piwik no script img

■ Das PortraitDie erste Frau am EuGH

Mit der Irin Fidelma Macken gehört dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum ersten Mal in 47 Jahren eine Frau an. Seit 1952 bestand das Gericht der Europäischen Gemeinschaften ausschließlich aus Männern. Schuld sind die heute 15 EU-Mitgliedsstaaten. Sie können „ihre“ Sitze im Gerichtshof quasi nach eigenem Gutdünken besetzen. Dabei kann die Bedeutung des EuGH durchaus mit der eines Verfassungsgerichts verglichen werden. Er entscheidet bei Streitigkeiten unter den Mitgliedsstaaten oder mit EU-Organen und legt außerdem, auf Anfrage nationaler Gerichte, das EU-Recht aus.

Frau in Männerdomäne: Die irische Richterin Fidelma Macken Foto: Archiv

Auch 1989, als der EuGH durch ein Europäisches Gericht erster Instanz (EuG) entlastet wurde, kamen wieder nur Männer zum Zug. Erst mit dem EU-Beitritt von Finnland und Schweden 1995 gab es am EuG die ersten Richterinnen: Virpi Tiili und Pernilla Lindh. Für den eigentlichen Europäischen Gerichtshof benannten aber auch die skandinavischen Regierungen lieber Männer.

Nun hat also ausgerechnet das katholische Irland den Bann gebrochen. Fidelma Macken war lange Zeit als Anwältin tätig und erst im vorigen Jahr an den irischen High Court (das zweithöchste Gericht der Insel) berufen worden. Viel weiß man auch in Irland nicht über die 54-Jährige. Die Irish Times brachte zu ihrer Ernennung nur einen dürren Lebenslauf. Und Interviews will Macken – unter Berufung auf irische Traditionen – vorerst keine geben. Dass sie allerdings eine couragierte Richterin ist, zeigte Macken kurz vor ihrem Weggang. In einem aufsehenerregenden Urteil kassierte sie wegen „Befangenheit“ der staatlichen Behörde die Lizenzvergabe für ein irisches Mobilfunknetz.

An der Rechtsprechung des EuGH wird die neue Richterin wohl wenig ändern. Bei aller Männerlastigkeit konnte dem Gericht auch bisher keine Frauenfeindlichkeit nachgesagt werden. Im Gegenteil, schon in den 70er-Jahren hat der EuGH das Recht auf „gleiches Entgelt“ als Gemeinschaftsgrundrecht ausgestaltet. Und in Nachteilen für Teilzeitbeschäftigte erkannte er eine mittelbare Diskriminierung von Frauen. Selbst deutsche Frauen-Quoten hat der EuGH inzwischen akzeptiert (wenn sie eine Härtefallregelung für Männer vorsehen). Zur Begründung hieß es, dass bisher „selbst bei gleicher Qualifikation die Tendenz besteht, Männer vorrangig vor Frauen“ einzustellen. Das war für die 15 Richter evident. Bis in ihre Mitte hatte es ja auch keine Frau geschafft. Christian Rath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen