DFB-Sportdirektor Völler bei Nius: Rudi, mir graut vor dir
Rudi Völler kritisiert gerne die Berichterstattung über den DFB. Jetzt saß er in der Talkshow eines rechten Senders.
S o, jetzt pass mal auf, lieber Rudi! Ich erklär dir jetzt mal was. Ach ja, ich rede dich jetzt einfach mal mit Du an. Das bist du ja gewöhnt. Vor allem einer hat dich immer gnadenlos angeduzt. Du weißt schon, dieser Waldemar Hartmann, der Sportmoderator, der leider überhaupt nicht so drollig ist, wie er aussieht. Waldi wird der Mann genannt, als wäre er ein Schoßhündchen. Das ist der Mann, den die Süddeutsche Zeitung mal als Duzmaschine bezeichnet hat, nun wahrlich nicht. Aber dazu später mehr. Vielleicht ahnst du ja schon, weshalb ich mich an dich wende. Es geht um dein Gespräch mit Waldemar Hartmann auf Nius.
Nius? Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht, was sich hinter diesem merkwürdigen Namen verbirgt? Bist du vom DFB, bei dem du ja als Direktor für die Nationalmannschaften einen hohen Posten bekleidest, irgendwie gebrieft worden, worauf du dich da einlässt? Abgeraten hat dir ja offenbar niemand im DFB von einem Auftritt bei diesem Onlinemedium, zu dessen Grundingredienzien eine tägliche Portion Rassimus gehört. Aber vielleicht hast du ja auch niemanden gefragt. Aufgetreten bist du jedenfalls im schicken Polohemd mit dem Adler auf der Brust und den vier Sternen für die vier Weltmeisterschaften, die Deutschland gewonnen hat.
Ich sag dir mal, wie das ausgesehen hat. Wie der Auftritt eines hohen DFB-Vertreters in offizieller Mission. Und das ausgerechnet bei den Faktenverdrehern von Nius, wo man noch jede Statistik so hingebogen hat, dass es ins eigene rechte Narrativ passt. Oder bist gar selber ein rechter Säger – so wie der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, der bei Nius jeden Tag aufs Neue vor der Zerstörung des deutschen Vaterlands durch Robert Habeck oder irgendeinem anderen Grünen warnt? Ehrlich, Rudi, das mag ich nicht glauben.
Und jetzt komm mir nicht mit der Geschichte von der alten Freundschaft zu Waldemar Hartmann. Lass mich in Frieden mit der alten Geschichte von deinem Interview mit ihm nach einem 0:0 der deutschen Nationalmannschaft auf Island. Du warst damals als Teamchef der Coach der deutschen Auswahl und hast dich über die Berichterstattung beschwert. „Ich kann diesen Käse nicht mehr hören nach jedem Spiel, in dem wir kein Tor geschossen haben, dann ist noch ein tieferer Tiefpunkt. Das ist das Allerletzte. Wechselt den Beruf, das ist besser.“
Und dann bist du Hartmann persönlich angegangen: „Müssen wir uns denn alles gefallen lassen? Du sitzt hier locker, bequem auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken.“ Was haben wir gelacht damals! Der Weißbier-Waldi war geboren. 20 Jahre ist das jetzt her.
Aber, jetzt mal im Ernst, Rudi: Das ist nicht mehr witzig. Der Waldi hat in den vergangenen Jahren eine weite Reise angetreten. Am Ende hat sie ihn von der ARD zu Nius geführt. Qualifiziert dafür hat er sich unter anderem durch ständiges Wettern gegen das Gendern, das er als Vergewaltigung der Sprache bezeichnet. Wenn du seine Auftritte verfolgt hat, dann wirst du wissen, dass er bei Nius ganz gut aufgehoben ist. „Waldis dritte Halbzeit“ heißt seine Fußball-Rubrik, die er da hat, das weißt du ja jetzt, wo du da warst. Weißt du auch, was er da macht?
Er macht das, was sich gehört bei einem Medium, das sich „Stimme der Mehrheit“ nennt. Er klopft populistische Sprüche – gegen den Videobeweis zum Beispiel oder für deutsche Tugenden auf dem Platz. Einmal hat er seine Frau zitiert. Die habe gefragt, warum sich Jenni Hermoso, die spanische Weltmeisterin, nicht körperlich gewehrt habe, als ihr der damalige Verbandschef bei der Siegerehrung einen Kuss auf den Mund aufgezwungen hat.
Ja, Rudi, es geht ziemlich finster zu bei Nius. Gefällt dir das? Ist das deine Welt? Hast du dem Beißer Waldi das halbstündige Interview gegeben, weil es dir wichtig war, genau da, bei Nius, zum Thema Spielführerbinde die Botschaft abzusondern, „dass die deutschen Farben wieder im Vordergrund stehen“ sollen? Es sieht fast so aus.
Rudi, mir graut vor dir!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett