DFB-Länderspiel gegen Peru: Der Brecher geht voran
Das DFB-Team versucht sich nach der Katar-Pleite zu berappeln. Das gelingt mit 2:0 gegen die Südamerikaner und einem wuchtigen Niclas Füllkrug.
Seine wärmende Mütze, seine kräftige Stimme und sein breites Grinsen ergaben in der gut befüllten Mixed Zone der Mainzer Arena am Samstagabend ein gutes Sinnbild. Niclas Füllkrug sprach noch mal so laut und deutlich, wie es Deutschlands Nummer neun schon auf dem Platz getan hatte. Der einzige Nationalspieler, der bei der vermasselten Weltmeisterschaft in Katar Werbung in eigener Sache betreiben konnte, prägte auch den Neustart der DFB-Auswahl.
Der Erfolg im Freundschaftsspiel gegen Peru (2:0) ging auf das Konto des Doppeltorschützen Füllkrug, der nach Spielzügen über den starken Kai Havertz und dem forschen Debütanten Marius Wolf seine Länderspielbilanz auf fünf Tore nach fünf Spielen ausbaute. Nicht schlecht für einen 30-Jährigen, der vielleicht am meisten von der Umstellung auf einen Doppelsturm profitierte.
„Wir hatten eine gute Strafraumbesetzung, viele gegenläufige Bewegungen. Das hat Spaß gemacht“, sagte der Matchwinner. Es sei auch darum gegangen, „die Fans mitzunehmen“. Wenn Profis so authentisch bleiben wie der durch Höhen und Tiefen gegangene Mittelstürmer des SV Werder, klappt das. „Lücke“, wie sie ihn an der Weser wegen einer Zahnlücke nennen, ist dafür prädestiniert, die Leerstelle an Sympathieträgern zu füllen. Bei der öffentlichen Regenerationseinheit vor einer Woche im Stadion am Brentanobad in Frankfurt-Rödelheim schlug Füllkrug der meiste Applaus entgegen – die Menschen spüren, wer sein Herz auf dem rechten Fleck hat. Und wie unverkrampft er dann in einer Pressekonferenz auch über Themen wie die Rückkehr zur schwarz-rot-goldenen Binde sprach, machte Eindruck.
In Windeseile hat sich der Familienvater mit der Statur eines Möbelpackers zu einem meinungsstarken Anker entwickelt, der mit Blick auf die Heim-EM 2024 wichtig wird. Hansi Flick negiert gar nicht mehr, dass hier ein Prototyp Führungsspieler um die Ecke gekommen ist, ein sogenannter Brecher. „Wir benötigen eine gewisse Stabilität und Spieler, die wissen, dass sie spielen“, sagte Flick jetzt und schob nach: „Niclas ist besonders. Er kann die Mannschaft mitziehen und gibt ihr sehr viel positive Energie.“
Stoßstürmer als feste Variable
Einziger Tadel, so der 58-Jährige: Auch Füllkrug habe sich einige einfache Ballverluste geleistet. Doch sein System war erkennbar auf den Stoßstürmer zugeschnitten, was dieser öffentlich zugab, nachdem er selbst für zwei Spitzen geworben hatte: „Ich bekomme hier meine Situationen im Strafraum. Toll, dass ich hier schon so eingebunden bin.“ So wie er im Verein mit Partner Marvin Ducksch Doppelpass spielt, halfen ihm im Nationalteam die Tiefenläufe von Timo Werner. Nun muss er die nächsten Wochen sehen, dass er verletzungsfrei bleibt, denn Anfang Juni soll es nach Ewigkeiten mal wieder ein Länderspiel in Bremen geben. Gegner soll die Ukraine sein. Seiner Vorfreude über dieses Ereignis hat Füllkrug bereits Ausdruck verliehen.
Es deutet sich an, dass es eine Art Abschiedsspiel für ihn wird. Dass ihn Werder trotz des bis 2025 laufenden Vertrags kaum mehr halten kann (und bei entsprechenden Ablöseangeboten auch nicht halten will), scheint klar. Füllkrug muss nur sehen, dass er einen Klub wählt, der ihm wie in Bremen regelmäßige Einsatzzeiten garantieren kann. Sonst könnte der Traum von der Heim-EM schnell wieder platzen. Über künftige Arbeitgeber wird wild spekuliert. Und das könnte Werder noch stören, wenn mit dem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (Sonntag 17.30 Uhr) der Kampf um den Klassenerhalt weitergeht. Aber Füllkrug macht einen geerdeten Eindruck.
Er ist oft mit Führungsspielern wie Joshua Kimmich im Austausch; in der Hierarchieleiter hat der grün-weiße Gewinnertyp, der einen Großteil der Karriere als Zweitliga-Goalgetter verbrachte, beim DFB mehrere Stufen übersprungen. Er ist gerade die beste deutsche Antwort auf Angreifer wie Romelu Lukaku oder Harry Kane. Dazu einer, dem die Fans, Mitspieler und Presse alle gern zuhören. Da gibt es schlechtere Pakete.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links