Coronakrise in der Premier League: English fans stay home
Die Regierung in London entscheidet: Der Profifußball muss wegen Corona weiter ohne Zuschauer aus kommen – trotz heftiger Proteste der Klubs.
Angesichts steigender Infektionszahlen im Land mit den meisten Coronatoten Europas, lokaler Lockdown-Maßnahmen in vielen Ballungsräumen und neuer nationaler Restriktionen erteilte Boris Johnson auch der ab Oktober geplanten Rückkehr von Zuschauern in die Premier-League-Stadien eine Absage. Einen verbindlichen neuen Termin gibt es nicht, allerdings, so deutete es der Premierminister an, dürfte es wohl bis Ende März dauern, ehe Profisport in England wieder vor Publikum stattfindet.
Die Premier League ist empört, sie weist darauf hin, dass Menschen in Stadien unter Hygieneauflagen sicherer seien „als bei jeder anderen öffentlichen Aktivität, die im Moment erlaubt ist“. Englands Profiliga fühlt sich ganz offensichtlich benachteiligt, zum Beispiel gegenüber dem Gastronomie-Sektor. Restaurants und die in England heiligen Pubs dürfen auch unter den verschärften Auflagen weiterhin geöffnet haben, müssen aber dezent früher schließen als gewohnt.
Nach Angaben der Liga verliert der englische Fußball aktuell mehr als 100 Millionen Pfund im Monat, doch mit allzu viel Mitleid darf die Premier League nicht rechnen, schaut man sich ihre jüngsten Transferausgaben an.
Stattdessen wächst wie schon zu Beginn der Pandemie der Druck auf die Liga, sich solidarisch zu zeigen. So fordert die English Football League, die für die Spielklassen zwei bis vier zuständig ist, angeblich ein Hilfspaket über 200 Millionen Pfund (umgerechnet rund 217 Millionen Euro) von der Premier League. Das ist in etwa die Summe, die Transfermeister FC Chelsea in dieser Saison in neues Personal investiert hat. In England wird debattiert, wie solche Ausgaben inmitten der Coronakrise möglich sind.
Chelsea-Trainer Frank Lampard weiß, dass sein Klub unter Beobachtung steht, und schlägt entsprechend solidarische Töne an. Es sei wichtig, dass die Premier League die unteren Ligen und den Amateurfußball unterstütze, sagte der Ex-Profi: „Denn sie sind die Basis von uns allem.“ Das klingt gut und dürfte Lampards Position als Liebling der englischen Presse weiter stärken – mehrheitsfähig in der Premier League ist diese Meinung wohl aber nicht. Insbesondere nach der Absage der Zuschauerrückkehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht