: DIW für Reformen
Wirtschaftsforscher empfehlen Mix aus Angebots- und Nachfragepolitik sowie höhere Steuern auf Vermögen
BERLIN rtr/taz ■ Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat bei der neuen Bundesregierung Reformen angemahnt. In ihrem aktuellen Wochenbericht gehen die Forscher davon aus, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland „unbefriedigend“ ist und die Defizitmarke von 3 Prozent in diesem Jahr überschritten wird. Sie empfehlen, den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu überarbeiten, um expansivere Rahmenbedingungen zu schaffen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zugunsten gezielter Lohnsubventionen für gering qualifizierte Arbeitslose zu streichen und Kapitaleinkünfte höher zu besteuern.
„Überragendes Ziel“ der Bundesregierung, heißt es im Bericht, müsse sein, „die deutsche Wirtschaft wieder auf einen Wachstumskurs zu führen“. Dies könne nur durch einen Mix auf angebots- und nachfrageorientierten Maßnahmen gelingen. Auf der Nachfrageseite müsse die Wirtschaftspolitik expansiver werden und die öffentlichen Investitionen ausweiten. Der angestrebte Ausgleich des Staatshaushalts bis 2004 sei nur durch ein hartes Sparpaket oder Steuererhöhungen zu schaffen, schreibt das DIW und spricht sich für eine Konsolidierungspolitik „im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung“ aus. Zudem sollen die Wachstumschancen aus der Globalisierung besser genutzt werden. Die Autoren des Berichts fordern freizügigere Importregelungen im Agrar- und im Dienstleistungsbereich sowie die erleichterte Zuwanderung für Arbeitskräfte. Das Risiko, dass un- und geringqualifizierte Arbeitskräfte durch gelockerte Zuwanderungsbestimmungen zu Verlierern werden, sehen sie als gering an, wenn kurzfristig für entsprechende soziale Absicherung und langfristig für ein verbessertes Bildungssystem gesorgt werde.
Auch das Steuersystem steht auf der Agenda. Arbeitseinkommen seien relativ hoch belastet, die Belastung für Kapitaleinkünfte sei dagegen vergleichsweise gering. Das Institut schlägt vor, die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Vermögen und Kapitaleinkünften zu vergrößern, indem Vergünstigungen gestrichen werden. Veräußerungserlöse beim Privatvermögen könnten konsequenter besteuert werden. Auch die Gewinnermittlung bei den Unternehmenseinkünften sollte gestrafft und die Erbschaftsteuer angehoben werden. Zugleich müsse man Vollzugsdefizite bei der Besteuerung beseitigen. Das schaffe Raum, um die Einkommensteuertarife zu senken.
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