DER IRAKISCHE EIERTANZ UM DIE UN-RESOLUTION DIENT DER IMAGEPFLEGE: Der Wunsch nach Selbsterhaltung
Die Inszenierung ist perfekt: In einer ersten Abstimmung entschied sich das irakische Parlament einstimmig gegen die UN-Resolution 1441 und damit gegen die Rückkehr der UN-Waffeninspektoren. Dann übergab es die ganze Angelegenheit dem „weisen Führer“ Saddam Hussein zur endgültigen Entscheidung.
Trotz der parlamentarischen Trotzreaktion spricht einiges dafür, dass Saddam am Ende um des Friedens Willen gegen „den Willen seines Volkes“ einlenken wird. Ihm dürfte inzwischen deutlich geworden sein, dass er dem US-Präsidenten George W. Bush eine Steilvorlage liefern würde, blockte er die Einreise der UN-Waffeninspektoren ab. Für Washington wäre es dann leicht, den UN-Sicherheitsrat von der Notwendigkeit einer „militärische Entwaffnung“ des Irak zu überzeugen.
Bisher ging es Saddam vor allem darum, Zeit zu schinden – in der Hoffnung, dass international die Allianz gegen ihn zerbricht, je mehr Wasser Tigris und Euphrat hinunterfließt. Doch spätestens seit der Abstimmung im Sicherheitsrat vom vergangenen Freitag weiß er, dass eine weitere Zeitverzögerung Bush seinen Krieg auf einem Silbertablett servieren würde. Nun ist Saddam Hussein vor elf Jahren schon einmal stur geblieben: Angesichts akuter Kriegsgefahr war allgemein erwartet worden, dass er seine Truppen in letzter Minute aus dem besetzten Kuwait abziehen würde – das hatte er nicht getan. Doch diesmal ist die Situation eine andere. Für das irakischen Regime geht es ums eigene Überleben.
Der jetzige irakische Eiertanz ist also aller Voraussicht nach nicht viel mehr als Imagepflege gegenüber der irakischen Bevölkerung und der arabischen Welt. Dort ist man hin und her gerissen, zwischen dem Gefühl, sich den amerikanischen Forderungen nicht bedingungslos beugen zu wollen, und dem Wunsch, einen Krieg zu verhindern. Das Votum des irakischen Parlaments bedient das erste Gefühl. Die Entscheidung von Saddams „Revolutionärem Kommandorat“ wird als Überlebensstrategie am Ende wahrscheinlich doch dem zweiten Wunsch nachkommen. KARIM EL-GAWHARY
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