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DIE REGIERUNG NIMMT SICH FÜR DIE REFORM DER RENTE ZU VIEL ZEITKeine Chance für Trickbetrüger

Der Hinweis kam zur rechten Zeit. Trickbetrüger hätten es auf Deutschlands Rentner abgesehen, ließ die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gestern wissen. Gemeint waren gewöhnliche Kriminelle – doch genausogut hätte sich die Warnung auf die rot-grünen Koalitionspartner beziehen können, die sich einmal mehr um die längst fällige Rentenreform herumdrücken.

Die höheren Beiträge, auf die sich SPD und Grüne jetzt geeinigt haben, werden nur ein paar Monate lang über die Probleme der Rentenkassen hinwegtäuschen. Mit entwaffnender Offenheit bekannte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, er wolle nicht spekulieren, „was in drei Jahren ist“. Für den Parteistrategen Müntefering hat das Reförmchen seine Funktion erfüllt, wenn die Renten bis Februar sicher sind – also bis zu den Landtagswahlen in Hessen und in Niedersachsen.

Die Grünen, die sich zu Anwälten der jüngeren Generation aufgeschwungen hatten, verließen die Koalitionsrunde als Verlierer auf der ganzen Linie. Dass die geplante Gesundheitskommission jetzt auch die Rentenpolitik beackern soll, ist ein schwacher Trost. In der vergangenen Wahlperiode war die Bilanz solcher Gremien zwiespältig. Die Vorschläge zur Wehrreform wanderten umgehend in den Papierkorb, und das Konzept der Zuwanderungskommission blieb so lange liegen, bis es in den Wahlkampf geriet.

Zwar weiß die Regierung, dass sie sich ein derart langsames Reformtempo nicht mehr leisten kann. Doch wird der Umbau der Sozialsysteme schwieriger als alles, was Rot-Grün in den vergangenen vier Jahren bewerkstelligt hat. Zuwanderung, Doppelpass oder Homo-Ehe mögen umstritten gewesen sein, aber sie führten bei niemandem zu Einbußen im eigenen Geldbeutel. Rentner hingegen wird fast jeder einmal – und jeder Euro, den die Reform dem einen bringt, nimmt sie dem anderen.

Da trifft es sich gut, dass im Februar eine wahlkampflose Zeit beginnt. Bis auf die wenig spektakulären Urnengänge in Bremen und Bayern finden anderthalb Jahre lang keine Landtagswahlen statt. Wenn die Regierung dieses Zeitfenster nicht für die fälligen Sozialreformen nutzt, dann hat sie die letzte Chance dazu versäumt. RALPH BOLLMANN

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