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Das Ding, das kommtFlugkünstler ohne Federn

Knochen-Reste, die in Schandelah bei Wolfenbüttel gefunden wurden, erzählen von einem heute weitgehend ausgestorbenen Flug-Modell Foto: Peter Steffen/dpa

Es könnten die Überreste eines Hühnchens sein. Klein und zerbrechlich sieht das Knochen-Fragment aus. Und leicht genug, um damit zu fliegen. Die Knochen, die vor kurzem in Schandelah bei Wolfenbüttel gefunden worden, gehören tatsächlich zu einem Wesen, das fliegen konnte. Allerdings sah das ganz anders aus als bei den heutigen Vögeln.

Der Flugsaurier, dessen Überreste in jurassischem Ölschiefer konserviert sind, war ein Segelflieger. Mit langen Knochenstäben spannte er eine Art Segel, mit dem er wie heutige Fledermäuse aktiv durch die Gegend gleiten konnte. So groß wie ein Kleinflugzeug wurden die größten Arten, bis zu 13 Meter konnte die Spannbreite der Flügel betragen.

Wer jetzt aber glaubt, der Flugsaurier sei ein direkter Vorfahre der Vögel, der irrt. Denn die Flugsaurier sind komplett ausgestorben. Die Fledermäuse benutzen zwar dieselbe Flugtechnik, sind aber keine direkten Verwandten. Trotzdem haben die Vögel mehr mit den Dinosauriern gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Denn Amsel, Krähe und Möwe sind nicht nur die Nachfahren der Landsaurier, „es sind Dinosaurier“, wie der Direktor des Braunschweiger Naturhistorischen Museums Ulrich Joger gern betont.

Als ihre Kollegen, die Flugsaurier, bereits eifrig durch die Lüfte segelten, bevölkerten die Landsaurier, also die Dinos, mit einem Federkleid ausgestattet die Landmassen. Und stellten irgendwann fest, dass diese Federn eine prima Grundlage für Flugkünste bildeten.

Wie das genau geschah, ist unter Forschern umstritten. Entweder sprang irgendwann ein kleiner Saurier von einem Baum und segelte nach unten. Oder ein anderer begann auf dem Boden zu flattern. Fest steht, dass einige kleine Dinosaurier-Arten zu fliegen begannen. Und während die Flugsaurier komplett verschwanden, bevölkern ihre Kollegen vom Land als Vögel die Lüfte unseres Planeten bis heute.

Die kleinen Knochen-Fragmente in Schandelah erzählen davon, dass es auch anders hätte kommen können. Warum sich das Fliegen per Feder gegenüber den großen Segelfliegern durchgesetzt hat, weiß niemand so genau. Vielleicht liegt es daran, dass die Flügelkonstruktion der Vögel auch bei großen Windstärken funktioniert, während die Segel der Flugsaurier bei heftigen Stürmen davon bedroht waren, einfach wie ein Regenschirm zusammengeklappt zu werden. Vielleicht war ihr Aussterben aber auch einfach ein Zufall. Alexander Kohlmann

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