Das Kabinett: Die neuen MinisterInnen sind da

Zwei bleiben auf ihren Posten. Ansonsten wechseln Ressorts und Personal munter durcheinander. Wir stellen das neue Kabinett vor.

Der Tisch ist schon gedeckt. Bild: dpa

BERLIN taz | Das sind die MinisterInnen der Großen Koalition:

Ursula von der Leyen (CDU)

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Verteidigung: Sie steht für die moderne CDU. Eine Kämpferin, die gerne mal auf die Parteiraison pfeift, wenn ihr die Sache wichtig erscheint. Mit Alleingängen etwa zur Frauenquote oder zum Homo-Adoptionsrecht hat Ursula von der Leyen in den vergangenen vier Jahren viele ihrer Mitstreiter in der Union genervt - auch die Kanzlerin.

Als prominentes Kabinettsmitglied und mögliche Erbfolgerin Merkels war sie dennoch gesetzt für einen wichtigen Posten in der Großen Koalition. Beim Wechsel ins Wehrressort erbt sie von ihrem Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) eine ganze Reihe von Altlasten, vor allem im Zusammenhang mit missglückten Rüstungsprojekten. Zudem muss von der Leyen den Afghanistan-Abzug managen. In Anspielung auf ihre Vorgänger warnte der frühere ranghöchste Bundeswehrgeneral, Harald Kujat, sie bereits: „Man scheitert zwingend, wenn man meint, nach sechs Monaten wisse man bereits alles besser.“ AGX

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Wirtschaft und Vizekanzler: Im Dezember 2013 ist Sigmar Gabriel auf dem Höhepunkt seiner persönlichen und politischen Laufbahn angelangt. Er ist jetzt 54 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Im schwarz-roten Kabinett wird er das um das Thema Energie erweiterte Wirtschaftsministerium führen.

Er wird Vizekanzler und bleibt Parteivorsitzender. Und für all dies, dieses Übermaß an Zuschreibungen und Macht, hat ihm die Basis auch noch ihr Okay gegeben. Hier geht's zum ausführlichen Portrait. AM

Alexander Dobrindt (CSU)

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Verkehr: Der 43-Jährige hat in der CSU einen rasanten Aufstieg hingelegt. Als Horst Seehofer ihn 2009 zum Generalsekretär machte, verordnete Dobrindt den nach Hirschgeweih müffelnden Bayern eine Verjüngungskur. Plötzlich lud die CSU in angesagte Münchner Clubs ein, veranstaltete Presselounges, twitterte lustiges Zeug und adressierte gezielt junge Frauen. Aus dem Allerweltspolitiker Dobrindt wurde ein smarter Stratege mit Maßanzug und Hornbrille. Seine Mission war erfolgreich. 2013 eroberte die CSU in Bayern die absolute Mehrheit zurück.

Seehofer mag Erfolg, deshalb darf Dobrindt als Verkehrsminister ins Kabinett, der zudem fürs Digitale zuständig ist. Dobrindt gab sich im Bundestagswahlkampf als giftiger Hardliner, der die Grünen in der Pädophilie-Debatte verunglimpfte. Seine Tabubrüche kalkuliert Dobrindt sehr genau, für echte Ressentiments ist der Oberbayer viel zu klug. US

Manuela Schwesig (SPD)

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Familie: Die 39-Jährige war bereits in Peer Steinbrücks Schattenkabinett als Familienministerin gesetzt. Sie übernimmt das Amt von CDU-Frau Kristina Schröder, die mit ihren Ansichten und Entscheidungen zur Hassfigur des linksliberalen Bürgertums geworden war. Da dürfte Ministerin Schwesig deutlich besser ankommen - auch wenn sie angeblich von den eigenen Genossinnen immer mal wieder hämisch als „Barbie des Ostens“ bezeichnet wird. In die SPD ist sie erst vor zehn Jahren eingetreten.

Vor fünf Jahren wurde die Finanzwirtin Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern, 2009 stellvertretende SPD-Vorsitzende. Im letzten Jahr hat sie durch ihre argumentativ gründlich vorbereiteten Scharmützel zum Betreuungsgeld mit Unionsfrau Schröder große Bekanntheit erlangt. Im Koalitionsvertrag steht es letztlich doch drin. Wie Manuela Schwesig nun, in Amt und Würden, dieses ungeliebte Projekt umsetzt, wird sich sehr bald zeigen. AM

Heiko Maas (SPD)

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Justiz: Wer von Heiko Maas (47) spricht, darf von Oskar Lafontaine nicht schweigen. Der einstige SPD-Star hatte dem jungen Juristen einst den roten Teppich in die Politik ausgerollt, ihn als 30-Jährigen zum damals jüngsten Staatssekretär gemacht. Mit 32 wurde Maas unter Reinhard Klimmt Umweltminister, später Oppositionsführer gegen CDU-Ministerpräsident Peter Müller. Lafontaines Austritt aus der SPD und dessen Übertritt zur Linken machte dem Hartz-IV-Gegner schwer zu schaffen, politisch wie persönlich stand er vor einem Scherbenhaufen.

Erst in der Großen Koalition mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) konnte Maas, die „ewige Nachwuchshoffnung“, sein Talent ausspielen. Er konsolidierte die verunsicherten Genossen an der Saar und leistete als Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Energie solide Arbeit. Im Bund ist der Parteilinke nach allen Seiten andockfähig und wichtig - nicht nur als Justizminister. FRA

Thomas de Maizière (CDU)

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Inneres: Kein Stuhl im Bundeskabinett hat in den vergangenen Monaten stärker gewackelt als der des Verteidigungsministers. Ausgerechnet Thomas de Maizière, der stets für Prinzipientreue und Korrektheit stehen wollte, wäre beinahe über die Drohnenaffäre gestürzt. Vor dem „Euro-Hawk“-Untersuchungsausschuss deklarierte der 59-jährige Jurist die gravierenden, millionenschweren Fehler des Ministeriums einfach mal als Pannen seiner Mitarbeiter.

Die Kanzlerin hielt im Wahlkampf an ihrem langjährigen Weggefährten fest – die beiden kennen sich seit 1990. Für die große Koalition war de Maizière von der CDU gesetzt. Jetzt kommt der Mann wieder in ruhigeres Fahrwasser, denn das Innenressort gilt als weit weniger skandalgefährdet. Zumal er den Job schon kennt - de Maizière war im Kabinett von Angela Merkel von 2009 bis 2011 schon einmal Bundesinnenminister. AGX

Andrea Nahles (SPD)

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Arbeit und Soziales: Wenn die 43-jährige Andrea Nahles nun das mit seinem 126-Milliarden-Euro-Etat größte Bundesministerium übernimmt, enden ihre vier Jahre als Generalsekretärin der SPD. Erst kürzlich wurde sie dafür noch einmal gewählt; die Genossen dankten ihr ihre Arbeit mit mageren 67,2 Prozent. Andrea Nahles hatte den Bundestagswahlkampf organisiert. Das Ergebnis war trotz Haustürgesprächen und Peer Steinbrücks Klartextreisen dünn: 25,7 Prozent.

Nahles, die von einigen in Partei und Fraktion bereits vor dem Wahlabend als Schuldige gesetzt war, zog danach mit Parteichef Sigmar Gabriel an einem Strang. Fortan sah man die gern mal unterschätzte Rheinland-Pfälzerin mit der Union die Zukunft der SPD als Regierungspartei aushandeln. Am Ende steht nun das Ministerinnenamt. Dort wird Nahles Aufgabe sein, jenen Mindestlohn, den sie selbst in den Koalitionsvertrag mit hineinverhandelt hat, auch umzusetzen. AM

Hermann Gröhe (CDU)

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Gesundheit: Seit 2009 war Hermann Gröhe als CDU-Generalsekretär Merkels Mann fürs Grobe - auch wenn er in der Disziplin Angriff nie so tief zielte wie sein CSU-Kollege Alexander Dobrindt. „Bei der SPD weiß man nie, was Versprechen und was Versprecher sind“, so klang es, wenn er vor der Wahl gegen die Konkurrenz ätzte. Echte Feindschaft hört sich anders an. Tatsächlich wird der Rheinländer dem linken CDU-Flügel zugerechnet, für Schwarz-Grün ist er offen.

Jetzt steht er an der Spitze eines Ressorts, dass die Sozialdemokraten gern gehabt hätten. Sonderlich aufgefallen ist Gröhe als Gesundheitspolitiker bislang nicht. Zu den künftigen Aufgaben des seit 1997 im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland sitzenden Gröhe könnte die Regelung der Strafbarkeit der Suizidbeihilfe sein, die Schwarz-Gelb nicht mehr umgesetzt hatte. Anders als die FDP will die Union der Forderung der Kirchen nachkommen und alle Formen der Beihilfe zum Suizid ahnden. CJA

Wolfgang Schäuble (CDU)

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Finanzen: Wolfgang Schäuble ist der dienstälteste Parlamentarier. Jetzt wird er der einzige Minister, der sein Ressort behalten darf. Schäubles Karriere verlief steil. Ab 1984 war er Chef des Bundeskanzleramts, von 1989 bis 1991 war er Innenminister und verhandelte die deutsche Einheit. 1991 bis 2000 wechselte Schäuble in den Fraktionsvorsitz der Union, von 1998 bis 2000 war er auch CDU-Parteichef.

Schäuble wäre wahrscheinlich irgendwann Bundeskanzler geworden - wenn nicht Kohls schwarze Kassen dazwischen gekommen wären. Schäubles Anteil an der Affäre kennen heute nur noch Experten, doch Angela Merkel verdrängte ihn damals vom Parteivorsitz. Nach einem Karriereknick war Schäuble ab 2005 Innenminister, seit 2009 amtiert er als Bundesfinanzminister. Seither muss er die Eurokrise managen. Während die Deutschen mit ihm sehr zufrieden sind, ist Schäuble im Ausland umstritten, weil er vor allem auf Sparprogramme setzt. UH

Frank-Walter Steinmeier (SPD)

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Äußeres: Mit Frank-Walter Steinmeier übernimmt einer der letzten Vertreter der SPD-Agenda-Politik ein Ministeramt. Der 57-Jährige wird Außenminister. Dem Vernehmen nach musste er dazu regelrecht überredet werden. Seinen Job als Fraktionsvorsitzender im Bundestag hat er gut und gern gemacht. Zudem gilt er seit einer Nierenspende für seine Ehefrau im Jahr 2010 als jemand, der weiß, was im Leben tatsächlich von Bedeutung ist. Gleichwohl gilt Steinmeier seit Wochen als gesetzt. Er ist Politprofi.

Ab 1999 war er Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder. Seine Rolle bei der Verhinderung der Freilassung des Guantánamo-Gefangenen Murat Kurnaz blieb dubios. 2005, zu Zeiten der Großen Koalition, wurde er erstmals Außenminister. Als SPD-Kanzlerkandidat holte er 2009 das schlechteste Ergebnis in der SPD-Nachkriegsgeschichte. Doch bei der Bundestagswahl im September 2013 gewann er für die SPD das einzige Direktmandat im Osten. AM

Peter Altmaier (CDU)

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Kanzleramt: Der 55-Jährige, bis vor Kurzem Umweltminister, ist Merkels Allzweckwaffe. Der gewichtige Saarländer verfügt über eine gute Rhetorik und ein einnehmendes Wesen, er verhält sich stets loyal zur Kanzlerin. Außerdem hat der leidenschaftliche Twitterer beste Kontakte in fast alle Parteien. Er gehört zum progressiven Flügel der CDU, der offen mit Schwarz-Grün liebäugelt. Altmaier saß in der legendären Pizza Connection, der Runde von jungen CDUlern und Grünen, die sich in Bonn beim Italiener trafen.

Als Umweltminister ist seine Bilanz durchwachsen. Er verrannte sich mit der Strompreisbremse, schaffte aber einen historischen Kompromiss, indem er alle Länder dazu brachte, neu über ein Endlager für Atommüll nachzudenken. Altmaier wäre gerne Umweltminister geblieben, sein Ressort fiel jedoch dem Kuhhandel der Koalitionäre zum Opfer. Als Kanzleramtschef muss er jetzt Merkel den Laden organisieren. Alle Voraussetzungen dafür bringt er mit. US

Hans-Peter Friedrich (CSU)

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Agrar: Vor gut zweieinhalb Jahren wollte er nicht. Bundesinnenminister? Och nö. Hans-Peter Friedrich wäre lieber Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag geblieben. Doch Seehofer brauchte ihn, so wechselte der Franke Anfang 2011 ins Bundeskabinett. Friedrich machte dort eine unglückliche Figur. Immer wieder patzte er mit unpassenden oder peinlichen Äußerungen, wirkte überfordert. Als die NSA-Affäre bereits gewaltiges Format angenommen hatte, polterte der ansonsten für seine freundliche Art bekannte CSU-Politiker: „Diese Mischung aus Antiamerikanismus und Naivität geht mir gewaltig auf den Senkel.“

Wenig später ergänzte er die Verfassung im Nebensatz mal eben um das „Supergrundrecht“ auf Sicherheit. In den Koalitionsverhandlungen galt der Jurist - wenig überraschend - als Wackelkandidat. Jetzt soll er sich um die Landwirtschaft kümmern. Mal sehen, ob das besser klappt. AGX

Barbara Hendricks (SPD)

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Umwelt: Das Spektakuläre, Glamouröse hat Barbara Hendricks nie gesucht – die Macht schon. In den letzten Jahren kam in der SPD-Zentrale niemand an ihr vorbei. Mitgliedervotum? Wahlkampf? 150. Geburtstag? All das kostet. Hendricks war die Schatzmeisterin - und das ist in der SPD mit mehr Macht verbunden als anderswo.

Jetzt wird sie Umweltministerin. Hier geht's zum ausführlichen Portrait über die 61-Jährige. HG

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Entwicklung: Der neue Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung war zuletzt als Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium für die „Nationale Exportstrategie“ verantwortlich. Von Spöttern wurde Müller dort "Exportminister" genannt, weil er so stolz darauf war, dass „die deutsche Ernährungswirtschaft auf den Auslandsmärkten nahezu jeden dritten Euro“ macht.

Tatsächlich werden zum Beispiel von den acht Millionen Tonnen Fleisch, die jährlich hierzulande hergestellt werden, 1,6 Millionen exportiert. Dabei wird hoch subventioniertes Geflügelklein tiefgekühlt für 2 Euro das Kilo nach Afrika gekarrt – und macht dort die Geflügelwirtschaft kaputt, da lokale Geflügelbauern wenigstens sechs Euro je Kilo nehmen müssten. Insofern ist es konsequent, wenn Müller jetzt Entwicklungsminister wird: So kann der 1955 im bayrischen Krumbach Geborene begutachten, was er angerichtet hat. RENI

Johanna Wanka (CDU)

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Bildung: Die 62-Jährige wird als Amtsinhaberin ihr Ministerium weiter führen. Sie kam erst Anfang 2013 ins Amt – nach dem Rücktritt von Bildungsministerin Annette Schavan. Die CDU stuft das Ressort als eines der wichtigsten im Kabinett ein.

Mit den Milliardenausgaben für die Forschung kann man mit diesem Haus viele Punkte bei Wissenschaftlern und Studenten machen. Die promovierte Mathematikerin aus Sachsen war viele Jahre Kultusministerin in Brandenburg und Niedersachsen. Sie gilt als konservativ und pragmatisch. (dpa)

Angela Merkel (CDU)

Kanzlerin: Sie bleibt, was sie ist. Angela Merkel.

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