Das neue Abenteuer von Asterix & Obelix: Pop, Tattoos und Kilts
Im 35. Band reisen die Gallier nach Schottland. „Asterix bei den Pikten“ plündert eifrig aus dem eigenen Motivfundus – und macht doch vieles richtig.
Alea iacta est! Nach Jahren des Leserquälens mit missratenen Alben hat der Meister die Feder abgegeben, weitergereicht an ein frisches Team, das nun frei und unbelastet ein neues Asterix-Abenteuer ersinnen konnte.
Nun ja, ganz so war es nicht, „Cäsar“ Albert Uderzo wacht noch eifersüchtig über seine Kreaturen und hält auch seine Nachfolger an Marionettenfäden. Zeichner Didier Conrad hat dessen Stil perfekt adaptiert, sodass „Asterix bei den Pikten“ wie ein klassisches Album aussieht, und auch die Gallier benehmen sich so, wie wir sie lieben: streitend, raufend, fressend.
Die Story von Jean-Yves Ferri setzt im Winter ein. Obelix findet an der Küste einen angespülten Eisblock, in dem ein rothaariger Pikte aus Kaledonien (Schottland) steckt. Die gallischen Frauen entflammen sofort für den „Asylanten“ mit Dreamboy-Körper und schicken Tattoos, zumal „Mac Aphon“ sich verkühlungsbedingt nur in Popversen artikulieren kann. Gegen den Willen ihrer Männer wird karierter Kilt zum letzten Schrei erkoren.
Als sich der verwirrte Pikte endlich an seine Heimat erinnert, geleiten Asterix und Obelix den Schürzenträger nach Kaledonien zurück – nicht zuletzt, um die gallische Geschlechterordnung wieder ins Lot zu bringen. Vor Ort helfen sie ihm, sein wegen Tattoo- und Karo-Fragen zersplittertes Volk zu einen und Mac Abberh zu besiegen, einen Clanchef, der seine Braut geraubt hat und mit Rom paktiert.
Nebenbei lernen sie Fafnie kennen, das putzige Ungeheuer von Loch Endroll, das Obelix in schöner Paradoxie an seinen kleinen Idefix erinnert (– hrmpf! Apropos: Was haben sich die Autoren dabei gedacht, Idefix in Gallien zu lassen – war er nicht auf fast allen Reisen ein treuer Begleiter?).
Etliche Aufgüsse alter Gags
Das gallische Duo wird mit den Landessitten vertraut gemacht, mit hochprozentigem „Malzwasser“ und krawalliger Rockmusik. Ganz à la Goscinny mixt Ferri antike und kulturelle Anspielungen mit aktuellen, etwa, wenn Piktogramme auf Felsen (die es wirklich gab, nur später) als Verkehrszeichen oder zur Irreführung von Feinden dienen. Originell ist die absurde Erläuterung einer Tauchaktion durch geometrisch vereinfachte Piktogramme.
Es fällt aber eine Reihe von Aufgüssen alter Gags auf, etwa aus „Asterix bei den Briten“, wo der Nebel ebenso waberte (nur stimmungsvoller), wo es Popstars (die Beatles) und lauwarmes Bier gab. Die verfeindeten Clans der Pikten erinnern an die Zwiste „bei den Goten“ oder „auf Korsika“, wo hinreißende Typen wie der stolze Osolemirnix den Lesern ein treffend überspitztes Bild seines Volkes boten.
Die Pikten sind dagegen bloß Kraftpakete mit verrückten Tattoos, aber wenig ausgeprägten Charakterzügen, auch der finstere Mac Abberh kommt nicht aus seinem Klischee heraus. Den Landschaften, bei Uderzo immer voller Details, merkt man den immensen Zeitdruck an, unter dem Zeichner Didier Conrad stand – vor allem die schottischen Highlands hätten als Motiv mehr hergeben können. Die Licht- und Farbgestaltung sind insgesamt etwas soft und zu gefällig.
Macke statt spinnen
Trotz allem ist mit „Asterix bei den Pikten“ ein handwerklich solides Album entstanden, das mit feinem Humor versucht, an die Tradition der René-Goscinny-Reiseabenteuer anzuknüpfen. Sein absehbarer Erfolg könnte dazu führen, dass dem begabten Team mehr Freiheiten gewährt werden und so vielleicht wieder mutigere Geschichten entstehen, die die Handlung verwinkelter anlegen, bissige politische Anspielungen enthalten und mit neuen, originellen Charakteren punkten können.
Der eigentliche Skandal bei Band 35 versteckt sich allerdings auf Seite 27, in einer unscheinbaren Sprechblase von Asterix: „Die haben eine Macke.“ Die alte Variante war schöner.
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