Dänischer Thriller: Angespitzte Eckzähne

Es gibt den Helden, die Frau, den Bösewicht und wohl kalkulierte Effekte. Spannend, aber konventionell: "Bedingungslos - Just another Love Story", ein Thriller von Ole Bornedal.

Struktur des Thrillers, Elemente des Film Noir und eine Prise Horror, der Regisseur Ole Bornedal (r.) kennt das Genre bestens. Bild: ap

Es gibt den Helden. Der liegt zu Beginn des Films blutend auf den Pflastersteinen Kopenhagens im strömenden Regen und kommentiert die Szene. Ein Toter übernimmt den Part des Erzählers: Wenn damit zugleich der Ausgang des Films vorweggenommen wird, konzentriert sich die Spannung darauf, dem Helden dabei zuzusehen, wie er an jeder Weggabelung zuverlässig den falschen Weg einschlägt, wie er der Katastrophe, die er vermeiden will, mit jedem Schritt entgegensteuert.

Dann gibt es die Frau. So unvermittelt, wie sie auftaucht, so rettungslos ist der Held ihr verfallen. Dass sie vor ihrer Vergangenheit auf der Flucht ist, macht sie umso anziehender. "Eine schöne Frau und ein Mysterium - fängt so nicht jeder Film Noir an?", fragt ein Freund, dessen Warnungen überhört werden.

Und es gibt den Bösewicht. Die ersten zwei Drittel des Films ist er nicht mehr als ein Schatten. Als er sich zum ersten Mal zu erkennen gibt, hat er angespitzte Eckzähne wie ein Vampir.

Der dänische Regisseur Ole Bornedal ("Nightwatch") zeigt mit jeder Plotwendung, dass er sich in den Konventionen der Genres bestens auskennt: die Grundstruktur des Thrillers, die Elemente des Film Noir, eine gute Prise Horror und die Eröffnungsszene aus Billy Wilders "Sunset Boulevard". "Bedingungslos - Just another Love Story" ist ein Film, der seine Effekte wohl kalkuliert. Der dazu einlädt, sich zurückzulehnen und die Raffinesse zu genießen, wie Jonas, der Träumer und Schwächling, vom Drehbuch mit der Präzision eines Uhrwerks seinem Ende zugeführt wird. Wie einer, der Frau, Kinder und einen Job hat, sein Leben von einem Moment auf den nächsten fortschmeißt, vielleicht nicht ohne Grund, aber ganz bestimmt ohne Hoffnung auf Erfolg.

Aber der Film will nicht, dass man sich zurücklehnt. Er will einen im Kinosessel für 99 Filmminuten mit allen Mitteln festnageln. Dafür zieht Bornedal sämtliche Register des visuellen und erzählerischen Überschwangs: Rückprojektionen, Traumsequenzen, Zeitsprünge, Videoästhetik. Jonas, der von fernen Ländern träumt, aber aus seinem kleinen Halbinselstaat Dänemark nicht herausfindet, fliegt durch den Stapel von Adventure World-Reisezeitschriften, die er neben seinem Bett gehortet hat. Als die ferne Welt dann schließlich vor seiner Haustür steht, hat er ihr nichts entgegenzusetzen als einen viel zu kleinen Reisekoffer. Ein Autounfall wird in extremer Verlangsamung zu einem Ballett fliegender Glassplitter. Wie ein Raubvogel aus dem Weltall stürzt die Kamera von sehr, sehr weit oben bis auf einen Kopenhagener Parkplatz. Google Maps fürs Kino. Diese Variante der entfesselten Kamerafahrt ist im aktuellen Kino außerordentlich populär. Und zugleich nicht mehr als entleerte, abstrakte Behauptung.

So ist "Bedingungslos" ein spannender, handwerklich makellos gebastelter Genrefilm, der von seiner ausgestellten Smartheit immer wieder ausgebremst zu werden droht. Fast fühlt man sich in die 90er-Jahre versetzt, als es zur extraklugen Grundausstattung eines Drehbuchs gehörte, die Figuren in einem Film deutlich aussprechen zu lassen, dass sie sich eigentlich gerade so benehmen und so reden wie Figuren in einem Film. Der Wink mit dem Zaunpfahl, die Überdeutlichkeit und die Effektlastigkeit konterkarieren jedoch sämtliche Bemühungen des Thrillers, seine Zuschauer mit schleichenden Schritten von hinten anzufallen. "Bedingungslos" kracht - mit beeindruckendem Schwung und visueller Verve - durch die Haustür, wo er besser unbemerkt durchs Fenster einsteigen sollte.

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