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Das Verhältnis zwischen CDU und AfDKonkurrieren statt kooperieren

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff

Ergebnisoffene Gespräche mit der AfD darf es für die CDU nicht geben. Trotzdem muss sie das Bedürfnis, wieder konservativer aufzutreten, ernst nehmen.

Wie umgehen mit dem Mann ganz rechts? Das CDU-Dilemma, nicht nur in Thüringen Foto: dpa

E s ist ein Albtraum: Die CDU in Thüringen tut sich mit der AfD zusammen und wählt Björn ­Höcke zum Ministerpräsidenten. Dann ist auch auf Bundesebene nichts Faschistisches mehr unmöglich.

Aber wird es dazu wirklich kommen, nur weil ein paar CDU-Provinzfunktionäre „ergebnisoffene Gespräche“ mit der AfD gefordert haben? Ja, wenn das Ergebnis wäre, dass die CDU ernsthaft mit der AfD regieren will. Denn der stärkeren Partei, und das ist die AfD in Thüringen, könnte man in einer schwarz-braunen Koalition den Chefposten nicht auf Dauer verwehren.

Schon allein diese Machtlogik macht Hoffnung, dass die CDU das nicht riskiert. Aber die Versuchung ist offenbar da, irgendwie mit der AfD ins Geschäft zu kommen. Wie wäre es also mit einer verschwiemelten Hinterzimmerkoalition, bei der sich Mike Mohring im Geheimen von der AfD mitwählen lässt, um dann eine Minderheitsregierung zu versuchen, toleriert von der AfD?

Was nutzt es, wenn das CDU-Personal wieder für Linksliberale okay ist, wenn dann noch mehr Leute AfD wählen?

Nein, auch das kann die CDU-Spitze nicht akzeptieren. Rechtsextreme Stimmen dürfen nicht angenommen werden wie alle anderen, ob verstohlen oder offen, sonst werden sie Normalität und ebnen der AfD den Weg in die Regierung.

Aber es wird für die CDU nicht reichen, auf das Kooperationsverbot zu verweisen und ansonsten weiterzumachen wie bisher. Am Ende der Ära Merkel gibt es ein Bedürfnis vieler CDU-WählerInnen und -Mitglieder, wieder konservativer aufzutreten, auch wenn viele nicht wissen, was das konkret heißt. Das kann man bedauern oder belächeln, aber man sollte es nicht ignorieren.

Es wäre gefährlich, von denen, die sich einen Rechtsruck wünschen, nun das Gegenteil zu verlangen, nämlich Koalitionen mit der Linken. Auch bei der Merkel-Nachfolge sollte das wichtigste Kriterium nicht sein, ob das Personal wieder für Linksliberale okay ist. Was nutzt das, wenn dann noch mehr Leute AfD wählen?

Wichtiger ist, dass die nächsten CDU-KandidatInnen auch Rechte binden und vom Faschisten-Wählen abhalten, ohne selbst faschistisch zu reden. Dieser Spagat ist schwierig, aber nötig und besser als jede Kungelei mit der AfD.

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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8 Kommentare

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  • Die stärkste Partei in Thüringen ist aber, trotz Annahme des Autors, die Linkspartei, nicht die AfD.

  • Die CDU ist in weiten Teilen so weit rechts, dass es ihr sehr schwer fallen wird afd Wähler zu binden, ohne selbst zur afd zu werden.

  • Ein sehr guter Artikel. Genau das ist mein Reden seit Jahren. Auf der einen Seite ist die CDU (mir) sympathischer geworden, weil sie durch verschiedene Maßnahmen „linker“ geworden ist: Papstkritik, Atomausstieg, Aussetzung der Wehrpflicht, Ökologische Wende usw., Auf der anderen Seite braucht unsere Republik eine konservative Partei, weil sonst (z.B. mit der AfD) ein Monster herangezüchtet wird. Es ist wie mit einem Tannenzweig, der in die entgegengesetzte Richtung schlägt, nachdem er zurückgebogen wurde. Man muss die CDU von früher nicht mögen, um zu erkennen, dass sie gesamtgesellschaftlich eine wichtige Rolle gespielt hat. Und ja, man kann auch linksliberal eingestellt sein und trotzdem diese Sätze schreiben. Ein politisches Bekämpfen und Schwächen konservativer Positionen ist mir allemal lieber als ein Schrumpfen konservativer Werte durch Parteidoktrin, das gleichzeitig ein Ungetüm wachsen lässt, gegenüber dem die alte CDU ein humanistisches Paradies ist!

  • Was ist denn anderes denkbar und öffentlich gewollt in Thüringen als eine Regierung mit Ramelow?

    Genau da haben die Betonköpfe aus Berlin aber in die Parade gefahren.

    Die AfD Gespräche sind Rache dafür.

  • Hat das Zentrum schon mal gemacht, bzw. geglaubt das kontrollieren zu können.



    Die CDU sollte besser kämpfen statt koalieren, es geht um ihr Überleben.

  • Wahlverwandtschaften in der Heimat Goethes

    Zitat: „Die CDU in Thüringen tut sich mit der AfD zusammen und wählt Björn Höcke zum Ministerpräsidenten.“

    Dann wüchse zusammen, was zusammengehört...

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Reinhardt Gutsche:

      Da könnte man genauso schlau behaupten, SPD und MLPD gehörten zusammen.

  • ein, unserem Land verpflichteter und dienender Konservativismus schließt gerade mit pseudo-konservativen, aber rechtsradikalen wie der AfD eine Koalition, und / oder auch nur Absprachen aus. Alles andere führt geradewegs zurück in die Vergangenheit und zerstört damit unseren demokratischen Staat.



    Warum sollte die CDU für Konservative nicht wählbar sein, die der rechtsradikalen AfD die kalte Schulter zeigt. Zu verhindern, dass staatszerrstörende Elemente in die Parlamente gelangen ist erstes Gebot der Stunde. Als Konservativer der Gegenwart heißt es aus der Geschichte zu lernen und nicht die gleichen Fehler wie im letzten Jahrhundert zu begehen. Das gilt es aus Sicht der CDU seinen Wählern und den machtgierigen "Provinzfunktionären" gegenüber zu vermitteln. Dann werden die "konservativen Protestwähler" auch wieder CDU wählen. Dann werden Werte gelebt und unsere wie auch die Zukunft der CDU gestärkt.