Corona-Schnelltest im Check: Frohes Fest dank schnellem Test?
Bis es einen Impfstoff gibt, sollen Schnelltests helfen. Wie zuverlässig sind sie? Wo bekommt man einen? Wem nützen sie? Fragen und Antworten.
1 Ein Corona-Schnelltest – was ist das eigentlich genau, und wie unterscheidet er sich von anderen Tests?
Bisher wurde eine Corona-Infektion vor allem mit dem sogenannten PCR-Test nachgewiesen. Der ermittelt, ob in einem Nasen- oder Rachenabstrich die RNA, also das Gen-Material des Coronavirus Sars-CoV-2 zu finden ist. Das funktioniert sehr zuverlässig, hat aber mehrere Nachteile: Diese Tests können nur in Laboren durchgeführt werden, weshalb das Ergebnis in der Regel erst am nächsten Tag vorliegt, bisweilen auch noch später. Zudem sind die Kapazitäten der Labore begrenzt.
Die neuen Schnelltests, die auch als Antigentests bezeichnet werden, entdecken keine RNA, sondern ein spezielles Protein des Virus. Um das zu tun, müssen sie nicht ins Labor geschickt werden, sondern liefern schon nach 15 bis 30 Minuten ein Ergebnis. Das ist allerdings weniger genau als bei einem PCR-Test. Noch ein Unterschied: Während ein PCR-Test etwa 50 Euro kostet, werden für einen Antigen-Schnelltest nur rund 10 Euro fällig.
2 Wie läuft so ein Schnelltest genau ab?
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Wie beim PCR-Test wird mit einem Tupfer ein Rachenabstrich durch den Mund (einfacher) oder durch die Nase (besser) genommen. Dieser wird in eine spezielle Flüssigkeit getaucht, die sogenannte Extraktionslösung. Davon werden anschließend einige Tropfen auf einen Teststreifen gegeben. Auf diesem Streifen erscheint dann nach 15 bis 30 Minuten ein Kontrollstrich, der anzeigt, dass der Test funktioniert hat. Erscheint nur dieser Kontrollstrich, ist der Test negativ; wenn zusätzlich ein zweiter Strich sichtbar wird, ist der Test positiv.
3 Und wie sicher ist dieses Ergebnis?
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat Tests von 113 verschiedenen Herstellern zugelassen, die bestimmte Mindeststandards erfüllen sollen: Die Sensitivität, die angibt, wie viele tatsächlich Infizierte korrekt als infiziert erkannt werden, muss mindestens 80 Prozent betragen; die Spezifität, die angibt, wie viele Nichtinfizierte korrekt als negativ erkannt werden, muss bei mindestens 97 Prozent liegen.
Diese Angaben beruhen aber nur auf den Angaben der Hersteller, eine unabhängige Überprüfung findet bisher nur in Einzelfällen statt. Ein Team um den Berliner Virologen Christian Drosten hat allerdings sieben Schnelltests untersucht, die schon im September erhältlich waren. Fünf davon schnitten sehr gut ab. Hergestellt werden diese von Abbott Rapid, Rapigen, Coris Bioconcept, Nal von Minden und Roche.
4 Was bedeuten diese Angaben zu Sensitivität und Spezifität? Wie zuverlässig entdecken die Tests eine infizierte Person?
Eine generelle Antwort darauf gibt es nicht, denn die Zuverlässigkeit hängt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) davon ab, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand infiziert ist. Und die Zahlenangaben sind durchaus verwirrend. 80 Prozent Sensitivität bedeutet nämlich nicht, dass 20 Prozent der Ergebnisse wahrscheinlich falsch sind – die Rechnung ist komplizierter.
An dieser Stelle darum nur ein wichtiges Ergebnis: Wenn ein Test bei einer Person ohne erhöhtes Infektionsrisiko in Deutschland derzeit bei einem Test mit einer Sensitivität von 80 Prozent und einer Spezifität von 99 Prozent ein negatives Ergebnis zeigt, ist das gemäß der RKI-Berechnung mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent korrekt. Mit einem frischen negativen Schnelltest kann man demnach an Weihnachten ohne allzu große Sorge die Eltern oder Großeltern besuchen.
