Corona in Russland: Putin verlängert Zwangsurlaub
Präsident Wladimir Putin wendet sich erneut an seine Landsleute. Die Lage beschönigt er nicht. Löhne sollen weiter gezahlt werden. Doch wovon?
In den vergangenen Tagen hat sich die Lage um das Coronavirus landesweit eher verschärft. Am Donnerstag meldete Moskau mehr als 3.500 Corona-Infizierte. Bislang starben 30 Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19.
Bereits am Dienstag hatte die russische Duma harte Strafen eingeführt, sollte gegen Quarantänevorschriften und Isolationsauflagen weiterhin verstoßen werden. Die Strafpalette reicht von empfindlichen Geldbußen bis hin zu Gefängnis.
Grundsätzlich vertritt die politische Führung offiziell die Linie, dass die Rettung von Menschenleben zurzeit wichtiger sei als die wirtschaftlichen Schäden durch die Krise.
Besorgter Staatsführer
Putins zweiter Auftritt als besorgter Staatsführer und Krisenmanager kam dennoch etwas überraschend für die BürgerInnen. Der Kremlchef hatte sich einige Tage rar gemacht. In seine Rolle schlüpften stattdessen Sergei Sobjanin, Moskaus Bürgermeister und Leiter des Corona-Krisenstabs, sowie der neue Premierminister Michail Mischustin
Gelegentlich wurden schon Überlegungen laut, ob Krisenstableiter Sergei Sobjanin dem Kremlchef in der ernsten Lage womöglich den Rang ablaufe.
Darüber hinaus wurde auch Kritik an Putin geübt. Der Präsident kümmere sich in so einer angespannten Situation im Land weiterhin um Außenpolitik und Prestigegewinn. Warum schicke er Hilfe nach Italien und in die USA, wenn es zu Hause an Elementarem mangele. So fehlen Schutzmasken und Desinfektionsmittel im eigenen Land.
Manche RussInnen mögen mehr von der Botschaft des Präsidenten erwartet haben. Putin blieb jedoch ein kühler Landesvater, der für die Bevölkerung kaum beruhigende Worte fand. Zumindest forderte er Arbeitgeber auf, an die Belegschaften auch weiterhin Gehälter bis Ende April zu zahlen.
Fürsorgepflicht verlagert
Doch das ist leicht gesagt, da nur wenige kleinere Unternehmen über ein ausreichendes Polster verfügen. Hier werde die Fürsorgepflicht des Staates in die Verantwortung einzelner Unternehmer verlagert, kritisieren Beobachter.
Bemerkenswert auch: Der Kreml übertrug den Gouverneuren in den Regionen, in Eigenregie zu entscheiden, welche Maßnahmen erforderlich seien. Das weicht von der bisher üblichen scharfen Zentralisierung Moskaus ab. Es handelt sich dabei wohl um keinen neuen Föderalisierungsschub, sondern eher um den Versuch, keine eigene Verantwortung übernehmen zu müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund