Dänen-Ampel: Kiel zwischen Reformen und Ruin
Das Albig-Kabinett für Schleswig-Holstein steht. Und während Gewerkschaften und Flüchtlingsinitiativen die Koalition begrüßen, sieht die Opposition den Niedergang des Landes kommen.
HAMBURG taz | Die Dänen-Ampel ist angeschaltet. Nachdem Ralf Stegner (SPD), Eka von Kalben (Grüne) und Anke Spoorendonk (SSW) am Sonntag die Inhalte des Koalitionsvertrags vorgestellt und dabei immer wieder das hervorragende Klima während der Koalitionsverhandlungen gelobt hatten, gilt die Bestätigung des neuen schleswig-holsteinischen Regierungsbündnisses durch die Parteitage der drei Partner am kommenden Wochenende nur noch als Formsache.
Geschlossen sind auch die letzten drei Personallücken im zukünftigen Kabinett, das der designierte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) am Mittwoch auch offiziell präsentieren wird: Für die SPD wird die Pinneberger Bürgermeisterin Kristin Alheit das Sozialressort übernehmen und der Rendsburger Bürgermeister Andreas Breitner das Innenministerium führen. Aus der Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern eisten Stegner und Albig deren Chef los: Der Diplom-Politologe Reinhard Meyer soll sich fortan um die Wirtschaft des Landes kümmern.
Besonders der Ex-Polizist Breitner, der das Innenministerium bereits aus seiner Zeit als persönlicher Referent seines Amtsvorgängers Klaus Buß genau kennt, gilt als kommender Mann der schleswig-holsteinischen SPD. Der 45-Jährige ist seit 2007 auch stellvertretender Landesvorsitzender der Sozialdemokraten – ihm obliegt es nun, wichtige innenpolitische Vereinbarungen der Koalition umzusetzen, wie etwa die Kennzeichnung von Polizisten auf Großeinsätzen, um sie bei möglichen Übergriffen identifizieren zu können.
Torsten Albig (SPD), 49, wird der 14. schleswig-holsteinische Ministerpräsident.
Anke Spoorendonk (SSW), 64, wird stellvertretende Ministerpräsidentin und leitet das Ressort für Justiz, Kultur und Europa.
Robert Habeck (Grüne), 42, wird ebenfalls Vize-Regierungschef und führt das Ministerium für Energie, Umwelt und Landwirtschaft.
Monika Heinold (Grüne), 53, wird Finanzministerin.
Andreas Breitner (SPD), 45, bekommt das Innenressort.
Kristin Alheit (SPD), 44, ist fortan für den Sozialbereich zuständig.
Waltraud Wende (parteilos), 54, soll sich auf SPD-Ticket fortan um die Bildung kümmern.
Reinhard Meyer (SPD), 52, komplettiert das Kabinett als Wirtschaftsminister.
Neben den Koalitionären selbst begrüßen auch Flüchtlingsverbände und Gewerkschaften den Koalitionsvertrag. So sieht der schleswig-holsteinische Flüchtlingsrat „viele Schritte in die richtige integrationspolitische Richtung“ in dem Koalitionspapier, das sich unter anderem auf eine Schließung des Abschiebeknasts in Rendsburg festlegt.
Uwe Polkaehn, Chef des DGB Nord, erkennt in den Vereinbarungen gar „Konzepte zur sozialen und ökologischen Erneuerung in allen Teilen des Landes“. Polkaehn begrüßt, „dass die schwarz-gelben Kürzungen beim Blindengeld und in den Frauenhäusern zurückgenommen werden“, und lobt, „dass das Land im Bundesrat für den gesetzlichen Mindestlohn eintreten wird und bei öffentlichen Auftragsvergaben die tariftreue Entlohnung der Arbeitnehmer zur Voraussetzung“ mache.
Bei der Opposition im Kieler Landtag löst vor allem der Kompromiss, den Ausbau der Ostseeautobahn A 20 zunächst nur bis zum Anschluss an die A 7 bei Bad Bramstedt, nicht aber weiter nach Westen voranzutreiben, Kopfschütteln aus. Für den CDU-Landeschef Jost de Jager kappt die neue Landesregierung so „eine lebenswichtige Verbindung in die wirtschaftlichen Zentren Deutschlands“ und hänge „damit den Wirtschaftsraum Westküste ab“. Insgesamt sei die Dänen-Ampel „keine Koalition der neuen Horizonte, sondern der düsteren Aussichten“.
Als „Koalition des Ruins“ brandmarkt FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki das neue Dreigestirn. Durch „Verzögerung und Verhinderung von Infrastrukturmaßnahmen wird Schleswig-Holstein an Wirtschaftskraft und Wohlstand einbüßen“, prophezeit der Liberale die Folgen des A 20-Planungsstopps.
Dass die von schwarz-gelb beschlossene Streichung von Lehrerstellen aufgrund rückläufiger Schülerzahlen zumindest teilweise zurückgenommen werden soll, ist für Kubicki „ein Produkt rot-grüner Mengenlehre, nicht jedoch eines von an Fakten orientierten Überlegungen“. Auch dass Gymnasien, die sich für den neunjährigen Weg zum Abitur entschieden hätten, zwar Bestandsschutz genießen sollen, neue G 9-Gymnasien aber nicht mehr genehmigt würden, könne „nicht logisch erklärt werden“, so Kubicki.
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