DFB-Elf der Frauen gegen Italien: Die üben noch
Zwei individuelle Schnitzer sorgen für eine 1:2-Niederlage der DFB-Auswahl. Bundestrainer Christian Wück leitet nun das Ende der Experimente ein.
Vielleicht muss es Anfang Dezember so sein, dass zum Abschluss eines Länderspieljahres auch noch „Last Christmas“ aus den Lautsprechern scheppert. Der Ohrwurm von Wham lief noch im Bochumer Ruhrstadion, als Bundestrainer Christian Wück am ARD-Tisch seinen Wunschzettel formulierte: „Vorne die Dinger reinmachen, hinten cleverer spielen!“ Die Ernüchterung über die überflüssige 1:2-Heimniederlage gegen Italien wirkte beim gebürtigen Unterfranken nach.
Genau wie beim Abschiedsspiel von Alexandra Popp in Duisburg gegen Australien (1:2) hatte sein Team den dankbaren Support von den Rängen tief im Westen nicht nutzen können. Ergo wartet noch „viel Arbeit“ (Wück), will der achtfache Europameister tatsächlich bei der EM in der Schweiz (2. bis 27. Juli 2025) um den Titel mitspielen.
Was gut aussieht: Die Grundausrichtung ist aktiver und offensiver geworden. Das hat vor allem bei der Wück-Premiere in Wembley gegen England (4:3) und beim Torfestival in Zürich gegen den EM-Gastgeber Schweiz (6:0) teils spektakulär geklappt. „Wir haben bewiesen, dass es mit der neuen Spielart funktionieren kann“, urteilte der Bundestrainer. Sein Vorgänger Horst Hrubesch hatte insbesondere bei den Olympischen Spielen einen pragmatischen Ansatz gewählt. Unter dem früheren Stürmer Wück geht’s hingegen flotter nach vorne.
Fast ein halbes Dutzend klarer Chancen gab es in der zweiten Halbzeit gegen die Italienerinnen. Doch fehlten Kaltschnäuzigkeit, Konsequenz und Glück. Die Abschlussschwäche zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten Jahre. Lea Schüller weist die mit Abstand beste Quote (47 Tore in 69 Länderspielen) auf und sollte zum Fixpunkt im Angriff aufgebaut werden – die kopfballstarke 27-Jährige hat schließlich auch Popps Rückennummer geerbt. Wück schwebt ein Pool von 30, 40 Spielerinnen vor, deswegen galten für ihn die ersten Partien als Findungsphase. Darunter litten aber die Automatismen, wie sich in der schwachen ersten Hälfte am Montagabend zeigte, weil es zudem an Intensität und Tempo, Kreativität und Präzision mangelte.
Mit der Nations League im nächsten Jahr gegen die Niederlande, Österreich und Schottland werden die Experimente weniger, versprach Wück: „Wir testen nicht mehr in der Anzahl. Wir wollen natürlich mit einem Kern in die Nations League gehen, um uns da einzuspielen.“ Ansonsten wird es auch schwer, bei der EM-Endrunde, die am 16. Dezember in Lausanne ausgelost wird, weit zu kommen. Zudem bietet es sich an, auf Schlüsselpositionen feste Rolle zu vergeben.
Es ist ja ehrenwert, dass nacheinander die Torhüterinnen Ann-Katrin Berger (NJ/NY Gotham FC), Stina Johannes (Eintracht Frankfurt), Sophia Winkler und Ena Mahmutovic (FC Bayern) vorgespielt haben, doch gab es in drei der vier Länderspielen einen krassen Torwartfehler zu besichtigen. Jetzt leistete sich Debütantin Mahmutovic einen Blackout, indem sie vor dem 1:2 ein sinnfreies Dribbling wagte. „Sie hat in der einen Szene einfach eine falsche Entscheidung getroffen. Das darf man den Spielerinnen auch zugestehen, ich stehe für diese Fehler ein“, sagte Wück in Richtung der 20-Jährigen. Gleichwohl mündete sein Casting auf dieser Position eher in eine Sackgasse, schließlich hat Berger bei Olympia die Bronzemedaille fast allein festgehalten. Die von zwei Krebserkrankungen geheilte 34-Jährige ist „Deutschlands Fußballerin des Jahres“ und verdient das volle Vertrauen für die EM 2025.
Auch viele Feldspielerinnen ringen noch um Stabilität. Die erneut als Innenverteidigerin erprobte Sarai Linder leistete sich einen fatalen Ballverlust vor dem frühen 0:1. Wück wäre gut beraten, sich in der Innenverteidigung auf ihre Vereinskolleginnen Kathrin Hendrich und Janina Minge vom VfL Wolfsburg festzulegen. Als Backup steht das eingespielte Gespann von Eintracht Frankfurt mit Sara Doorsoun und Sophia Kleinherne bereit.
Fazit von Wück: „Wir sind auf dem richtigen Weg, müssen noch Details verbessern. Aber wir haben ja noch Zeit bis zur Europameisterschaft. Diese Niederlage gehört zu einer Entwicklung dazu.“ Der 51-Jährige hat sich ebendiese Lerneffekte im ersten Teil seiner Amtszeit gewünscht, denn wie sagte er noch: „Wir haben trotzdem schöne Weihnachten.“ Das klang durchaus beruhigend.
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