Ein positives Ergebnis ist in diesem Fall dagegen viel weniger aussagekräftig – nur 29 der positiven Tests sind korrekt, in 71 Prozent der Fälle liegt in Wirklichkeit doch keine Infektion vor. Darum wird ein positiver Schnelltest in der Regel durch einen PCR-Test überprüft.
Wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöht ist – etwa weil man Symptome hat, direkten Kontakt zu einem Infizierten hatte oder in einem extremen Hotspot lebt – fällt die Rechnung anders aus. Auch dann gilt aber, dass ein negatives Schnelltest-Ergebnis ziemlich sicher ist und ein positives eher unsicher.
5 Wenn ich mich vor Weihnachten sicherheitshalber testen lassen will: Wie komme ich denn an so einen Test, und was kostet das?
Einfach in der Apotheke kaufen oder im Internet bestellen kann die Tests offiziell nicht jede*r. Um sicherzustellen, dass der Rachenabstrich korrekt durchgeführt wird, werden sie nur an „medizinisches Fachpersonal“ abgegeben. Inwieweit das nachgewiesen werden muss und überprüft wird, scheint aber vom jeweiligen Händler abzuhängen.
Allerdings bieten inzwischen viele Hausärzte die Schnelltests an – wenn sie nicht aus medizinischen Gründen durchgeführt werden, sondern nur zur Sicherheit, müssen die Kosten in Höhe von etwa 35 Euro für Test und Durchführung selbst getragen werden.
Zudem gibt es in vielen Städten bereits kommerzielle Anbieter – in Berlin etwa bietet der KitKat Club, in dem sonst wilde Partys stattfinden, seit Freitag Schnelltests inklusive Durchführung für 25 Euro an. Bei entsprechender Nachfrage dürften ähnliche Angebote auch an vielen anderen Orten entstehen. Wichtig: Sicherheit bietet der Test nur, wenn man ihn kurz vor dem Besuch durchführt. Schon am nächsten Tag kann sich der Infektionsstatus geändert haben.
6 Wer hat Anspruch auf einen kostenlosen Test?
Die neue Testverordnung, die diese Woche in Kraft getreten ist, legt fest, dass Krankenhäuser und Pflegeheime kostenlose Schnelltests für ihre Mitarbeiter*innen bekommen können; die Durchführung muss selbst organisiert werden. Auch für Besucher*innen soll es dort künftig kostenlose Schnelltests geben. Die Verordnung sieht vor, dass Einrichtungen bis zu 30 Tests pro Patient*in und Monat enthalten – nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz ist das viel zu wenig. Auch der genaue Ablauf ist noch unklar. In Schulen sollen bei Verdachtsfällen künftig ebenfalls zunächst Schnelltests genutzt werden.
Die genauen Abläufe, etwa wer in einem solchen Fall die Abstriche durchführt, sind aber auch hier noch offen. Und auch Ärzt*innen können Schnelltests jetzt für ihre Patient*innen kostenlos durchführen, wenn nur leichte Erkältungssymptome vorliegen – in diesen Fällen ist seit Anfang November anders als zuvor in der Regel kein PCR-Test mehr vorgesehen, um die Labore zu entlasten.
7 Wie viele Schnelltests werden bisher genutzt?
Das weiß niemand. Anders als über die PCR-Tests, die zentral erfasst werden, gibt es über die Zahl der durchgeführten Schnelltests bisher keine Informationen. Das Robert-Koch-Institut ermittelt sie nicht, Hersteller und Händler machen aus Wettbewerbsgründen keine Angaben. Und das ist ein Problem, denn für die Entwicklung des Infektionsgeschehens ist es wichtig zu wissen, welcher Anteil der durchgeführten Coronatests positiv ausfällt. Diese sogenannte Positivrate wird anhand der PCR-Tests ermittelt.
Was derzeit geschieht, ist, dass immer mehr der langsamen und teuren PCR-Tests durch Schnelltests ersetzt werden. Nur wenn diese positiv ausfallen, wird noch ein zusätzlicher PCR-Test durchgeführt – und nur dieser wird dann gezählt. Die Positivquote steigt durch eine solche Verschiebung innerhalb der Tests, auch wenn sich am tatsächlichen Infektionsgeschehen nichts ändert. Wie stark dieser Effekt ist, lässt sich aufgrund der fehlenden Zahlen aber nicht ermitteln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin