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Das war die Woche in Berlin IWer bricht hier die Gesetze?

Innensenator Henkel drohte nach mehreren Schlägereien Flüchtlingen mit Knast, sollten sie gegen Gesetze verstoßen. Das Land Berlin ist in dieser Hinsicht aber nicht besser.

Zustände wie vor dem Lageso sind eigentlich auch verboten. Foto: dpa

„Diese Rechtsbrüche sind unerträglich und nicht hinnehmbar. Es gibt Regeln in unserem Land. Wer sich nicht daran hält, für den gibt es bei uns auch andere Unterkünfte. Mit verriegelten Türen und Fenstern.“ Das war die Reaktion von Innensenator Frank Henkel (CDU) auf eine Massenschlägerei am vergangenen Sonntag im Flughafen Tempelhof. Dort hat der Senat 2.500 Flüchtlinge in Hangars untergebracht, in Zelten, ohne Wasch- oder Duschräume, mit Dixi­-Klos draußen und ohne vernünftige Betreuung.

Ein anderes Ereignis dieser Woche wirft ein interessantes Licht auf Henkels Drohungen. 56 Flüchtlinge, die seit Tagen und Wochen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) auf ihre Aufnahme warten, stellten am Dienstag Eilanträge beim Sozialgericht, um ihre Erfassung und Versorgung juristisch zu erwirken. Sie sind nicht die ersten: Schon im Oktober war die Zahl der Eilanträge und Klagen gegen das Lageso beim Sozialgericht um über 100 Prozent gestiegen. Die Erfolgsaussichten der Kläger und Antragsteller sind gut: Bisher wurden alle Eilanträge positiv beschieden, berichtet die Initiative „Be an Angel“, die die Flüchtlinge bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützt.

Das stellt Henkels Äußerung vom Kopf auf die Füße. Denn in Berlin werden tagtäglich Rechte von Flüchtlingen gebrochen. Die Täter sind Berliner Behörden. Geflüchtete bekommen oft wochenlang nicht die Unterkunft, Versorgung, medizinische Betreuung, die ihnen laut Gesetz zusteht. Die rechtlich verankerten Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte sind längst ausgehebelt. Kranke, behinderte, minderjährige Flüchtlinge bekommen nicht die Betreuung, die ihnen rechtlich zusteht.

Diese Rechtsbrüche sind für die Betroffenen unerträglich und für unsere Gesellschaft nicht hinnehmbar. Es gab einmal Regeln in unserem Land, Herr Henkel! Vielleicht sollte der Innensenator sich mal in seinem engeren Umfeld umsehen, wen er für diese Rechtsbrüche verantwortlich machen könnte.

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1 Kommentar

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  • wir wollen unseren Henkel doch nicht überfordern!