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Das Finanzministerium und die Bankenkrise"Systematische Verschleierung"

Eine Gruppe Abgeordneter versucht, die Ursachen der Bankenkrise zu untersuchen. Einer von ihnen wirft dem Finanzministerium jetzt "systematische Verschleierung" vor.

Schäuble und sein Ministerium rücken nicht raus mit der Sprache. Bild: dpa

BERLIN taz | Zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers sind manche Zutaten der großen Finanzkrise bekannt - andere aber nicht. Im Deutschen Bundestag untersuchen einige wenige Abgeordnete, unter ihnen der Grüne Gerhard Schick, warum die Banken ihre gigantischen Verluste anhäufen konnten. Bei dieser Aufklärungsarbeit, die seit anderthalb Jahren läuft, geht es auch um die Frage: Hat die deutsche Bankenaufsicht die Institute wirksam kontrolliert? An dieser Stelle jedoch betreibe das Bundesfinanzministerium "systematische Verschleierung", beklagt Schick nun.

"Das Finanzministerium legt eine dichte Schutzhülle um die Aufsicht und die Banken", sagt Schick gegenüber der taz. Die mündlichen und schriftlichen Antworten auf die Fragen der Abgeordneten fielen regelmäßig unzureichend aus. "Man will uns daran hindern, zu erfahren, wie die Dinge wirklich abgelaufen sind." Auf diese Art werde die Kontrolle der Regierung durch das Parlament ausgehebelt.

Einer der zahlreichen Aufklärungsversuche bezieht sich auf die Geschäfte der ehemaligen Sächsischen Landesbank. Diese stand 2007 vor der Pleite, weil sich ihr irischer Ableger Ormond Quay massiv verspekuliert hatte. Landesbanken und Land sprangen mit Milliarden Euro ein. Schließlich wurde die marode Sachsen LB von der Landesbank Baden-Württemberg übernommen und aufgelöst.

Wie mühselig die Aufklärung dieser Vorfälle ist, zeigt eine Episode der Auseinandersetzung zwischen Abgeordneten und Bundesfinanzministerium. In einer Kleinen Anfrage vom Februar 2010 wollten Schick und seine Kollegen wissen: Hat die Bundesbank in ihrer Funktion als Bankenaufsicht versucht, die Geschäfte der Sachsen LB in Irland aufzuklären und zu unterbinden? Ist die Bundesbank ihrem Auftrag, die Finanzinstitute zu beaufsichtigen, überhaupt nachgekommen?

Auf die schriftlichen Fragen der Grünen antwortete das Bundesfinanzministerium mit solchen Sätzen: "Die Bankenaufsicht ist als Solvenzaufsicht über die Kreditinstitute mit den Zielsetzungen Gläubigerschutz und Finanzstabilität ausgestaltet." Das kann vieles heißen, meinten die Fragesteller. In einem Brief an Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk (CSU) setzten sie nach: "Die Einlassungen der Bundesregierung gehen völlig an der Fragestellung vorbei." Das Begehr der Grünen: Das Ministerium solle seine Antwort doch bitte präzisieren.

In seiner erneuten Antwort vom Juni 2010 begründete Koschyk, warum das nicht so einfach sei. Gerieten bestimmte Informationen über Bankgeschäfte und die Bankenaufsicht an die Öffentlichkeit, könnten sie "die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig beeinflussen". Koschyk stellte den Abgeordneten jedoch in Aussicht, die erbetenen Unterlagen in der Geheimschutzstelle des Bundestages auslegen zu lassen.

Das jedoch nütze nicht viel, sagt Schick. Schließlich dürfe er Papiere aus der Geheimschutzstelle nicht öffentlich verwenden. "Eine Kontrolle in der Demokratie funktioniert aber nur, wenn sie öffentlich ist", so Schick. Außerdem sei das Argument der Wettbewerbsschädigung an den Haaren herbeigezogen: Schließlich existiere die Sachsen LB gar nicht mehr.

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3 Kommentare

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  • VR
    Volker Rockel

    Mißtrauen ist dann angesagt, wenn Beschönigen, Verschleiern und Vertuschen von Sachverhalten, sich zum üblichen politischen Umgang der Politik gegenüber "dem Souverän" entwickelt!

