DOSB wirbt für Spiele in Hamburg: Olympische Idee nicht totzukriegen

Der Deutsche Olympische Sportbund versucht zu sondieren, ob die Spiele in Hamburg stattfnden könnten. Das Interesse an Infoveranstaltungen ist mäßig.

Radfahrer radeln an einem beschmierten Werbeplakat für Olympische Spiele 2024 in Hamburg vorbei

An einer Vollksabstimmung gescheitert: Hamburgs Olympia-Bewerbung 2024 Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Ein paar wenige Menschentrauben stehen am Samstagvormittag im weiten Börsensaal der Hamburger Handelskammer. Junge Menschen schwirren in einheitlichen weißen Pullovern zwischen ihnen herum und legen noch ein paar Flyer auf die Stehtische. „Deine Ideen. Deine Spiele“ ist auf die Rückseite ihrer Pullover gedruckt.

An den langen Seiten des drei Stockwerke hohen, feierlichen Saals sind Tafeln aufgestellt, auf denen Zettel und Poster gepinnt sind. „Aufarbeitung 1936“ steht etwa drauf, oder: „Nachhaltige Infrastruktur“, unter denen später Kommentare notiert werden können. Als zwei Moderatorinnen das Publikum begrüßen, sind etwa die Hälfte der rund 100 Stühle besetzt, die meisten Stehtische dahinter frei.

Am Samstag fand in der Hamburger Handelskammer ein Dialogforum über eine mögliche Bewerbung Hamburgs für die Olympischen sowie Paralympischen Spiele statt, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) 2036 oder 2040 nach Deutschland holen möchte. Unter dem Motto „Deine Spiele. Deine Ideen“ sollten sich die Hamburger Bür­ge­r:in­nen an der Diskussion über eine Bewerbung beteiligen.

Nach einem Dialogforum im September in Leipzig war Hamburg nun die zweite Stadt, in der der DOSB über eine Kandidatur diskutieren wollte. Mehrere Diskussionsrunden gab es dazu am Samstag – über die Nachhaltigkeit etwa oder über die Wirtschaftlichkeit eines solchen Sportevents.

DOSB will aufklären

Anfang Dezember sollen die Ergebnisse dieses Prozesses vorliegen, anschließend könnte eine Bewerbung ausgearbeitet werden. In den kommenden Tagen finden deshalb weitere Veranstaltungen in München und Berlin statt, außerdem kommt auch Nordrhein-Westfalen als Austragungsort infrage. Diese Städte und Regionen hatten signalisiert, sich die Austragung vorstellen zu können.

„Der DOSB will im Rahmen einer ergebnisoffenen Dialog- und Informationsinitiative gemeinsam mit der deutschen Bevölkerung Rahmenbedingungen für eine mögliche deutsche Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele erarbeiten“, teilt er schon seit einigen Monaten auf einer Informationswebsite mit.

Auch DOSB-Funktionär Stephan Brause betonte am Samstag: „Wir wollen aufklären und informieren.“ Doch in Hamburg zeigte sich, dass die Bevölkerung bislang kein sonderliches Interesse an einer Diskussion über die Bewerbung hat.

Und dass es mit der Ergebnisoffenheit allzu ernst gemeint ist, glauben einige Ham­bur­ge­r:in­nen auch nicht: Bevor die Veranstaltung um elf Uhr losgeht, wandern zwar noch einige der jungen Pullover-Träger:innen die umliegenden Fußwege ab, um Pas­san­t:in­nen auf die Veranstaltung hinzuweisen.

Stephan Brause, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)

„Wir werden keine Bewerbung ohne ein politisches Votum der betroffenen Bür­ge­r*inn­nen abgeben“

Doch direkt vor dem Eingang zur Handelskammer haben sich Geg­ne­r:in­nen einer Olympia-Bewerbung versammelt. „In einem vollkontrollierten Setting mit durchgeplanter Präsentationschoreografie lässt sich kein offener Dialog führen“, kritisiert die Initiative „NOlympia“.

Und es wurden auch Plakate hochgehalten, die schon vor rund acht Jahren gedruckt wurden. Denn schon damals hatte Hamburg mit einer Olympia-Bewerbung geliebäugelt: Unter dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wollte sich die Stadt um eine Austragung 2024 bemühen. Der Kleine Grasbrook, eine Elbinsel gegenüber der Hafencity, war als Austragungsort sowie für das olympische Dorf vorgesehen.

Dieser Plan wurde kontrovers diskutiert. Es gründeten sich Bür­ge­r:in­nen­in­itia­ti­ven sowohl für als auch gegen den Plan. Mit einer massiven Werbekampagne versuchte der Senat die Stimmung zugunsten einer Bewerbung zu beeinflussen. Im November 2015 jedoch war das Vorhaben gescheitert: Überraschend sprach sich die Mehrheit der wahlberechtigten Ham­bur­ge­r:in­nen in einem Referendum gegen die Bewerbung aus.

Auf dieses Scheitern greifen auch heute wieder Be­für­wor­te­r:in­nen wie Geg­ne­r:in­nen einer Bewerbung zurück: Die Hamburger Linkspartei war seinerzeit die einzige in Hamburg, die sich gegen die Bewerbung ausgesprochen hatte. An ihren Plakaten von damals gehen die wenigen Ham­bur­ge­r:in­nen vorbei, die am Samstag zum Dialogforum wollten.

„Es ist und bleibt die Aufgabe von Stadt und Bund, in unserer Stadt ausreichend Geld für Sportstätten und Sportvereine zur Verfügung zu stellen“, sagt die Linkenabgeordnete Heike Sudmann. „Dafür braucht niemand das IOC und die Olympischen Spiele.“

Nur Städteteams sollen ausrichten

Ein wichtiges Argument für die damaligen Hamburger Olympia-Gegner:innen waren auch die Kosten. Mindestens sechs Milliarden Euro waren seinerzeit prognostiziert – doch dass es dabei bleiben würde, glaubten viele angesichts der gerade erst ausgeuferten Kosten beim Bau der Elbphilharmonie nicht.

Und auch damals schon stand der IOC in Verdacht, vor allem monetäre Interessen zu verfolgen, statt ein Sportfest für die gesamte Bevölkerung auf die Beine zu stellen. Da man derzeit noch in einem sehr frühen Stadium sei, könne über die Kosten aber nicht seriös gesprochen werden, betonte Brause am Samstag.

Dabei verspricht der DOSB, eine Bewerbung nicht gegen den Willen der jeweiligen Bevölkerung durchdrücken zu wollen: „Wir werden keine Bewerbung ohne ein positives Votum der betroffenen Bür­ge­r*in­nen abgeben“, verspricht der DOSB. Von einer demokratischen Abstimmung war hingegen am Samstag nicht die Rede, DOSB-Funktionär Brause sprach von den Ergebnissen aus den Dialogforen sowie aus künftig noch zu erstellenden Meinungsumfragen.

Klar scheint hingegen, dass der DOSB keine einzelne Stadt als Austragungsort in das Bewerbungsverfahren des Internationalen Olympischen Kommittees (IOC) schicken will. Stattdessen bringt er eine Bewerbung von mindestens zwei Städten ins Gespräch. Das würde die Risiken für die Städte mindestens halbieren. „Es wird keinen Gigantismus in einer Stadt mehr geben“, versprach Brause.

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