Containerschifffahrt in der Krise: Zwei Allianzen sollen helfen
Überkapazitäten und der stagnierende Welthandel haben die Reedereien in eine Krise geschickt. Jetzt versuchen sie, den Weltmarkt neu aufzuteilen.
Im sechsten Jahr der globalen Schifffahrtskrise schmieden die größten Reedereien der Welt zwei Allianzen – mit zusammen über 2.000 Schiffen. Maersk ist die Nummer eins in der Allianz „P3“. Neben den Dänen sitzen mit im Boot die schweizerische MSC und der französische Logistikgigant CMA CGM – die größten Container-Linienreedereien der Welt. Die P3-Akteure wollen im Frühjahr mit einem gemeinsamen Fahrplan für alle wichtigen Linien an den Start gehen.
Der deutsche Branchenführer Hapag-Lloyd AG aus Hamburg baut die zweite Allianz „G6“. Zur Gruppe gehören fünf andere Reedereikonzerne aus den USA und China, Japan und Südkorea. Gespräche führt die G6-Gruppe zudem mit einer chilenischen Reederei. Beide Allianzen wollen ihre Kapazitäten besser ausnutzen: Wo bislang jede Reederei eigene und gecharterte Frachter höchstens halb voll losschickte, soll zukünftig nur noch ein Schiff der Gruppe die Route fahren.
„Kapazitätssteuerung“ nennt das Reederpräsident Michael Behrendt, der in Doppelfunktion auch Vorstandsvorsitzender von Hapag-Lloyd ist. An einen gemeinsamen Vertrieb oder Preisabsprachen sei jedoch nicht gedacht, versicherte Behrendt auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) am vergangenen Freitag in Hamburg. Daher erwartet er von den Wettbewerbsbehörden Zustimmung für die Pläne.
Allerdings hat die US-Behörde für Schifffahrt (FMC) für den morgigen Dienstag ein Gipfeltreffen mit den Wettbewerbshütern aus der EU und China angekündigt. Beide Allianzen würden nämlich den lukrativen Verkehr auf den Rennstrecken Asien–Europa und Asien–Amerika mit einem Marktanteil von schätzungsweise mindestens 70 Prozent dominieren.
Für die Kleinen wird es teurer
Besonders betroffen ist die maritime Wirtschaft in Deutschland. Die deutsche Flotte wuchs seit den 1990er Jahren zu einer der größten in der Welt heran. Laut Verbandsangaben kreuzen heute 3.523 deutsche Frachter über die Meere. Eine Folge des Booms im deutschen Außenhandel, milliardenschwerer staatlicher Subventionen sowie cleverer Finanzdienstleister, die Schiffsfondsanteile massenhaft an private Anleger verkauften.
Bei Containerschiffen ist Deutschland heute sogar die Nummer eins – jeder dritte Lastesel der Globalisierung gehört hiesigen Geldgebern. Doch haben Überkapazitäten an Schiffsraum und ein stagnierender Welthandel die Frachtraten seit 2008 sinken lassen.
Die Reedereigiganten versuchen nun, mittels der Allianzen die Preise wieder nach oben zu drücken. Kein Problem für den Reederverband VDR: Die Allianzen seien „sehr stark ein individuelles Thema unserer Mitglieder“, wehrt Verbandspräsident Behrendt Nachfragen ab. Behrendt, der als Chef der Linienreederei Hapag-Lloyd selbst eine Allianz schmiedet, sieht in der konkurrierenden P3-Allianz „keine Bedrohung“. Gelingt es dem einen Weltkartell, höhere Preise bei den Warenhändlern durchzusetzen, wird indirekt auch das andere G6-Kartell davon profitieren. Und umgekehrt.
Teuer wird es für die Kleinen. Beide Allianzen wollen gemietete Schiffe an die Charterreedereien zurückgeben, die dafür kaum andere Abnehmer finden werden. Manchem Reeder könnte also bald das Wasser bis zum Hals stehen, gesteht VDR-Präsident Behrendt zu: „Jedes zurückgegebene Schiff ist eine Belastung für den Charterer“. Bundesweit bis runter nach Bayern sind über 350 Hochseereedereien tätig. Neun von zehn sind Charterer – auf sie entfiel 2012 die Hälfte des Umsatzes von 23 Milliarden Euro. Die Branche beschäftigt fast 100.000 Menschen.
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