DAS ENDE EINER LANGEN FILZ-GESCHICHTE: BERLIN STEHT VOR DEM RUIN: Der Hochmut der Hauptstadt
Die Neuberliner aus Bonn sind nicht zu beneiden. Die hauptstädtische Mischung aus Verelendung und Großmäuligkeit ist wahrlich gewöhnungsbedürftig. Die Ex-Bonner haben es mit rheinischem Frohsinn getragen. Aber jetzt ist Schluss mit lustig, jetzt dürfen sie dafür auch noch zahlen. Verständlich wäre, hätten sie dazu keine Lust. Aber Berlin ist pleite. Die „Haushaltsnotlage“, in der der Bund einspringen muss, muss jetzt anerkannt werden.
Schuld daran sind nicht die verwöhnten Berliner, denen der rigide Sparkurs bereits manch Opfer abverlangt hat. Schuld sind der typische Filz der (West-)Berliner Politik und blühende Landschaften, die oft nur welkten. Der Ruin der mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft Berlin (BGB) ist jetzt offenbar nur abzuwenden, wenn das Land dazuschießt. Mindestens 4 Milliarden Mark – das sind keine Peanuts, sondern rund ein Viertel der jährlichen Steuereinnahmen. Das hoch verschuldete Land kann das kaum aus eigener Kraft leisten.
Die große Koalition wollte 1993 mit der Gründung der Bankgesellschaft den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte legen: Aus öffentlichen und privaten Geldinstituten wurde ein Mischkonzern geschmiedet, der schnell zu einer der größten Banken Deutschlands aufstieg. Allzu schnell. Ein Konzern, der aufgrund seiner komplizierten Struktur kaum kontrollierbar war und der sich, um rasch im Konzert der Großen mitspielen zu können, mit besonders risikoreichen Geschäften hervortat – etwa im ostdeutschen Immobiliensektor. Da im Osten aber außer der Arbeitslosigkeit kaum etwas boomt, wurden aus den erhofften satten Renditen doch nur faule Kredite. Dubiose Geschäfte kamen hinzu. So musste etwa der Berliner CDU-Fraktionschef und BGB-Manager Klaus Landowsky – zu Recht – von seinen Ämtern zurücktreten, weil er eine Parteispende von Kreditnehmern entgegengenommen hatte.
Der Untersuchungsausschuss muss aufklären und Schuldige benennen. Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack: Das ändert leider nichts an der Bankpleite. Die Zeche haben alle Berliner zu zahlen: alte wie neue. RICHARD ROTHER
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen