Daniél Kretschmar über Entschädigungen für tschechische NS-Opfer: Ein preisgünstiger Völkermord
Es ist eine längst überfällige Geste und eine geizige noch dazu: 2.500 Euro Entschädigung erhalten tschechische Roma, die das Grauen der deutschen Konzentrationslager überlebt haben. Hunderttausende Menschen aus ganz Europa fielen aufgrund ihrer „Fremdrassigkeit“ und als „geborene Asoziale“ dem Massenmord der Nazis zum Opfer.
Die Justiz der jungen Bundesrepublik leugnete die rassistische Dimension des Verbrechens – mit einer offensichtlich rassistischen Begründung. Die Sinti und Roma hätten schließlich schon immer Anlass gegeben, sie „besonderen Beschränkungen zu unterwerfen“, heißt es in einem Gerichtsurteil von 1956. Dazu passt die jahrzehntelang hohe Ablehnungsquote beantragter Entschädigungsleistungen für die Opfer.
Dass nun für das letzte gute Dutzend tschechischer Überlebender eine Regelung gefunden wurde, ist auf symbolischer Ebene ein durchaus großer Schritt der Anerkennung des Unrechts, in der konkreten Ausgestaltung jedoch mindestens „lächerlich“, wie ein Vertreter des Opferverbandes konstatiert. „Zynisch“ trifft es wohl eher. Der Rechtsnachfolger des verbrecherischen faschistischen Staates benötigte mehr als 70 Jahre, um einer Handvoll alter Menschen, die zum Teil auf dem Sterbebett liegen, ein Almosen zu gewähren.
Während die früheren Opfer ihre Familien in den Gaskammern der Konzentrationslager verloren und mit ihren Nachkommen zum Teil in bitterer Armut leben mussten, konnten viele Täter in der Bundesrepublik an ihre Kriegskarrieren anknüpfen. Für die lebenslange rassistische Ausgrenzung und vor allem für das Menschheitsverbrechen der Vernichtung der „Zigeuner“ in Europa lässt sich kaum eine angemessene Entschädigungssumme finden. Eine würdigere als 2.500 Euro pro Person aber wäre schon eher möglich gewesen. So bleibt jener Völkermord nicht zufällig ein eher preisgünstiges Verbrechen – auch für den deutschen Staat.
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