piwik no script img

■ Das StichwortLebensborn e.V.

Nicht auf „einen Tropfen guten Blutes“wollten die Nationalsozialisten verzichten. Deshalb wurde am 12. Dezember 1935 auf Veranlassung des SS-Reichsführers Heinrich Himmler in Berlin der Verein „Lebensborn“gegründet.

In den Heimen des Lebensborn, darunter auch das „Heim Friesland“in Schwanewede bei Bremen, hatten Frauen die Möglichkeit, ihre Kinder zur Welt zu bringen, und zwar ohne, daß jemand davon erfuhr. Der Lebensborn hielt auf Wunsch sowohl den Namen des Vaters geheim als auch die Existenz des Kindes. Viele unverheiratete Frauen, von der Umwelt wegen ihrer Schwangerschaft geächtet, machten von diesem Angebot Gebrauch. Nach der Geburt übernahm der Lebensborn für uneheliche Kinder sogar die Vormundschaft.

Es ging Himmler jedoch nicht darum, ledigen Müttern zu helfen. Der Verein sollte vielmehr der Züchtung einer neuen Elite dienen und die „Sippengemeinschaft“erweitern. Der Lebensborn brachte in seinen Heimen nur „rassisch und erbbiologisch wertvolle werdende Mütter“unter. Erfüllte eine Frau dieses Kriterium nicht, wurde sie vom Lebensborn abgewiesen, selbst wenn sie in Not war.

Umgekehrt akzeptierte der Lebensborn auch Bewerberinnen, die mit SS-Führern verheiratet waren, um sie von jeder existentiellen Sorge zu befreien.

Mit Hilfe des Lebensborn wollte Himmler die jährlich 100.000 Abtreibungen verhindern. Diese geretteten Kinder „wertvoll an Körper und Geist, der Adel der Zukunft“sollten dem Reich als Soldaten dienen. Himmler rechnete aus, daß der Armee in 30 Jahren 400.000 Mann mehr zur Verfügung stünden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden während des Krieges auch auserwählte Kinder aus Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und Slowenien, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Norwegen entführt. Nach einer brutalen Ausleseprozedur, bei der die Kinder rassisch durchgecheckt wurden, landeten sie in den Heimen des Lebensborn, wo sie „eingedeutscht“werden sollten.

Doch die Rechnung Himmlers ging nicht auf: Nur etwa 7.000 bis 8.000 Kinder wurden bis Kriegsende im Lebensborn geboren, davon waren 50 bis 60 Prozent unehelich. Eine Untersuchung von 70 ehemaligen Lebensborn-Zöglingen 1965 ergab, das viele Kinder Lern- und Erziehungsschwierigkeiten hatten. Fünf der 70 Jugendlichen waren im Alter von 17 Jahren noch Bettnässer. Der Anteil an Fürsorgefällen war unter diesen Jugendlichen auffallend hoch. kes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen