DFB-Fußballerinnen gegen Männer-Gewalt: Und was machen die Männer?
Beim DFB engagieren sich vornehmlich die Nationalspielerinnen gegen Gewalt gegen Frauen. Dabei könnten die männlichen Kollegen vorbildhaft wirken.
ber 87.000 Herzen sind den deutschen Fußballerinnen allein auf Instagram binnen weniger Tage für ihr kleines Filmchen zugeflogen. Betitelt war es mit der Botschaft: „Wir im Team vereint gegen Gewalt gegen Frauen“.
Parallel ließ der DFB die Medien wissen, dass das Frauen-Nationalteam auch in diesem Jahr wieder die UN Women Deutschland-Kampagne „Orange the World“, die sich gegen Gewalt an Frauen einsetzt, unterstützen würde. Es wurde auf die gestiegenen Zahlen der Gewaltvorfälle in Deutschland aufmerksam gemacht und auf die Aktion bei den anstehenden Länderspielen gegen die Schweiz und Italien. Auf den Trikots der Frauen wird das orangefarbene Erkennungszeichen der Kampagne zu sehen sein.
Eindrücklicher wirkt die kleine Filmaufnahme der Nationalspielerinnen. Sie nehmen die Perspektive der Betroffenen ein. Sie halten klassische Sätze der Relativierung auf Schildern vor die Kamera wie „Es war nicht so schlimm“ oder „Es war auch meine Schuld“, um diese dann zu korrigieren. „Es war so schlimm“ und „Es war nicht meine Schuld“. Es ist ein Aufruf an die Betroffenen, Gewalt und ihre Urheber nicht zu verharmlosen.
Ein gutes Engagement. Wo aber bleibt beim DFB die Perspektive auf die potentiellen Täter und das Nachdenken über deren Verhalten? Warum wird es nicht als gemeinsame Aufgabe verstanden, dass sowohl das Frauenteam als auch das Männerteam ihre Möglichkeiten der Ansprache ausschöpfen. Der DFB könnte darauf verweisen, dass bei den Männern gerade keine Länderspiele anstehen und man im Jahr 2021 ein Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen gesetzt hat, zu dessen Gelingen damals Männer-Bundestrainer Hansi Flick und Torhüter Manuel Neuer ihren Beitrag leisteten.
Keine Angelegenheit der Frauen
Aber der Blick auf die potentiellen Täter ist keine optionale Angelegenheit, sondern muss Tag für Tag und Jahr für Jahr mitgedacht werden. Und wer könnte heranwachsende Männer für dieses Thema besser sensibilisieren als ihre großen Vorbilder aus dem Nationalteam? Das Engagement gegen Männergewalt vornehmlich den Frauen zu überlassen, kann kein erfolgversprechendes Konzept sein.
Zumal Vertreter des Männerprofifußballs immer wieder wegen Gewalt gegen Frauen für Schlagzeilen sorgen. Es sei nur an Jérôme Boateng, Dani Alves, Robinho, Mason Greenwood oder Nico Schulz erinnert. Immer wieder ist dabei eine große Angst der Männervereine zu beobachten, diese Vorfälle könnten ein großes Publikum erreichen.
Vermeiden können sie das meist nicht, die Zurückhaltung der Klubs ist aber auch ein Statement und entfaltet seine Wirkung. Sicherlich, der FC Augsburg und Bayern München haben diese Woche ihre Stadien orange illuminiert. Die Flutlichtmasten des ausrangierten Schalker Parkstadions haben ebenfalls orange geleuchtet. Und es mag zudem ein paar unbeachtete Aktionen gegeben haben. Der DFB hat es indes verpasst, ein klares gemeinsames Zeichen zu setzten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Privatjet auf Sylt besprüht
Haftstrafen für Letzte Generation – ohne Bewährung
Abtreibungen legalisieren
Paragraph 218 geht es an den Kragen
Pressefreiheit in Israel
Bibis Medien-Blockade
Kürzungen im Kulturetat von Berlin
Gehen Kassiererinnen in die Oper?
Zwangsbehandlung psychisch Kranker
Im eigenen Zuhause
Freihandelsabkommen Mercosur
Gegen die Isolation