Coronavirus in Tansania: Der gottgläubige Präsident
In Tansania bleiben Kirchen und Moscheen geöffnet. Präsident Magufuli ruft zum Beten auf: „Corona kann nicht überleben im Leib Christi“.
Er empfiehlt Gläubigen, gemeinsam zu beten. „Corona kann nicht überleben im Leib Christi, es würde verbrennen. Darum geriet ich auch nicht in Panik, als ich die heilige Kommunion bekam“, sagte Magufuli vor einer jubelnden Gemeinde in der katholischen Kathedrale St. Paul’s in der Hauptstadt Dodoma.
Magufuli glaubt, dass Kirchen und Moscheen die einzigen Orte sind, wo wirkliche Heilung gefunden werden kann. „In diesen heiligen Orten ist Gott. Lass uns nicht fürchten, ihn zu ehren.“
Die Kirche war bis zum letzten Platz besetzt und Anwesenden war es verboten, eine Gesichtsmaske, Schutzbrillen oder Handschuhe zu tragen. Auch anderswo im Land bleiben Kirchen und Moscheen voll.
Zweifel an Tansanias Statistiken
In Tansania machen Christen 61 Prozent der rund 60 Millionen Einwohner zählenden Bevölkerung aus, 35 Prozent sind Muslime. Offiziell hat Tansania momentan ganze 19 Coronainfektionen. Ein Mann ist am Montag daran gestorben.
International gibt es Zweifel an Krankenstatistiken aus Tansania, seit im vergangenen Jahr eine mutmaßlich mit Ebola infizierte Frau aus der Demokratischen Republik Kongo nach Tansania zurückkehrte, die Behörden aber jede Ebolainfektion verneinten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisierte schon damals Tansanias Regierung und macht sich jetzt auch große Sorgen um das Land.
Aber viele gläubige Tansanier freuen sich über Magufulis Worte und sein Beispiel. Joel Majula in Daressalam, der größten tansanischen Stadt, sagt, dass er jetzt weniger Angst hab vor dem Coronavirus. „Ich glaube nicht, dass wir einander infizieren können, indem wir gemeinsam beten. Wir waschen schließlich unsere Hände, wenn wir in die Kirche gehen. Das hilft doch, um das Coronavirus fernzuhalten.“
Magufulis Aufruf steht im Kontrast zur Verordnung seines Premierministers Kassim Majaliwa. Der hat für einen Monat Tansanias Schulen geschlossen und öffentliche Veranstaltungen wie Sport, Musik und politische Versammlungen verboten.
Die politische Opposition, die der autokratische Magufuli mehr oder weniger mundtot gemacht hat, kritisiert den Präsidenten. Oppositionsführer Zitto Kabwe bittet ihn auf Twitter, Kirchen und Moscheen zu schließen wie in den Nachbarländern. „Lass uns nicht streiten mit der Wissenschaft.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste