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Corona-Testzentren in der KritikSenat nimmt KV in die Pflicht

Nach Betrugsvorwürfen in NRW gibt es auch in Berlin Kritik wegen fehlender Kontrollen in den Testzentren. Der Senat verweist auf die KV.

Wieviele Tests werden bei diesem abgerechnet? Foto: dpa

Berlin taz/dpa | Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat Vorwürfe wegen fehlender Kontrollen der Testzentren zurückgewiesen. Diese Kontrollen seien die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), sagte Kalaycis Sprecher Moritz Quiske am Sonntag der taz. „Die KV ist in Berlin mit 3,5 Prozent der Bearbeitungspauschale im Geschäft.“

Nach den Ermittlungen wegen Betrugs bei der Abrechnung in Testzentren in Nordrhein-Westfalen waren auch in Berlin Forderungen nach mehr Kontrolle laut geworden. „In jeder Krise gibt es offensichtlich auch Glücksritter“, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers. „Das sind Gelddruckmaschinen, das muss man abstellen“, so der Linken­politiker im Inforadio des RBB.

Laut Albers schreibe die Testverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, dass die Testzentren keine Angaben zu Personen weiterreichen müssten. Auch die Anzahl der täglichen Tests müsse nicht gemeldet werden. Das Land Berlin habe sich an die Verordnung gehalten und die KV beauftragt, die Tests abzurechnen. Insgesamt seien im März und April in Berlin 24 Millionen Euro für Tests erstattet worden. Jedes der etwa 1.400 Testzentren in Berlin bekommt pro Test 18 Euro.

Neben Kalayci weist auch das Bundesgesundheitsministerium auf die Kontrollpflicht durch die Kassenärztlichen Vereinigungen hin. Der Berliner KV-Vorstand Burkhard Ruppert aber widerspricht. In der Testverordnung des Bundes sei nicht geregelt, wer die Abrechnungen auf ihre Plausibilität kontrollieren soll, sagt er am Freitag dem RBB.

Die KV bekomme von den Betreibern nur die Anzahl an gekauften und durchgeführten Tests zugeschickt, erklärte Ruppert weiter. Das System erleichtere es, andere Zahlen zu übermitteln und mehr Tests abzurechnen. Theoretisch müsste für eine richtige Plausibilitätsprüfung die Anonymisierung aufgehoben werden. „Ein Abrechnungssystem ist ein enormer Mehraufwand. Wenn wir diese Regulierung übernehmen sollen, dann muss es finanziert werden“, so die Forderung von Rupppert.

Namen sollen künftig übermittelt werden

Neben dem SPD-Gesundheitspolitiker Thomas Isenberg verlangt auch der Linkenpolitiker Wolfgang Albers, dass die Namen der getesteten Personen der KV übermittelt werden müssen. Außerdem müssten Bestelllisten für Testkits eingereicht werden, um nachvollziehen zu können, ob überhaupt Tests gekauft wurden. Auch die Zahl der täglich durchgeführten Tests müsse zentral gemeldet werden, um eine Kontrolle zu gewährleisten.

Kritisch äußerte sich auch der Amtsarzt von Reinickendorf, Patrick Larscheid. „Die einzige Kompetenz für eine Teststelle ist, draußen ein Schild aufhängen zu können“, sagte Larscheid der dpa.

Dabei gehe es nicht allein um fachgerechte Abstriche in Nase oder Rachen. „Dass dieses System zum Betrug einlädt, ist sicher nicht zu viel gesagt. Wenn man 200 Tests am Tag abrechnet, dann hat man im Quartal einen Bruttoumsatz von 324.000 Euro.“ Die Teststellen, so Larscheid, „wachsen schneller aus dem Boden, als wir informiert werden, wo überhaupt eine ist“.

Tatsächlich wird inzwischen fast an jeder Ecke in Berlin getestet, in Pankow auch in einem Bordell.

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