Corona-Virus in Hamburg: Bislang zwei Fälle bestätigt
Ein Arzt der Kinder-Uniklinik ist Hamburgs erster Corona-Fall. Eine Flugreisende aus dem Risikogebiet Iran der zweite Fall.
Der Mediziner kam am Sonntag aus dem italienischen Trentino zurück, das noch nicht als Risikogebiet gilt, und ging am Montag normal zur Arbeit auf eine Kinderstation. Erst am Dienstag, als er erste Krankheitssymptome bemerkte, brach er seinen Dienst ab. Am Donnerstag ließ er sich im UKE testen. Am Abend wurde der Verdacht bestätigt.
„Es geht ihm gut“, sagt UKE-Vorstand Joachim Prößl. Der Arzt sei symptomfrei und habe die Sache sehr schnell überstanden. Doch etwa 50 Personen, mit denen der Mann am UKE Kontakt hatte, und zwar länger als 15 Minuten und näher als eineinhalb Meter, müssen nun für 14 Tage ebenfalls isoliert werden, bis feststeht, ob sie den Virus in sich tragen und andere anstecken könnten. Darunter sind 16 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren und ihre Mütter oder Väter.
Außerdem trifft es 20 UKE-Mitarbeiter, davon zwölf Ärzte. Sie müssen 14 Tage zu Hause bleiben, werden vom Gesundheitsamt Nord betreut. Noch in der Nacht hätten die Kollegen die Personen aufgesucht, berichtet Martin Dirksen-Fischer vom Hafenärztlichen Dienst, der in Hamburg den Fachstab Seuchenschutz leitet. Für Personen, die allein sind, werde sogar eingekauft.
Milde Verläufe bei Kindern
„Es tut mir für die Kinder und Eltern sehr leid“, sagte Prüfer-Storks. Doch ein erster Test auf das Virus war bei allen negativ. Und gerade Kinder hätten bei dem Virus „sehr milde Verläufe“, berichtet die UKE-Ärztin Marylyn Addo. In München seien zwei Kinder in einer Klinik gewesen. „Denen geht es ausgezeichnet.“ Und sollten Kinder mit geschwächtem Immunsystem noch mit dem Virus infiziert werden, habe man Medikamente für eine „individuelle Heiltherapie“.
Das Virus ähnelt von seinen Symptomen der Grippe, deshalb sei es wichtig, oft die Hände zu waschen, stets nur in die Armbeuge zu niesen und immer frische Papiertücher zu nutzen, erläuterte Prüfer-Storks. „Mundschutz ist eher keine Maßnahme.“
Das Wichtigste sei, dass Menschen, die denken, sie seien infiziert, keine Arztpraxis oder Notaufnahme aufsuchen, dadurch könnten andere angesteckt werden. Sie sollen sich telefonisch bei ihrer Arztpraxis oder beim Kassenärztlichen Dienst (☎ 11 61 17) melden, damit sie zu Hause getestet werden können. Noch gibt es keinen Impfstoff, Addo sagte, sie schätze, dass man in ein oder zwei Jahren soweit sei.
Ins Krankenhaus müssen Corona-Patienten nur bei schweren Verläufen. Einen Bettenmangel befürchtet Prüfer-Storks nicht. Die Großstadt Hamburg sei gut gerüstet: „Wir haben einen Corona-Fall und 12.000 Krankenhausbetten. Da mache ich mir keine Sorgen.“ Es gebe auch keinen Grund, nicht mit Bus und Bahn zu fahren. Zur Frage, ob jetzt eigentlich Veranstaltungen abgesagt werden müssten, warte man auf Hinweise der Bundesregierung.
Auch in Schleswig-Holstein gab es eine Pressekonferenz. Der infizierte Arzt hatte auch in seinem privaten Umfeld Kontakt mit etwa 50 Personen. Auch die müssen jetzt kontaktiert werden. Landrat Jan Peter Schröder hält weitere Fälle für möglich. „Wir reden über einen Einzelfall“, sagt der Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg, Stefan Bauer. Die Stadt sei nicht im Katastrophenschutzmodus. Es gebe keinen Grund, nicht einkaufen zu gehen, sagte auch Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP).
Risiko Iran-Flüge
Am Freitag Abend gab das Gesundheitsministerium dann neue Beschlüsse bekannt. So sollen künftig auch Flugreisende aus Italien, Japan, Südkorea und eben Iran künftig besagte Aussteigekarten ausfüllen. Und auch Reisende in Zügen und Bussen sollen Informationen erhalten, wie sie die Atemwegserkrankung erkennen und sich davor schützen können.
Wie wichtig diese Entscheidung ist, zeigte sich kurz darauf. Am Samstag teilte die Hamburger Gesundheitsbehörde mit, dass es den zweiten bestätigten Fall einer Coronavirus-Infektion gibt. Die betroffene Frau war just am Freitag von Teheran aus nach einem einwöchigen Aufenthalt mit dem Flugzeug nach Hamburg zurück gereist. Die Erkrankte und alle weiteren Passagiere hätten während des gesamten Fluges Schutzmasken getragen, so die Behörde.
Die Patientin sei in der Nacht zum Samstag mit leichten Symptomen von der Feuerwehr in die Asklepios Klinik St. Georg gebracht und dort isoliert medizinisch betreut worden. Mittlerweile befinde sie sich Zuhause in Isolation. Senatorin Prüfer-Storcks sagte, durch den zweiten Einzelfall habe sich an der Gesamtsituation Hamburgs nichts geändert. Die Menschen sollten „weiter besonnen bleiben“ und sich an die Hinweise von Robert-Koch-Institut und Behörde halten.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 1.3. aktualisiert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“