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DFB-Präsident stellt sich der KritikGrindel sucht die Gründe

Der Begriff „Die Mannschaft“ könnte abgeschafft, Oliver Bierhoff soll entlastet werden. Das kündigt DFB-Chef Grindel an. Und zu Özil äußert er sich auch noch.

Gerät ins Grübeln: DFB-Präsident Reinhard Grindel Foto: dpa

Frankfurt/Main dpa | DFB-Präsident Reinhard Grindel hat Fehler im Umgang mit Mesut Özil eingeräumt, einen eigenen Rücktritt aber ausgeschlossen. „Ich hätte mich angesichts der rassistischen Angriffe an der einen oder anderen Stelle deutlicher positionieren und vor Mesut Özil stellen müssen. Da hätte ich klare Worte finden sollen. Solche Angriffe sind völlig inakzeptabel. Dass er sich da vom DFB im Stich gelassen fühlte, tut mir leid“, sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes in einem Interview der Bild am Sonntag.

Nationalspieler Özil hatte sich vor der WM in Russland mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan fotografieren lassen, was zu einer heftigen öffentlichen Debatte und drei Wochen nach dem Vorrunden-Aus zu Özils Rücktritt geführt hatte. Dabei erhob er Vorwürfe gegen den DFB, Grindel, deutsche Medien und einen DFB-Sponsor. Er verspüre das „Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit“, schrieb Özil in den Online-Netzwerken.

Grindel wies dies zurück. Ihm sei wichtig zu betonen, dass er sich „zu keinem Zeitpunkt“ zu Özils sportlicher Leistung geäußert habe. „Für mich war immer klar, dass wir zusammen gewinnen und zusammen verlieren. Einen einzelnen Spieler für das Ausscheiden verantwortlich zu machen wäre ja absurd.“

Er hätte sich von dem Arsenal-Profi gewünscht, dass er sich wie sein Mitspieler Ilkay Gündogan „klar und nachvollziehbar“ äußert. „Das darf aber keinesfalls als Kritik an seiner sportlichen Leistung missverstanden werden. Ich hätte mir eine solche Erklärung auch gewünscht, wenn wir Weltmeister geworden wären“, sagte Grindel in dem Interview, das am Samstagabend vorab veröffentlicht wurde.

Größere Nähe zu den Fans

An einen Rücktritt habe er nicht gedacht, sagte Grindel: „Ich habe sehr großen Rückhalt bei den Landesverbänden und in der Bundesliga.“ Auf die Frage, ob er bis mindestens zur nächsten Wahl DFB-Präsident bleibe, antwortete er: „Davon gehe ich fest aus.“

Im Zuge der angemahnten Reformmaßnahmen kündigte Grindel an, dass der Begriff „Die Mannschaft“ abgeschafft werden könnte. Dieser werde an der Basis „als sehr künstlich empfunden“ und sollte „auf den Prüfstand“ gestellt werden, sagte er.

Eine größere Nähe zu den Fans sollte durch mehr öffentliche Trainingseinheiten oder niedrigere Ticketpreise erzeugt werden, kündigte der 56-Jährige an.

Für den ebenfalls in die Kritik geratenen Teammanager Oliver Bierhoff wird es laut Grindel Entlastung geben durch einen Leiter der neuen DFB-Akademie und einen Nachfolger von Horst Hrubesch als Sportdirektor. „Ansonsten muss er in den nächsten Monaten selbst überprüfen, ob er das alles leisten kann, das haben wir so auch verabredet“, sagte Grindel über den früheren Nationalstürmer.

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3 Kommentare

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  • Fußball ist ein Mannschaftsspiel.

    Zudem ist es für einen Mittelfeldspieler viel wichtiger, Torvorlagen (Assists) zu geben als selber Tore zu schießen. Und gerade die Abgabe des Balls einem Teamkollegen zeichnet eine sehr gute Mannschaft und die Teamfähigkeit jedes einzelnen aus!

    Wer hat die meisten Tore für Deutschland in der Geschichte des Deutschen Fußballs in der Fußballnationalmannschaft vorbereitet? Ist das Beckenbauer, Matthäus, Rummenigge, Hoeneß?

    Nein!

    Am meisten hat in der Deutschen Fußballnationalmannschaft für seine Teamkollegen und Mitspieler geleistet:

    Mesut Özil 40 Vorlagen!

    Er hat also Die Deutsche Fußballgeschichte mit seinen außergewöhnlichen Leistungen mitgeschrieben!

    Und an dem 2 Platz kommt Bastian Schweinsteiger (EX Spieler von FC Bayern München), mit 39 Vorlagen.

    Schade, dass Mesut Özil keine Vorlagen für unser Land mehr leisten wird. Aber Kritik von Hoeneß gegen Özil kann bayernspezifische Gründe haben!

    www.11freunde.de/g...der-dfb-geschichte

    Bei 11freunde.de ist der Stand 06.09.2017, sodass noch eine Torvorlage aus 2018 bei Özil fehlt. Transfermarkt weist das nach:

    www.transfermarkt....haft/spieler/35664

  • Es ist gut und wichtig, dass Herr Grindel sich so geäußert hat.

    Nun gibt es nach dem Weggang von Özil ein großes Problem.

    Mesut Özil war ein Symbol des Zusammenhalts und einer starken Nähe von Migranten und Deutschen. Das konnte man ganz deutlich spüren und hören am Brandenburger Tor bei Welt- und Europameisterschaften.

    Als Fußballer ist er ein außergewöhnliches Talent. Ein Video im Fernsehen, als er noch sehr klein war, zeigt einen einzigartigen Techniker wie Maradona. Bereits als Kind hat er mit seiner Leistung geglänzt.

    Er hat’s als ein Mensch mit Migrationshintergrund geschafft, in einem Land zu einem der besten Fußballer aufzusteigen. Würde er weiter spielen, könnte er bestimmt in die Deutsche Auswahl aller Zeiten kommen. Unter anderem die Anzahl der Tore und Torvorlagen in gespielten Spielen deuten das an.

    Wir haben über eine Million Menschen, die im Deutschen Amateuren-Fußball tätig sind und Migrationshintergrund haben. Bestimmt viele davon fühlen mit Özil mit, weil sie ähnliche Erfahrungen gesammelt haben.

    Nun ist ein weiterer Riss in der Gesellschaft entstanden.

  • Das in diesem Artikel beschriebene Verhalten von Grindel erinnert mich sehr an die “dirty tricks“aus einem Rethorikkurs, den ich vor Jahren gemacht habe.

    Einlenken ohne angreifbar zu sein, die Perspektive auf andere Aspekte/Personen umlenken und letztlich unverbindliche Aktivitäten bei jenen starten und konkrete Reaktionen in die Zukunft verschieben.

    Dumm, wenn es so auffällt.