DSA- und DMA-Gesetze beschlossen: Sanfte Zügel für Digitalkonzerne
Die EU will die Macht der Internetgiganten gegenüber der Konkurrenz und den Verbrauchern regulieren. Dafür hat sie neue Gesetze beschlossen.
Am Ende war es nur noch Formsache. Mit großer Mehrheit hat das Europaparlament am Dienstag in Straßburg zwei neue Internetgesetze verabschiedet. Damit geht eines der wichtigsten und kontroversesten EU-Gesetzgebungsverfahren der letzten Jahre zu Ende. Der Digital Services Act (DSA) soll Internetgiganten wie Amazon, Facebook oder Google dazu anhalten, Hassrede und illegale Inhalte einzudämmen. Der Digital Markets Act (DMA) soll für fairen Wettbewerb sorgen und den Verbrauchern mehr Wahlfreiheit bei Onlineangeboten sichern.
Was selbstverständlich klingt, sorgte jahrelang für Streit. Die Internetkonzerne schickten eine ganze Armada von Lobbyisten nach Brüssel, um ihr werbebasiertes und durch Datensammeln bewehrtes Geschäftsmodell zu retten – was ihnen am Ende auch weitgehend gelang.
Der Streit hörte nicht einmal auf, als sich alle EU-Gremien im sogenannten Trilog geeinigt hatten. In letzter Minute wurde der vertrauliche DSA-Text noch einmal „aufgemacht“, also nachverhandelt. Selbst Christel Schaldemose, die Berichterstatterin des Parlaments, klagte über mangelnde Transparenz.
„Lobbyisten haben während des Trilogs die aktuellen Texte oft zugespielt bekommen, die Öffentlichkeit nicht“, kritisiert Patrick Breyer, der für die Piraten im Parlament sitzt. Das sei „hochproblematisch“, sagte Breyer der taz. Der Internet-Experte ärgert sich auch darüber, dass das umstrittene Werbetracking nur bei Minderjährigen und für die Profilbildung aufgrund sensibler Daten eingeschränkt werden soll – und nicht für alle User. „Von den tiefgreifenden Ambitionen des Europaparlaments ist fast nichts übrig geblieben“, so Breyer. Letztlich hätten sich Industrie- und Regierungsinteressen durchgesetzt.
EU leistet Pionierarbeit
Die Mehrheit der Abgeordneten sieht das allerdings anders. Sie freut sich, dass die EU nun Pionierarbeit im Internet leiste und den Tech-Konzernen enge Fesseln anlege. Bei Verstößen gegen den DMA drohen den Firmen Bußgelder von bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes, beim DSA können noch bis zu 6 Prozent fällig werden.
„Mit dem Gesetz über digitale Dienste (DSA) beenden wir die Allmacht der Internet-Giganten“, erklärte Alexandra Geese von den Grünen. Auch das Marktkontrollgesetz (DMA) wurde in Straßburg gefeiert. Es diene dazu, „Märkte offenzuhalten und Transparenz über die Wirkungsweise von Algorithmen herzustellen“, betonte der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab, der den Text federführend betreut hatte.
Von einem „Meilenstein“ sprach sowohl die FDP als auch die Linke – eine seltene Übereinstimmung. Vorbehalte äußerte dagegen der europäische Verbraucherverband BEUC. Die Konsumenten würden beim Onlineshopping zwar besser geschützt, so BEUC-Expertin Ursula Pachl. Es kämen aber immer noch zu viele illegale oder gefährliche Produkte auf den Internetmarkt. Zudem verfüge die EU-Kommission nicht über genug Personal und Expertise, um die effektive Durchsetzung der neuen Internetgesetze zu sichern.
Kritik kommt auch aus Deutschland. „Der Digital Services Act ist leider nicht der große Wurf geworden, den die Kommission angekündigt hatte“, sagte Tom Jennissen von der Digitalen Gesellschaft. Trotz einiger Verbesserungen bleibe der Kern des Geschäftsmodells großer Plattformen unangetastet: „Das massenhafte Ausspähen und die detaillierte Profilbildung zum Zweck der Ausspielung möglichst passgenauer, personalisierter Werbung.“
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