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Coronabeschränkungen in BerlinDie Welle reiten

In Berlin deutet einiges darauf hin, dass die Pandemie abflaut. Dennoch will der rot-grün-rote Senat noch nicht über weitere Öffnungen reden.

Ist das jetzt vor, hinter oder auf der Welle? Foto: Reuters/Pedro Nunes

Berlin taz | Von einem Freedom-Day wie in Dänemark ist Berlin noch weit entfernt. „Wir glauben nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Öffnungsdebatte ist“, sagte Berlins Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) nach der Sitzung des Senats am Dienstag. Jarasch, die als Bürgermeisterin die Senatssitzung wegen der Abwesenheit von Senats­chefin Franziska Giffey (SPD) geleitet hatte, begründete das damit, dass Berlin den Scheitelpunkt der Omikron-Welle noch nicht erreicht habe.

Doch stimmt das? Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (ebenfalls Grüne), die am Dienstag mit Jarasch vor die Presse trat, stellte jedenfalls fest, dass die 7-Tage-Inzidenz in Berlin seit dem Wochenende rückläufig sei – am Dienstag lag sie bei 1.762,2. Tags zuvor betrug sie 1.820,6.

„Ich will nicht so weit gehen, dass das schon ein Trend ist“, schränkte Gote ein, sagte aber auch: „Da wissen wir Ende der Woche mehr.“ Man habe die Vermutung, dass Berlin im Vergleich mit anderen Bundesländern vor der Welle liege. Wenn der Scheitelpunkt Mitte Februar erreicht sein solle, „kann es sein, dass wir früher dran sind“.

Kein Freedom-Day also, keine weiteren Lockerungen, zumindest vorerst nicht. Stattdessen kleine Anpassungen. So soll die Anwesenheitsdokumentation in der Gastronomie, bei der Beherbergung und beim Sport künftig entfallen. „Wenn die Kontaktverfolgung nicht mehr erfolgt“, sagte Gote unter Hinweis auf die Gesundheitsämter, „dann brauche ich auch die Daten nicht mehr.“ Ausnahmen seien vulnerable Gruppen, etwa in Pflege- und Altenheimen. Dort werde es auch weiter eine Kontaktnachverfolgung geben.

Ärger über das Robert Koch-Institut

Berlin verlängert Vertrag mit Luca-App nicht

Berlin verlängert den im März auslaufenden Vertrag mit den Betreibern der Luca-App nicht. Das teilte Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am Dienstag nach der Senatssitzung mit. Die Nutzung der App-Funktionen sei nicht mehr nötig, weil es in vielen Bereichen wegen der Vielzahl von Infektionen keine Kontaktnachverfolgung mehr gebe. Die immer wieder kontrovers diskutierte Luca-App sollte Restaurantbesitzern helfen, die Kontakterfassung papierlos zu erledigen. Sie konnte direkt mit den Gesundheitsämtern verbunden werden. (dpa)

Etwas verärgert zeigte sich Gote bei der Begrenzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate. Zwar habe der Senat die Bundesvorgabe umgesetzt. Eine solche Entscheidung des Bundes „ausschließlich auf Verweis auf das RKI“ sei aber problematisch, fand Gote. Das sei auch auf der Diskussion der Gesundheitsministerkonferenz am Montag deutlich geworden. „In Zukunft muss das durch politische Entscheidungen abgesichert sein“, betonte die Gesundheitssenatorin.

Gute Nachrichten gab es am Dienstag für jene Genesenen, die bereits zweimal geimpft sind, seit der Verordnung vom 18. Januar aber nicht mehr als geboostert galten. Beim Besuch eines Cafés oder Kinos wurden sie entweder nicht eingelassen oder mussten sich noch einen negativen Schnelltest besorgen. „Das war für die Betroffenen zwei Wochen lang eine unbefriedigende Situation“, räumte Ulrike Gote ein. „Es hat bei vielen Menschen zu Unverständnis und Ärger geführt.“

Nun sei hier aber Klarheit geschaffen worden, auch wenn die Kontrolle etwa in Gaststätten nun noch komplizierter werde. Gote äußerte die Hoffnung, dass auch die Corona-Warn-App an dieser Stelle schnell aktualisiert werde.

„Kleine Erleichterungen“, wie es Umweltsenatorin Jarasch nannte, habe der Senat dennoch beschlossen. So müssen die 2G-Regeln im Einzelhandel nicht mehr wie bisher unmittelbar am Eingang kontrolliert werden. „Es reicht, wenn das im Geschäft stattfindet“, betonte Jarasch. Außerdem könne die Übernahme der Kosten für das Sicherheitspersonal auch im Rahmen der Überbrückungshilfen beantragt werden.

Auch hier gilt für den Senat die Devise: Vorsicht ist die Mutter der rot-grün-roten Porzellankiste. Eine Abschaffung der 2G-Regel steht für den Senat jedenfalls nicht zur Debatte. In Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg wurde die 2G-Regel von den Gerichten gekippt. Dort dürfen auch getestete Ungeimpfte shoppen gehen.

Alle Regeln, die der Senat am Dienstag beschlossen hat, treten am 5. Februar, also am Samstag, in Kraft. Gesundheitssenatorin Ulrike Gote stellte auch klar, dass für Menschen mit positivem Selbsttest oder einer roten Warnung in der Corona-App das Anrecht auf einen kostenfreien PCR-Test bestehen bleibe. Allerdings seien die Labore beauftragt, die PCR-Testung zu priorisieren. „Wer darauf besteht, muss länger auf sein Ergebnis warten.“

Schnelltest reicht zum Nachweis

Zum Nachweis einer Erkrankung gelte stattdessen auch ein positiver Antigen-Schnelltest. „Das Zertifikat stellen die Labore aus und melden das Ergebnis an die Gesundheitsämter“, sagte Gote. Die wiederum würden es dem RKI melden.

„Luft nach oben“, räumte Gote ein, habe es bei der Kommunikation der Coronamaßnahmen in den Schulen gegeben. Dass in Schulen und Kitas die Kontaktnachverfolgung eingestellt worden sei, sei aber bei der Senatssitzung am Dienstag nicht infrage gestellt worden.

Ein wenig Luft nach oben gibt es auch bei den Bezirken. „Viele Daten sind da noch nicht eingepflegt“, erklärte Gote und sprach von einer fünfstelligen Zahl. Soll heißen, die 7-Tage-Inzidenz ist wohl doch höher als gedacht. Gibt es also doch keinen rückläufigen Trend? „Wenn sich bestätigt, dass wir vor der Welle sind, ist es gut“, meinte Bettina Jarasch.

Ein Datum, wann genau über Öffnungsperspektiven geredet werden soll, nannte sie nicht.

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