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Cool im Cabrio

■ Die Fun Lovin Criminals tauschen Sexismus gegen öligen Latin-Charme

Erstmal muß ein Auto her. Aber bitte kein Kleinwagen. Wir wollen ein gutes Stück weit die Motorhaube sehen. Eine Kühlerfigur wäre nett, muß aber nicht sein. Dafür aber definitiv ein Cabrio. Der schwarze Oldsmobile da, der ist perfekt. Es ist später Nachmittag und heiß. Ein paar Gemüsehändler, ein paar Kneipen, ein paar Parkplätze mit Halbstarken aller Couleur. Irgendwo auf der anderen Seite der Brooklyn Bridge, wo tausend Kameras und Textzeilen die Realitäten in universelle Bilder und Bonmots verwandelt haben, so daß auch die Musik etwas zu stimmig daherschwitzt.

Das Klangbild, aber vor allem die Stimme und der Text der auf dem Cover im Cabrio herumlungernden Fun Lovin Criminals ist zu jung, suchend und fordernd, um wirklich Atmosphäre zu schaffen. Sie haben zwar Strickmützen gegen Pomade und eine geputzte Rickenbacker sowie „ganz normalen“ Sexismus gegen öligen Latin-Charme getauscht, ihrer Stilisierung zu distinguierten Lady Lovers fehlt jedoch das zentrale Moment: Stil. Den mit Schlafzimmerblick und schnappendem Feuerzeug vorgetragenen HipHop haben sie jetzt durch noch mehr freundliche Rockismen und Rare Groove näher zu R&B, um nicht zu sagen: Blues, geschoben.

Wie die Hälfte aller spätpurbertären Großstadtjungs würden auch Huey, Fast und Steve ihre Mutter gegen eine coole Nebenrolle in Tarantino-Filmen austauschen. Lässigkeit hat Rap und Musik soweit ausgebremst, daß – geeignete Stimmung und Mittel vorausgesetzt – die nähere Zukunft voraussehbar wird. In all seiner offenkundigen Inszenierung geht das zumindest für eine ebenso wirklichkeitsferne, schweißige Nacht in den Straßenschluchten. Wenn gar nichts anderes hilft, muß halt das alte Hausmittel Barry White herhalten. Das Auto ist groß, die Nacht ist lang, und es wird an nichts fehlen. Was sonst noch bereit liegt, sagen die Fun Lovin Criminals im Plattentitel: 100 % Colombian.

Holger in't Veld Mi, 17. März, 21 Uhr, Große Freiheit

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