     

     

    Die Politik selbst mahnt die fehlende Glaubwürdigkeit der Politik an! Jeder vernünftig denkende Bürger würde das als Selbstkritik der Politik verstehen und als Aufforderung für die Politik, sich diese Glaubwürdigkeit nun auch selbst wieder gegenüber dem Bür-ger erarbeiten zu müssen!

     

    Nicht aber so die Politik in unserem Lande! Die versteht scheinbar unter dieser Kritik nicht, dass sie selbst das Objekt der Kritik ist, sondern der Bürger, der ihr (der Politik) nicht glaubt! Mithin ist der Bürger selbst schuld daran, dass die Glaubwürdigkeit der Politik(er) gegenüber ihren Bürgern sich weiter dem Punkte Null nähert!

     

     

    Und diese verquere Denke führt scheinbar nun – in den Köpfen eines Teils der Politiker – zu gleichsam irrationalem Handeln der Politik gegenüber ihren Bürgern.

     

     

    Statt nun Offenheit und Ehrlichkeit – im Umgang mit den Krisen der Gegenwart und den Herausforderungen und Fragen der Zukunft – als Chance zu begreifen, um die eigene politische Glaubwürdigkeit gegenüber dem Bürger wieder herzustellen, wird im Zwei-felsfall beschönigt, verschleiert und vertuscht was das Zeug hält, nur nicht um eigenes politisches Versagen offenlegen zu müssen!?

     

    Mit dieser "Rückwärtsgewandtheit" lähmt sich dann die Politik selber und trifft wiederum politische Entscheidungen, die gemessen am Ergebnis politischen Handelns, sich als nicht-belastbar erweisen!

  • R
    ryba

    Die einen sind schlechtweg inkompetent, was mal laut ausgesprochen werden muss, die anderen korrupt.

    That's it. Beiden Arten von "fähigen Köpfen" aus Politik und Wirtschaft/Banken geht's weiter blendend. Und irgendwer muss dafür zahlen...wer wohl?

  • KG
    Karl Gernholz

    Kriminalität in Politik und Wirtschaft

     

    Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft müssen im Ausmaß Ihrer Beteiligung an der Finanzkrise zur Rechenschaft gezogen werden vor allen Dingen auch mit Ihren millionenschweren Privatvermögen. Sie müssen weiterhin aus ihren Ämtern entfernt werden. Es kann nicht sein, dass das Finanzministerium die Arbeit der Abgeordnetengruppe erschwert, ja sogar unterbindet. Die Aufklärungsarbeit hat absolute Priorität, da wir dieses Kapitel der Wirtschaftskriminalität nicht einfach zuschlagen können. Die Demokratie ist und wird weiterhin schwer beschädigt. Die nächste Finanzkrise ist im Anmarsch und die gleichen Verantwortlichen betreiben ihr schändliches Werk weiter. Die Hauptverantwortlichen aus der Finanzkrise sollten bei Ihren Namen genannt werden:

     

    Josef Ackermann, Jörg Asmussen, Roland Berger, Peter Bofinger, Günther Bräunig, Karl-Burkhard Caspari, Wolfgang Clement, Leo Dautzenberg, Karl Diller, Hans Eichel, Kurt Faltlhauser, Joschka Fischer, Wolfgang Franz, Jochen Konrad Fromme, Werner Glatzer, Hans Olaf Henkel, Herbert Henzler, Erwin Huber, Otmar Issing, Volker Kauder, Horst Köhler, Hans- Ulrich Krüger, Ingrid Matthäus Maier, Edgar Meister, Angela Merkel, Siegmar Mosdorf, Axel Nawrath, Thorsten Pötsch, Walter Riester, Bert Rürup, Albert Rupprecht, Jochen Sanio, Hans Dietmar Sauer, Hartmut Schauerte, Carsten Schneider, Ulrich Schröder, Hans Werner Sinn, Peer Steinbrück, Ludwig Stiegler, Edmund Stoiber, Alfred Tacke, Hans Tietmeyer, Karsten von Köhler, Axel Weber, Klaus Weigert, Ernst Welteke.

    (Quelle: „Der große Raubzug“ von Alexander Dill)