standbild: Das Zeitbeben
„Zeit TV: Die Mensch-Maschine“ (Mi., 20.45 Uhr, 3sat)
Kennt eigentlich noch jemand den Satiriker und „alten Furz“ Kurt Vonnegut? Der hat in sehr späten Jahren das Buch „Timequake“ geschrieben, in dem die Menschheit durch ein ebensolches gezwungen ist, die letzten zehn Jahre noch mal zu erleben – ohne irgendetwas verändern zu können. Schrecklich, nicht wahr? Tja, am Mittwoch hat es gewaltig gebebt: 3sat entführte uns zurück in die Zeit der uneingeschränkten Herrschaft des „Abenteuer Forschung“-Despoten Joachim Bublath.
Da greift „Die Mensch-Maschine“ mit grauem, komatösem Chic ein Thema auf, das Ethik-Kommissionen rotieren lässt: Werden uns intelligente Roboter eines Tages unterjochen? Bei „Zeit TV“ wirkt das so dramatisch wie das Balzverhalten von Stichlingen. Robo läuft, Robo spricht, Programm denkt, Mensch lebt mit Emotionschip im Arm. Aha. Langweilen sich denn selbst die Köpfe der Robotik zu Tode? Die Herren Weizenbaum und Moravec spielen mit der Maschinenrebellion, sprechen darüber aber, als entwickelten sie ein neues Formular für die Steuererklärung. Und damit es auch ja nicht interessant wird, kommen Selbstinszenierer wie der Technoapokalyptiker Ray Kurzweil gar nicht zu Wort. Der wird erwähnt, sagen darf er nichts.
Einzig beim Erfinden einer passenden Strafe für seine Macher wirkt das Werk anregend: Wenn Roboter alsbald die Erde bevölkern, stellen wir „Zeit TV“ fünf Bublath-Bots samt Wiener-Schnitzel-Toupet in die Redaktion, die dann ihre besten Moderationen aus 25 Jahren „Abenteuer Forschung“ vorführen. Immer wieder. Androiden werden ja nicht müde. Und wer wirklich etwas über das Thema wissen möchte, der lese. Aber nicht Die Zeit, sondern Wired. Da darf auch Ray Kurzweil schreiben. LIX
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