Comicverfilmung "Iron Man II": Im Riesen-Spielzimmer
"Iron Man" erschuf einen neuen Superheldentypus, war unverfroren und hatte tolle Flugszenen. Die Fortsetzung hat weniger Glück.
Es gibt einige schöne Szenen in diesem Sequel. Eine gehört dem Fußboden im High-Tech-Bastelkeller des Iron Man, dem Ort, an dem er seine Rüstungen konstruiert und auch sonst das Spielkind im Superhelden herauslassen darf. In etwa wie eine große iPad-Oberfläche sieht dieser Fußboden aus, gläsern, mit Apps und holografisch generiertem Schnickschnack. Ein Riesen-Spielzimmer, das mit einem redet und sich dann auch noch selbst aufräumt - toll!
Alle anderen schönen Szenen aber gehören den Schauspielern, und das ist bei all dem Bombast von "Iron Man 2" durchaus bemerkenswert. Robert Downey Jr. hat auch in dieser Fortsetzung die schauspielerische Kraft, sich innerhalb einer durchgestylten Multimillionendollarproduktion mit offenbar improvisierten Einlagen zu behaupten. Das heldisch Überlebensgroße und das menschlich Fehlbare - schon im ersten Teil gab Downey Jr. dem Iron Man mit überraschend großem Erfolg einen intellektuell-zynischen Kaputtheitscharme. Im zweiten Teil erinnert man sich immerhin manchmal daran.
Gwyneth Paltrow als Assistentin Pepper Potts - die nun zur Geschäftsführerin aufsteigt - darf einmal hübsch bitchy zu Scarlett Johansson sein, die wiederum im einteiligen Gummianzug gleich fünf oder sechs Gegner in einer Martial-Arts-Einlage schachmatt setzen darf. Nur Mickey Rourke bleibt als peitschenschwingender Bösewicht Whiplash blass, obwohl er sich zur Vorbereitung auf diese Rolle sogar in russischen Gefängnissen umgesehen haben soll. Oder vielleicht auch weil er es getan hat. Irgendwie hat man stets den Eindruck, er sei seinen Part in diesem Spektakel etwas zu ernsthaft angegangen.
Diese Schauspielerauftritte sind dann halt die Perlen, die man sich als Fan herauspickt, um "Iron Man 2" etwas Gutes abzugewinnen. Gegenüber Teil eins fällt diese Episode aber deutlich ab. Es gibt nämlich auch vieles, was in der Fortsetzung fehlt. Vor allem diese atemberaubende Unverfrorenheit, Stil und Coolness des Helden vor dem Hintergrund der realen Afghanistankonflikts zu behaupten. Die Flugszenen, die in Teil eins so hinreißend und wunschtraumerfüllend waren, geraten jetzt zu bloßen Verfolgungsjagden. Und wie es dem Iron Man gelungen sein soll, die Welt zu einem sichereren Ort zu machen, hätte man gerne auch in Szenen ausgeführt gesehen; dass es ihm gelungen sei, wird nur gleich zu Anfang dieser Episode behauptet. Handlungsgenerierend sind stattdessen eher genreübliche Konflikte mit Politikern und Konkurrenten. Und eine Auseinandersetzung des Superhelden mit seinem eigenen Vater wird zwar vorbereitet - dann aber nicht konsequent durchgeführt.
Mit Teil eins entwickelten Robert Downey Jr. und der Regisseur Jon Favreau einen neuen Superheldentyp: Nach dem smart-selbstironischen Spiderman und dem traumatisiert-düsteren Batman war ihr Iron Man zugleich gepanzert und verletzlich, cool und zerrissen. Nun wissen sie aber offenbar nicht so recht, was sie mit ihm anfangen sollen.
Vielleicht gibt es da ein prinzipielles Problem. Bei jedem neuen Superhelden muss schließlich immer wieder entschieden werden, ob man die Filme eher als Comicverfilmungen anlegt oder als an Comicmotive angelehnte epische Heldenreise. Das Problem dabei: Die Aspekte von Selbstermächtigung und Abenteuern zu Beginn so einer Reise können viel Spaß bringen, die Aspekte von inneren Konflikten und tieferer Auseinandersetzung mit der eigenen Identität (die dann stets bei Vaterkonflikten landet) aber leicht pädagogisch wirken. Vor dieser Entscheidung scheinen sich Favreau und Downey Jr. noch drücken zu wollen. Mit ein bisschen gutem Willen kann man ihnen das nach diesem zweiten Teil noch durchgehen lassen. Aber bei Teil drei muss die Reise entweder losgehen - oder die Filmfigur wird endgültig beim Popcornkino landen.
"Iron Man 2". Regie: Jon Favreau. Mit Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow, Scarlett Johansson, Sam Rockwell, Mickey Rourke u. a. USA 2010, 117 Min.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos