Das Portrait: Auch die SPD hat ihren Oberbauern
■ Karl-Heinz Funke
Den passenden Habitus für einen Bundeslandwirtschaftsminister bringt Karl- Heinz Funke sicher mit: Der etwas beleibte 52jährige mit dem glatten rundlichen Gesicht entspricht äußerlich dem Typ des sturen Norddeutschen. Im heimatlichen Dangast, das hoch im Norden am Jadebusen liegt und zur Stadt Varel gehört, bewirtschaftet der niedersächsische Landwirtschaftsminister noch immer seinen Hof. Doch wenn der Minister vor niedersächsischen Bauern spricht, entwickelt er Entertainer-Qualitäten, dann begeistert er sein Publikum mit einem bodenständig-derben Humor. Daß er dabei auch frauenfeindliche Sprüche zum besten gab, zeigte eine Zitatensammlung, die sein Ministerium unter dem Titel „Wehe, wem der Funke blüht“ veröffentlichte.
Bei seinen Bauern hat ihm das allerdings genausowenig geschadet wie einst ein peinlicher Auftritt bei einer Agrarministerkonferenz daheim in Dangast: Da pinkelte Funke nach einer Bootsfahrt mit seinen Kollegen an den Deich und schurigelte anschließend einen Polizeibeamten. Nach einem anderen Besäufnis – diesmal mit Agrarexperten der SPD-Landtagsfraktion – brachte Funke eine etwas zu bauernschlaue Spesenrechnung sogar ein kurzes Ermittlungsverfahren wegen Betrugs.
Sein Haus wollte seinerzeit die Kosten der Bier- und Kornrunden nicht ersetzen, die Funke den Abgeordnete ausgegeben hatte. Da reichte der Minister einfach eine neue Rechnung der betreffenden Gaststätte ein, auf der plötzlich das örtliche Landvolk bewirtet worden war. Wohl nur wegen dieser Affären kam der seit achteinhalb Jahren in Hannover amtierende Minister nicht ins SPD- Schattenkabinett. In Schröders Landeskabinett hatte Funke nämlich stets ein starke Position. Nach einer Lehre als Kaufmann und dem Abitur auf dem zweiten Bildungswegs hat der Sozialdemokrat Agrarwissenschaften, Germanistik und Geschichte studiert. Bis zu seinem erstmaligen Einzug in den niedersächsischen Landtag 1978 bildete er in Varel Landwirte aus. Einer extensiven Landwirtschaft hat Funke in Niedersachsen stets das Wort geredet. Geändert hat sich dadurch weder die Agrarstruktur im Land noch der Trend zu immer größeren Agrarfabriken. Der Westen Niedersachsens ist – Funke hin, Schweinepest her – nach wie vor eines der europäischem Zentren der industriellen Massentierhaltung. Jürgen Voges
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