Das große Bienensterben: Gift für Jungbienen
Zwei Pestizide haben mindestens 330 Millionen Bienen getötet. Daran verdient hat die Bayer AG. Jetzt werden die Imker böse.
BERLIN taz Imker und Umweltschützer haben ein Verbot von Bienen gefährdenden Pestiziden gefordert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) und der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund beziehen sich mit ihrer Forderung vor allem auf die Insektengifte Imidacloprid und seinen Nachfolger Clothianidin. Letzteres ist auch der Wirkstoff des Pestizids Poncho, das allein in der ersten Jahreshälfte zum Tod mehrerer tausend Bienenvölker in der Rheinebene und der Region um Freiburg geführt hat. Umweltschützer gehen sogar von zehntausenden toten Bienenvölkern aus.
"In Deutschland muss immer erst alles richtig kaputt sein, bevor man reagiert", kritisierte Manfred Hederer, Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds. Das Bienensterben sei nicht nur eine "dramatische Entwicklung im Naturhaushalt", es entstehe auch ein volkswirtschaftlicher Schaden. Angesichts dessen, dass 80 Prozent aller Nutzpflanzen von Bienen bestäubt würden, bezifferte er den Nutzen von Bienen auf über 400 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Chemiekonzern Bayer hat nach eigenen Angaben 2007 mit den beiden Pestiziden einen Umsatz von 793 Millionen Euro erzielt.
Kritik übten Imker und Umweltschützer nicht nur an Agrarminister Horst Seehofer (CSU), sondern auch am Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das hatte die Zulassung von Beizmitteln mit Clothianidin und Imidacloprid zunächst ausgesetzt, nachdem das Bienensterben in Süddeutschland bekannt wurde. Seit Ende Juni ist der Einsatz der beiden Wirkstoffe jedoch wieder erlaubt - zumindest beim Raps. Daher fordern die Imker neben der Verschärfung auch transparentere Zulassungsverfahren für die Wirkstoffe. "Momentan laufen die Versuche bei der Zulassung nur mit ausgewachsenen Bienen", kritisiert Hederer. Problematisch seien die Gifte aber vor allem für Jungbienen, deren Immunsystem noch schwächer sei. Die freiwillige Entschädigungszahlung von insgesamt zwei Millionen Euro, die Bayer den Imkern versprochen hat, sei "ein Witz". Er erwartet, dass viele Imker die mit der Entschädigung verbundene Bürokratie angesichts des Missverhältnisses zwischen tatsächlichem Wert eines Bienenvolks und der Zahlung, scheuen werden. SVENJA BERGT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Stromspeicher für Erneuerbare Energien
Deutschland sucht die neue Superbatterie
Jette Nietzard gibt sich kämpferisch
„Die Grüne Jugend wird auf die Barrikaden gehen“