polen hat die nationalkonservative PiS die Wahlen unter anderem mit einem sozialdemokratischen Programm und der Forderung nach einem Kindergeld von 125 Euro gewonnen. Nach dem Wahlsieg verschwand das Kindergeld zunächst in der Schublade, weil dem Strippenzieher Kaczyński die Attacke auf die Verfassung wichtiger war. Ein klassischer Fall von Wahlbetrug. Vor allem die Protestwähler merken sich so was.
Auch in Berlin könnten viele im September ihr Kreuz bei der AfD machen, weil sie meinen, endlich mal „dran“ zu sein. Doch statt mehr Geld bringt ihnen die Störchin nur Lebensschutzrhetorik und Familienschoßwärmestubenversprechen. Dabei gibt es auch in Marzahn-Hellersdorf Alleinerziehende. Und die Kirchen sind da auch nicht gerade voll. Wahlbetrug? Nein, noch schlimmer. Es wird im Wahlprogramm stehen.
Also nichts wie her mit den Wahlprogrammen der AfD. Sind sie erst mal gedruckt, sollten wir sie verteilen gehen. Und aufs Kleingedruckte hinweisen. Und nebenbei drauf achten, dass die Kampfhunde angeleint sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt