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■ Das Wahlprogramm der BündnisgrünenEs fehlt ein grünes Bad Godesberg

Wieviel dürfen die Bündnisgrünen versprechen, wenn sie ihr Wahlprogramm formulieren? Möglichst so viel, um ihr Wählerreservoir auch weit links auszuschöpfen, oder nur so wenig, wie sie als Juniorpartner an der Seite der SPD umsetzen können? Das Problem plagt die Grünen schon lange, nun wird es ein Jahr vor dem Bundestagswahlkampf bundesweit erneut zu heftigen Debatten führen. Am Wochenende hat Joschka Fischer seiner Partei vorgeworfen, mit ihrem jetzt vorgelegten Entwurf zum Wahlprogramm drohe 1998 der „Absturz“. Seine Kritik zielt hauptsächlich auf die sicherheits- und außenpolitischen Forderungen. Seine harsche Kritik ist nicht weiter verwunderlich. Fischer, dem insgeheim Ambitionen auf das Amt des Außenministers nachgesagt werden, wird die fundamentalen Positionen zur Abschaffung der Bundeswehr, zur Ablehnung von Interventionsstreitkräften und zur Auflösung der Nato kaum mittragen können, ohne sich dabei selbst zu verbiegen. In der Debatte um die Befriedung Bosnien-Herzegowinas und zur Nato-Osterweiterung steht er seit längerem für Anerkennung realpolitischer Prämissen. Fischer und ein solches außenpolitisches Wahlprogramm – das wäre so unwahrscheinlich wie ein Gerhard Schröder und eine von der SPD-Basis geforderte drastische Erhöhung des Benzinpreises.

Die Linke reagiert merklich verhalten auf Fischers Angriff. Sie weiß, daß er für eine Partei, die kaum charismatische Persönlichkeiten vorzuweisen hat, unersetzlich ist. Die Partei, verteidigt denn auch vorsichtig Ludger Volmer das Wahlprogramm, sollte sich bitte schön Utopien erhalten. Das ist zwar ehrlich gemeint, muß aber in den Ohren vieler Wähler zynisch klingen. Die Grünen werden schon lange nicht mehr gewählt, weil man sich von ihnen fundamentale Veränderungen erwartet. Die Hoffnungen der ersten Jahre sind schon lange einem – zugegebenermaßen – langeweiligen Pragmatismus gewichen. Ein Wahlprogramm aber, an dessen Verwirklichung in Sicherheitsfragen ohnehin niemand glaubt, ist nicht mehr als Seelenpflege für die realpolitischen Frustrationen, die die Basis anderweitig auf kommunaler und landespolitischer Ebene erleidet. Ein Jahr vor der Bundestagswahl rächt sich das Versäumnis, die Kernpunkte einer künftigen grünen Sicherheits- und Außenpolitik nie richtig ausgefochten zu haben. Stets besänftigte man die innerparteilichen Flügel mit wohlaustarierten Beschlüssen. Was den Grünen noch bevorsteht, ist das, was sich die SPD 1959 mit ihrer Abkehr von marxistischen Grundsätzen verordnete: Ein grünes Bad Godesberg in Sachen Sicherheits- und Außenpolitik. Severin Weiland

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