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■ Das PortraitWeißer Riese, weich geklopft

Axel Schulz

Axel Schulz hat verloren. Er boxt nicht mehr. Das hat er auf der Pressekonferenz nach dem Kampf gegen Wladimir Klitschko gesagt. Er hat auch gesagt, dass er ganz schlecht geboxt hat. Der Weltspitze unwürdig. Er hat nicht drum herum geredet. Er hätte anführen können, dass sein Gegner größer, schwerer, schlagstärker war. Er hat die Schuld auf sich genommen. Nahe an der Selbstmontage. Direkt, offen, klar. Keiner prügelte auf den Loser ein, man zollte ihm Respekt. Endlich – nachdem vor dem Kampf gegen Wladimir Klitschko eine mediale Universalverarsche lief.

In der „Wochenshow“ auf Sat.1 knockte ihn ein Lufthauch aus, er fiel auf weiche Polster. Das Schulz-Imitat schrie. „Aua, verdammt hart hier!“ In den Zeitungen hieß er nur mehr Axelchen. Axel, der weiche Riese, der ewig verlierende Knuddel-Ossi mit dem Pennäler-Punch. Ein bisschen doof, dafür aber ganz lieb. Fallobst mit dem GMA-Gütesiegel.

Boxen sollte er, nicht reden. Beides tat er leidlich gut. Als er jüngst zum Thema Doping befragt wurde, meinte er, jeder dürfe schlucken, was er wolle. Im Ring waren seine Vorstellungen ähnlich limitiert. Ein träger Schwergewichtler, dessen Beine immer in einem Teigkoben zu stecken schienen. Unbeweglich. Zögernd. Phlegmatisch.

Trainer Manfred Wolke war bekannt für die technisch gute Boxschule in Ostdeutschland. Vor Schulz versagten seine Fähigkeiten. In Köln versuchte Schulz vereinzelt mit rechten Schwingern und Hauruckangriffen sein Glück. Jahrmarktschläger kämpfen so.

Aber einmal schien die große Stunde gekommen. Gegen den Box-Opa George Foreman lag er 1995 nach Punkten vorn. Die Ringrichter beschissen ihn. Sein Image bekam Konturen. Als er dann noch gegen den minder talentierten Südafrikaner Frans Botha verlor, attestierte Schulz jeder eine unheilbare Narkolepsie. Der Fernsehmechaniker aus Frankfurt an der Oder bestätigte die Diagnose regelmäßig.

„Der Axel ist ein dufter, ehrlicher Typ“, sagt Manager Wolfram Köhler. Der komme sogar zu Autogrammstunden, ohne die obligatorischen 15.000 Mark zu fordern. In seinem letzten Kampf ließ sich Schulz für drei Millionen vermöbeln. Wie seine Zukunft nun aussehe, wurde er gefragt. Erst mal ins Hotel fahren und den schmerzenden, geschwollenen Schädel in Eiswasser tunken, hat er geantwortet. Sicher hat er das jaaaanz langsam getan. Wolke daneben: „Axel, Mensch, et läuft nich mehr.“ Markus Völker

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